03 - Feuer der Liebe
grausame
Ungerechtigkeit der Welt so bewusst vor Augen getreten. Er, Erskine Dewland —
nun sogar Viscount Dewland —, konnte nicht mit seiner Frau schlafen, wann und
wo es ihm beliebte. Es war wirklich unfair. Das schmerzhafte Ziehen in seiner
Brust hatte nichts mit Gabbys Enttäuschung zu tun.
Denn seine frisch gebackene Ehefrau
war in der Tat enttäuscht. Er hatte sie enttäuscht und dabei waren sie noch
keine drei Stunden verheiratet. Quill schob das Gefühl mit aller Macht beiseite.
Er hatte seinen Vater tausendmal enttäuscht, angefangen mit dem Moment, als es
ihm nach dem Unfall nicht gelungen war, aus dem Bett zu steigen.
»Ein Dewland kränkelt nicht!«, hatte
der Viscount gewütet. »Du musst es nur wollen, Mann! Steh auf aus diesem Bett!«
Aber er konnte nicht. Die Erinnerung an das niederschmetternde Gefühl des
Versagens war noch lebendig. Er hatte es versucht. Und dann noch einmal,
nachdem sein Vater wutentbrannt aus dem Zimmer marschiert war. Doch es wollte
ihm nicht gelingen und er fiel auf den Boden — wo er zu seiner Erniedrigung
liegen bleiben musste, bis sein Kammerdiener Stunden später hereinkam. Er
hatte sich nass gemacht, weil er nicht in der Lage war, zum Nachttopf oder zur
Klingel hinüberzukriechen. Ein Mann über zwanzig, und doch hilflos wie ein
neugeborenes Kind.
Als er daran zurückdachte, wurde ihm
übel, und hilflose Wut erfasste ihn. Sein Vater war tot. Und wenn er tat, worum
Gabby ihn mit dem verlegenen Beben ihrer Lippen gerade bat, dann wäre er nicht
mehr in der Lage, Vorkehrungen für die Beisetzung seines Vaters zu treffen.
Bei diesem Gedanken kehrte seine
Entschlossenheit zurück. Er konnte später immer noch mit Gabby schlafen. Sie
gehörte ihm und konnte warten, doch seine Mutter würde ihm niemals verzeihen,
wenn er jetzt, wo sie ihn am dringendsten brauchte, einen Migräneanfall bekam.
»Wahrscheinlich ist es so am
besten«, sagte er kühl. »Wir kennen uns schließlich noch nicht sehr lange.« Er
zuckte die Achseln. »Und der Beischlaf ist beim ersten Mal für eine Frau sehr
schmerzhaft. Aber ich vermute, das weißt du bereits.«
Gabby schluckte und wieder stieg ihr
die Röte in die Wangen. »Nein, das wusste ich nicht«, flüsterte sie.
Verärgerung löste die schlimme
Erinnerung an die Enttäuschung seines Vaters ab. Bei Gott, Gabby gehörte ihm,
und sie konnte verdammt noch mal warten, bis er Zeit hatte, sich um sie zu
kümmern. Er war schließlich kein Hengst, der auf Kommando seiner Frau seine
Pflicht erfüllen musste. Nach ihrer Rückkehr nach London würden sie nur alle
paar Wochen das Bett miteinander teilen. Er hatte zu viel zu tun, um häufiger
als einmal im Monat einen Migräneanfall zu erleiden.
Er stand auf und ging zur anderen
Seite des Raums hinüber, wo das Bett stand. Sein in die Höhe gerecktes Kinn
verriet seine heftige Empörung und er genoss seine wiedergewonnene Selbstbeherrschung.
Gabby hätte ihn fast dazu verleitet, sich einer unschicklichen Intimität
hinzugeben, und das wenige Stunden nach dem Tod seines Vaters. Als er am Ende
des Zimmers angelangt war, drehte er sich auf dem Absatz um. Seine Wut machte
ihn unbedacht und grausam.
»Ich weiß, du bist eine
leidenschaftliche Frau, Gabby«, sagte er schroff, ohne sich zu ihr umzudrehen.
»Aber da wir offen zueinander sind, lass mich dir eines sagen. Ich werde es
nicht tolerieren, wenn du jemand anderem als mir schöne Augen machst.«
Gabby konnte kaum atmen. »Das werde
ich nicht«, sagte sie. Sie wäre am liebsten vor Scham im Erdboden versunken. Er
hielt sie offensichtlich für eine Dirne. Er behandelte sie, als könnte sie
nicht bis nach der Beisetzung darauf warten, mit ihm zu schlafen.
Aber Quill hörte sie gar nicht. »Was
hast du gesagt?« Er betrachtete den Kaminsims und strich mit dem Finger über
das glänzende Mahagoniholz.
»Das werde ich nicht«, wiederholte
Gabby.
»Gut, dann sind wir uns wohl einig.«
Er drehte sich um und wippte auf den Fußballen vor und zurück. »Wie ich schon
sagte ist es am besten, wenn wir diese Ehe so beginnen, wie wir sie
fortzuführen gedenken.«
Einen Moment lang herrschte Stille.
Gabby tat einen tiefen, zittrigen Atemzug. Quill sah aus, als würde er nun das
Zimmer verlassen, und das konnte sie nicht zulassen. Er hatte zu Recht darauf
hingewiesen, dass sie sich noch nicht lange kannten — aber sie wusste, dass
sein unfreundlicher Ton nicht normal war.
»Warte!«, rief sie.
Er hatte bereits die Hand nach dem
Türknauf ausgestreckt und
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