03 Göttlich verliebt
von Guinevere und Artus, waren die Drachen- und Wolfsanbeter aus der Welt des Schnees Artus’ Problem und damit auch das Problem aller Ritter, die ihm in Britannien die Treue geschworen hatten. Wenn Guineveres Inselheimat überleben sollte, musste die Invasion der Barbaren gestoppt werden.
Artus war nicht auf die Berserker vorbereitet. Seine Männer waren reguläre Truppen, ausgebildet in der römischen Kunst der Kriegsführung. Sie waren nicht an den Rausch gewöhnt, in den sich die Barbaren versetzten, bevor sie wie tollwütig und mit Gebrüll auf Männer, Frauen und Kinder losstürmten. Die entsetzlichen Szenen, zu denen es bei diesen Blitzattacken kam, forderten ihren Tribut von Artus’ Männern. Die Ritter waren in der Unterzahl und der Ausbruch eines Krieges stand kurz bevor.
Artus befand sich immer noch auf einem Feldzug im Norden. Lancelot war vor zwei Tagen nach Camelot zurückgekehrt, aber Guinevere hatte ihn noch nicht gesehen. Er ging ihr aus dem Weg, und sie vermutete, dass es nicht nur daran lag, dass sie mit Artus verheiratet war, was ihnen beiden nur zu schmerzlich bewusst war. Es gab noch einen weiteren Grund, der ihn von ihr fernhielt. Etwas Schreckliches war mit ihm geschehen. Guinevere sah es in Lancelots Augen – sie wirkten wie zwei soeben ausgeblasene Kerzen. Die Farbe leuchtete zwar noch, aber alle Glut war erloschen.
Guinevere war klar, dass sie mit Lancelot sprechen und ihn wieder auf den richtigen Weg bringen musste, denn sonst würde er sich zu weit von seiner Pflicht und auch seiner Familie entfernen. Es lag an ihr, ihm gut zuzureden, auch wenn es ihr das Herz brach, in seiner Nähe zu sein und seine Qual zu spüren, wenn er sich vorstellte, wie sie mit Artus im Bett lag.
»Lancelot«, rief Guinevere und berührte auf dem dunklen Korridor seinen Ellbogen. Sie wollte, dass er sich umdrehte und sie ansah. »Bitte. Rede mit mir.«
»Gwen«, hauchte er sanft und zog sie dichter an sich. Als er ihre Hand nahm, folgte sie ihm wortlos und ohne Widerstand.
Lancelot führte sie vom Hauptflur weg in eine Turmnische, von der aus sie die dunkle Heidelandschaft rund um Camelot sehen konnten. Mondschein fiel durch die kreuzförmigen Bogen-Schießscharten und sorgte für genügend Helligkeit, um ihm unverwandt in die Augen sehen zu können. Einen kurzen Moment lang drängte er sich dichter an sie, doch dann wich er zurück und ließ sie los.
»Du hättest heute Nacht nicht zu mir kommen sollen.«
»Aber du hast mir keine Nachricht aus meiner Heimat im Sommerland überbracht«, erwiderte sie und lächelte ihn an. »Du sagtest, du würdest bei meinem Vater sitzen und mir ein Andenken von ihm mitbringen.«
Lancelot wurde blass und seine Augen spiegelten sein Mitgefühl. Da wusste es Guinevere.
»Das kann nicht sein«, stieß sie hervor, und ihre Stimme klang plötzlich ganz hoch und mädchenhaft.
Der Anführer ihres Clans, ihr Vater, war tot. Aber dieser streitsüchtige, verschlagene und erstaunlich humorvolle Riese von einem Mann konnte einfach nicht tot sein. Dafür war er viel zu stur. Doch Guinevere sah die Wahrheit in Lancelots Gesicht.
Die Trauer drohte sie zu überwältigen. Einen Moment lang verlor sie die Kontrolle und das weißblaue Licht ihres Hexenfeuers brachte die Luft zum Knistern.
»Ich habe Artus geheiratet, damit mein Vater und unser Clan vor den Barbaren geschützt sind.« Sie schluchzte fassungslos. »All das hier«, sagte sie und deutete angewidert auf die Juwelen und die prunkvolle Robe, die sie statt des schlichten, selbst gesponnenen Gewands trug, »sollte nur meinen Vater und meinen Clan beschützen.«
»Ich weiß«, sagte Lancelot und trat vor, um Guineveres Hände zu ergreifen. Er zuckte unwillkürlich zurück, als ihr Hexenfeuer durch seinen Körper fuhr, doch er ertrug den Schmerz und ließ sie nicht mehr los. »Gwen«, flehte er atemlos. »Artus trifft keine Schuld. Wir haben gekämpft und verloren. Ich habe verloren. Artus war nicht einmal dort.«
Der Raum wurde dunkel, als Guinevere sich wieder unter Kontrolle hatte und das weißblaue Feuer erlöschen ließ.
»Aber ich habe nicht dich, sondern Artus geheiratet, um meinen Clan zu retten«, sagte sie mit so zittriger Stimme, dass es kaum mehr als ein Flüstern war. »Ich habe dich aufgegeben, um meinen Clan zu schützen.«
»Und jetzt ist dein Clan verschwunden.« Lancelots Augen wurden düster. »Aber nicht wegen Artus. Wegen mir.«
Lancelot setzte sich auf den Boden der Turmnische und fuhr sich durch
Weitere Kostenlose Bücher