03 - Hinter dunklen Spiegeln
gefühlt, ihre Gefühle, Bedürfnisse, Unsicherheiten.
War das auch nur ein Teil ihrer Rolle gewesen? Es sollte ihm gleichgültig sein, erinnerte er sich dann und zündete sich eine Zigarette an. Sie war eine Klientin und nichts weiter. Und wenn sie in ihm Gefühle erregte, wie es immer wieder geschah, dann brauchte er nur einen Schritt zurückzugehen. Sich mit einer Frau wie Caroline O'Hara einzulassen war für einen Mann Selbstmord, wenn er sich nicht völlig unter Kontrolle hatte.
Aber wenn er sie ansah, wurde sein Mund trocken.
Nur sinnliches Begehren, redete er sich zu, oder besser: Trieb. Und es war nur zu natürlich, sie körperlich zu begehren. Und doch war es nicht allein das gewesen, was er empfunden hatte, als er sie vorhin im Arm gehalten hatte.
Aber er wäre auch zu abgebrüht, wenn er nicht einer verängstigten, verletzbaren Frau gegenüber so etwas wie Sympathie oder das Bedürfnis zu trösten empfinden würde.
Jedoch, Sympathie war es auch nicht gewesen, eher Wut, sogar eine unbändige, in ihm brodelnde Wut beim Gedanken daran, wie diese Frau bedroht wurde. Diese seine Frau. Da lag das Problem. Je länger er in ihrer Nähe war, desto
selbstverständlicher dachte er von ihr als seiner Frau.
Geh einen Schritt zurück, Doran, verordnete er sich, und zwar schnell. Sonst würde er selbst mittendrin stecken.
Er trat die Zigarette aus und wünschte, dieser endlose Tag wäre endlich vorbei.
In dieser Woche waren noch zwei weitere Briefe gekommen, Briefe, die er Carrie nicht gezeigt hatte.
Sie hatten im Stil etwas Wei-
nerliches bekommen. Das beunruhigte Kirk mehr als die versteckten Drohungen, die die früheren Briefe enthalten hatten. Der Briefeschreiber schien einem Zusammenbruch nahe. Und wenn der erfolgte -
darüber war sich Kirk sicher -, würde es- einem Vulkanausbruch gleichen, schnell und heftig.
„Das ist im Kasten, Leute. Amüsiert euch übers Wochenende nicht zu sehr. Wir brauchen euch Montag mit frischen Kräften."
Carrie, immer noch in ihrem Hemdchen, saß auf dem Bettrand, mit Don in ein Gespräch vertieft.
Eifersucht. Kirk wusste nicht, woher und warum sie gekommen war. Bisher hatte er nach dem Grundsatz
„leben und leben lassen" gelebt.
Wenn sich eine Frau - selbst wenn er mit ihr eine Beziehung hatte - dazu entschloss, einem anderen Mann schöne Augen zu machen, so war das ihr Recht. Keine Fesseln, kein Schmerz, keine Komplikationen. Damit hatte er bisher gut leben können. Diesen schmerzhaften Druck wegen einer Frau hatte er bisher noch nicht erlebt. Doch jetzt fühlte er ihn, und er gefiel ihm überhaupt nicht. Und er konnte sich nicht mehr zurückhalten. Also ging er hinüber zu Carrie und zog sie vom Bett hoch.
„Zeit für Spielereien ist vorbei", bemerkte er kurz angebunden und zog sie mit sich.
„Lass mich los", beschwerte sie sich überrascht.
Larry folgte ihnen mit Carries Kleid, das sie in den Pausen immer übergeworfen hatte, doch als er Kirks Gesichtsausdruck bemerkte, machte er einen Rückzieher. „Doran, wenn du mich nicht loslässt, bekommst du die größte und gesalzenste Szene, wie sie sich selbst dein verdrehter Kopf nicht ausdenken kann. Du wirst wochenlang davon in den Zeitungen lesen können."
„Sei still und beeil dich."
„Was ist eigentlich dein Problem?"
Kirk schnaubte verärgert. „Du bist mein Problem, Lady. Für eine Frau, die auf der Hut sein sollte, warst du mit dem Kleinen sehr umgänglich."
„Kleinen? Don? Himmel, er ist ein Kollege, und er ist kein Kleiner. Er ist zwei Jahre älter als ich."
„Du hast ihn ganz verträumte Augen bekommen lassen", erwiderte Kirk sarkastisch.
„Wird es dir selbst nicht langweilig, immer dieselbe Leier?" Heftig riss sie sich los und öffnete die Tür ihrer Garderobe. „Ich habe mich an deine Anweisungen gehalten, und du hast schon einen Bericht über Don Sterling. Du weißt also, dass er so gut wie verlobt ist mit einer Frau, mit der er schon seit zwei Jahren eine Beziehung unterhält."
„Und die betreffende Dame ist dreitausend Meilen entfernt in New York."
„Das ist mir bekannt." Als sie ihr Haar zurückstrich, verrutschte ihr Seidenhemd auf ihren nackten Schenkeln. „Er hat mir gerade erzählt, dass er das Wochenende mit ihr verbringen will. Er ist verliebt, Doran, obwohl ich bezweifle, dass du mit dem Wort etwas anfangen kannst."
„Ein Mann kann in eine andere Frau verliebt sein und dich trotzdem wollen."
Sie knallte die Tür zu und lehnte sich von innen gegen sie. „Was weißt du
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