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03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Unabhängigkeit
    der Fiktion aufrechterhalten, hüte dich vor Big Martin und dem
    Frumious Bandersnatch …«
    »Sie fällt ins Delirium«, sagte der Sanitäter. Ich spürte, wie
    ihre Hand kraftlos wurde und mir die Tränen übers Gesicht
    liefen. Weitere Sanitäter und Ärzte erschienen, und ich begab
    mich in den hinteren Teil des Raumes, wo Pip, Estella und Mr.
    Pumblechook hilflos zusahen, wie die Ärzte Miss Havishams
    Leben zu retten versuchten.
    »Sie haben getan, was Sie konnten«, sagte Pip langsam. »Wir
    sind Ihnen alle sehr dankbar.«
    »Es war nicht genug«, sagte ich. »Sie will ein neues Ende mit
    euch verabreden.«
    »Gut«, sagte Pip leise. »Dann werde ich warten, bis sie das
    Bewusstsein wiedererlangt.«

    Und so warteten wir, bis sich Miss Havisham so weit erholt
    hatte, dass sie ihren letzten Auftritt in den Großen Erwartungen
    absolvieren konnte. Sie verabschiedete sich vom Protokollführer und von Bradshaw. Sogar der GattungsRat unterbrach seine
    Sitzung und genehmigte eine Interne HandlungsAnpassung, die
    es Miss Havisham erlaubte, ihr eigenes feuriges Ende zu improvisieren. Noch während sie Abschied nahm, wurde ein A-2Rohling darauf vorbereitet, ihre Rolle zu übernehmen. Sie fasste
    mich am Arm, obwohl sie mich nicht sehen konnte, und gab
    mir die UltraWord™-Fassung des Kleinen Prinzen.
    »Das Schematische«, sagte sie noch einmal, »ist unser einziger wirklicher Feind. Versprich mir, die BuchWelt dagegen zu
    schützen!«
    »Ich verspreche es Ihnen.«
    »Weißt du, Thursday, du wirst bestimmt eine sehr gute
    Agentin.«
    »Danke, Miss Havisham.«
    »Noch etwas, Thursday.«
    Ich beugte mich zu ihr herunter.
    »Bitte verrat es niemandem, aber ich glaube, Männer sind gar
    nicht so schlimm, wie ich immer gesagt habe.«
    Ich lächelte. »Da könnten Sie recht haben.«
    Sie hustete erneut und gab mir ein Zeichen zu gehen. Ich hatte noch viele Fragen, aber sie hatte nicht mehr viel Zeit, und das
    wussten wir beide. Ich nickte Pip zu, als wir uns an der Tür
    begegneten, dann zog ich sie leise hinter mir zu. Ich wartete mit
    schwerem Herzen. Dann hörte ich einen Schrei, und ein gelber
    Lichtschein fiel durch den Türspalt. Ich zuckte zusammen. Man
    hörte Pip fluchen und dann weiteres Poltern und Schimpfen, als
    er das Feuer mit seiner Jacke erstickte.
    Mit zusammengebissenen Zähnen und schwerem Herzen
    schlich ich davon. Miss Havisham war herrschsüchtig und
    zickig gewesen, aber sie hatte mich beschützt und mir mehrfach
    das Leben gerettet. Und sie hatte mich nützliche Dinge gelehrt.
    Weder in der Außenwelt noch in der Literatur hatte ich bisher
    eine couragiertere Frau getroffen, und sie würde immer einen
    Platz in meinem Herzen behalten.

    26.
    Ein neuer Job
    Der Protokollführer wohnte in einer Dienstwohnung in
    Norland Park, wenn er nicht an seinem Arbeitsplatz in The
    Hunting of the Snark war. Er hatte seinen Posten seit zwanzig Jahren inne und musste ihn nach der Dienstordnung
    jetzt aufgeben. Der Protokollführer hieß eigentlich Bellman,
    was ein kurioser Name für einen Protokollführer war. Der
    vorhergehende Protokollführer war Bradshaw gewesen, und
    vor ihm hatte Virginia Woolf das Amt inne. Damals dauerte
    die Einsatzbesprechung am Morgen oft mehrere Stunden.
    von N. BELLMAN
    – Protokollführer. Der schwerste Job in der Belletristik

    Eine Stunde später betrat ich das Jurisfiktion-Büro. Der Protokollführer, Bradshaw und Harris Tweed betrachteten zwei
    große, verbrannte Metallstücke, die auf dem Tisch lagen.
    »Ich kann gar nicht sagen, wie schrecklich das alles ist«, sagte
    der Protokollführer. »Hat sie Ihnen mal erzählt, wie die Marsbewohner ausgebrochen sind und den GattungsRat dazu zwingen wollten, eine Fortsetzung schreiben zu lassen, in der sie am
    Ende gewinnen?«
    »Nein«, sagte ich, »sie hat eigentlich nie von ihrer früheren
    Arbeit gesprochen. Was ist denn das da?«
    »Das ist die Vorderachse des Bluebird. Wie es scheint, ist sie
    wegen Materialermüdung gebrochen.«
    »Ein Materialschaden? Dann war es also ein Unfall?«
    Der Protokollführer nickte. Dann hatte man sie also doch
    nicht ermordet. Die Berichte, die Perkins, Deane und Miss
    Havisham über UltraWord™ geschrieben hatten, gaben auch
    kein überzeugendes Motiv für einen Mord her. Bradshaw hatte
    sie mir gestern gezeigt, und ich hatte selbst gesehen, dass alle
    drei Gutachter nur Positives über das neue Betriebssystem zu
    sagen gewusst hatten. Trotz der beispiellosen Serie von

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