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03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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wie es schien,
    wurden es ständig mehr. Wir standen einer erdrückenden
    Übermacht gegenüber.
    »Tut mir leid«, sagte ich und machte vorsichtshalber einen
    Knicks, als ich einen weiteren Schuss abfeuerte. »Aber sollten
    wir nicht doch lieber abhauen?«
    »Ich fürchte nur das Questing Beast, Big Martin und … Haferschleim.«
    Sie erschoss einen weiteren Grammasiten mit einer absolut
    scheußlichen Weste. »Wenn du deine Hausaufgaben gemacht
    hättest, wüsstest du vielleicht, dass es sich hier um Verbisoide
    handelt, die vermutlich unproblematischsten Grammasiten
    überhaupt, die können wir ökologisch bekämpfen.«
    Und damit begann sie, ohne Atem zu holen, William Blakes
    Jerusalem zu singen – das heißt eigentlich, zu krächzen. Sie sang
    schrecklich falsch, und die Grammasiten blieben abrupt stehen
    und sahen sich an. Als ich mich auf der Höhe des Holy Lamb of
    God an dem Gesang beteiligte, wichen unsere Widersacher
    bereits erschrocken zurück. Wir sangen noch lauter, und als
    Miss Havisham und ich zu den dark Satanic Mills kamen, traten
    sie eine heillose Flucht an, und als wir schließlich den Chariot of
    Fire erreichten, waren sie gänzlich verschwunden.
    »Schnell!« sagte Miss Havisham. »Schnapp dir die Westen!
    Dafür gibt es eine Belohnung.«
    Wir zogen den gefallenen Grammasiten die Westen aus –
    eine unangenehme Arbeit, denn sie rochen so stark nach Tinte,
    dass ich würgen musste.
    »Hier«, sagte Miss Havisham, als wir fertig waren, »das solltest du auch wieder an dich nehmen. Du wirst es brauchen für
    dein Examen.« Damit überreichte sie mir mein JurisfiktionBuch, das Goliath mir weggenommen hatte. Es war ein unentbehrlicher Führer in der BuchWelt, denn es enthielt nicht nur
    Tipps und Tricks, sondern auch einige wichtige Werkzeuge.
    »Wo haben Sie denn das her?«
    Miss Havisham gab keine Antwort. Sie war die schlimmste
    Mischung aus strengen Eltern, unerbittlichen Lehrern und
    südamerikanischen Diktatoren, die man sich vorstellen konnte.
    Ich hatte immer das Gefühl, gerade neun Jahre alt geworden zu
    sein, wenn sie mit mir sprach – was aber nicht bedeutete, dass
    ich sie nicht respektierte und liebte.
    »Warum tragen Grammasiten Ringelsocken?« fragte ich, als
    ich die Westen mit einem Strick zusammenschnürte, den mir
    Miss Havisham gegeben hatte.
    »Weil die mit Blümchen aus der Mode sind, nehme ich an«,
    sagte sie achselzuckend und lud ihren Derringer neu. »Was ist
    in dem Sack da?«
    »Ach, nur ein paar Einkäufe von Snell«, sagte ich und versuchte, das Thema zu wechseln. »Warum hat Jerusalem sie in
    die Flucht geschlagen?«
    »Es war nicht Jerusalem«, sagte Miss Havisham. »Es war das
    Singen. Wie ich schon sagte, waren das Verbisoide, und Verbisoide hassen und fürchten – ähnlich wie manche Schüler – die
    unregelmäßigen Verben. Die regelmäßigen Verben fressen sie
    gerne. Aber die unregelmäßigen verwirren ihre kleinen Gehirne
    und schlagen sie in die Flucht.«
    »Aha«, sagte ich.
    »Du hast überhaupt nichts verstanden«, sagte sie tadelnd.
    »Ich rede vom Singen! Singen, sang, gesungen – verstehst du?
    Das haut sie um.«
    »Heißt das, jedes unregelmäßige Verb schlägt sie in die
    Flucht?« fragte ich voller Interesse.
    »Ja, so ziemlich«, erwiderte sie. »Aber manche Verben sind
    leichter zu demonstrieren als andere. Man könnte sicher auch
    schneiden oder einfach nur sein. Aber dann ist nicht sicher, ob
    sie das richtig verstehen. So eine Scharade ist ein bisschen
    riskant. Da ist es schon besser, zu singen, dann ist die Sache
    erledigt.«
    »Wie wäre es denn mit gehen gewesen?« fragte ich unschuldig. »Etwas Unregelmäßigeres als gehen, ging, gegangen kann
    man sich doch gar nicht vorstellen.«
    »Das schon«, sagte Miss Havisham, deren Geduld sichtlich
    weniger wurde. »Aber sie könnten es missverstehen als flüchten,
    und das ist ein sehr schwaches Verb.«
    »Aber rennen ist doch stark«, sagte ich.
    Miss Havisham sah mich mit einem eisigen Blick an. »Rennen schon«, sagte sie. »Aber in den Augen eines hungrigen
    Verbisoiden sieht es wahrscheinlich sehr nach abhauen, verduften oder sich dünn machen aus, und das wäre dann ziemlich
    fatal.«
    »Ja«, sagte ich, »da haben Sie recht.« Denn ich musste mir
    eingestehen, dass es wahrscheinlich einfacher war, Banquos
    Geist auf einen Couchtisch zu nageln, als Miss Havisham bei
    einem Widerspruch zu erwischen.
    »Weißt du«, sagte Miss Havisham etwas milder. »Wenn man
    Grammasiten durch

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