03 - komplett
davongestürmt, nachdem Sie mich dazu gezwungen hatten, mir Ihre Beleidigungen anzuhören.“
„Ich habe Sie gezwungen?“, fragte Adam amüsiert. „Wenn ich mich nicht irre, waren Sie es doch, die mich gezwungen haben, einem Treffen beim Bridge Cottage zuzustimmen. Und eben noch haben Sie mir befohlen, hier auf Sie zu warten. Wenn Sie Ihre spitze Zunge einmal nicht gebrauchen, dann versuchen Sie mich, mit Blicken zu töten. Wäre dies möglich, wäre ich wohl schon längst verstorben. Weiß Ihr Gatte eigentlich, dass er eine Kratzbürste geehelicht hat?“
Das nahm Sylvie den Wind aus den Segeln, und sie errötete vor Verlegenheit. „Es war nie meine Absicht, jemanden herumzukommandieren!“, sagte sie außer sich.
„Ich hasse Tyrannen. Und wie sollte ich Sie überhaupt herumkommandieren können? Das sagen Sie doch nur, um mich zu ärgern. Sicher haben Sie sich in Ihrem Leben noch nie von jemandem etwas sagen lassen, geschweige denn, etwas getan, was Sie nicht wollten.“
Adam belustigte ihre Streitbarkeit, aber es gelang ihm, sein Lächeln zu verbergen.
„Machen Sie sich keine Gedanken. Ich gebe zu, dass es vielleicht ganz reizvoll sein könnte, von Ihnen herumkommandiert zu werden ...“
Unter gesenkten Lidern warf sie ihm einen misstrauischen Blick zu. Ihr seltsamer Wortwechsel hatte diese lodernde Wärme in seine Augen zurückgebracht. Er schien sie näher als je zuvor, und diese überwältigende Nähe ließ ihr schwindelig werden.
„Wir können hier nicht ungestört reden“, sagte sie und ging ihm raschen Schrittes voran die Treppe hinunter. „Ich werde Ihnen das Anwesen zeigen. Papa hat einen neuen Teich in einem abgeschlossenen Teil des Gartens bauen lassen. Er ist vor Kurzem fertiggestellt worden, und es gibt einige schöne Fische darin.“
Die Hände auf dem Rücken verschränkt, spazierte Adam um die rechteckige Wasserfläche, die eine laue Frühlingsbrise leicht kräuselte. Schwertlilien, Iris und andere Pflanzen säumten die Ufer. Mr. Meredith hatte einen idyllischen Ort in seinem Garten geschaffen.
„Sehen Sie, da ist einer!“ Sylvie deutete auf einen Goldfisch, der dicht unter der Wasseroberfläche schwamm. Begeistert zeigte sie auf den Schwarm glitzernder Fische, der sich unter den regenbogenfarbenen Tropfen der Fontäne tummelte.
Adam schaute zwar in die Richtung, in die sie gedeutet hatte, doch sein Ausdruck blieb gleichgültig.
Leichtes Unbehagen überkam Sylvie. Sie fühlte sich nicht mehr so zuversichtlich, ihn zur Rede zu stellen, wie noch im Haus. Ganz plötzlich schien er völlig in seine eigenen Gedanken versunken. Sie spürte, dass er mehr über sie wusste, als sie ihm offenbart hatte, und dass er über seinem Wissen brütete.
Vielleicht ahnte er – oder hatte es von William erfahren – dass sie diese Reise nach Schottland nie vollendet hatte. Vielleicht wartete er darauf, dass sie zugab, kompromittiert zu sein. Aber vorhin hatte er sie Mrs. Vance genannt und John ihren Gatten, und das ganz ohne Sarkasmus in der Stimme. Sie seufzte. Die einzige Möglichkeit herauszufinden, was er wusste, war die, ihn zu fragen.
„Ich nehme an, Sie sind zu einer weiteren Ansicht über mein Verhalten gelangt“, fing sie zaghaft an.
„Ja, das bin ich. Aber ich werde mich dazu erst äußern, nachdem Sie mir Ihren Vortrag gehalten haben. Ich möchte nicht, dass Sie mich erneut beschuldigen, Sie rücksichtslos zu behandeln.“
Sylvie brannte darauf, zu erfahren, was er wusste. Sie wollte diese Information abwägen und einschätzen, ob sie eine Hilfe oder ein Hindernis war. „Nein, bitte. Sie sind unser Gast. Gäste haben Vorrang“, sagte sie ernst.
Das süße Lächeln, mit dem sie ihn gleich darauf bedachte, entlockte ihm ein Schmunzeln. Er ließ sich von ihrem aufgesetzten Charme nicht täuschen, doch sie gab sich weiterhin bescheiden und bedeutete ihm zu sprechen.
Ihren Blick festhaltend, schlenderte Adam näher, bis er ganz dicht vor ihr stand. Ihr Gesicht war von solch reiner Schönheit, dass ihm der Atem stockte, und plötzlich war er froh, dass sie John Vance geheiratet hatte, bevor Hugo Robinson sie zu seiner Gemahlin machen konnte. Er räusperte sich, dann sagte er: „Haben Sie eigentlich die Absicht, Ihrem Verlobten mitzuteilen, dass Sie mit einem anderen Mann durchgebrannt sind?“
8. KAPITEL
„Meinem Verlobten?“, fragte Sylvie verwirrt.
Adam musste zugeben, dass ihre Verblüffung aufrichtig wirkte. Entweder wusste sie tatsächlich nicht, wovon er sprach, oder
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