03 - komplett
geringschätzig über die von schlichter Eleganz bestimmte Einrichtung glitt.
„Es tut mir leid, Vater. Ich wollte nicht undankbar erscheinen. Ich weiß, wie großzügig du bist. Aber ich lebe nun in der Stadt, und dort sind die Kosten höher als auf dem Land. Ich habe meine eigene Unterkunft in der Fenner Street und Rechnungen zu zahlen. Außerdem gibt es noch einige zusätzliche Aufwendungen, die ich begleichen muss.“
„Ich nehme an, die sind durch deine Sauferei und deine Ausschweifungen entstanden, warum sonst solltest du in einer billigen Pension logieren?“
Rote Flecken erschienen auf Hugos Gesicht, doch er hielt seine Wut über die demütigende Bemerkung seines Vaters im Zaum. Sir Anthony war ein Mann von tadellosen Manieren. Er war ganz gewiss vor Zorn außer sich, wenn er seinen Sohn so harsch anschrie, insbesondere da er wusste, dass sich Lady Robinson im angrenzenden Zimmer befand und stickte. Hugo fürchtete schon, dass er seinen Vater diesmal nicht dazu überreden könnte, ihm einige Pfund zuzustecken. Also senkte er den Kopf und gab sich noch ein wenig reuiger. „Ich gebe zu, ich habe meine Laster. Und welcher junge Mann hätte die nicht?“ Verschwörerisch blinzelte er seinem Vater zu, in dem Versuch, ihn an seine eigene Jugend zu erinnern. Doch Sir Anthony schüttelte bloß das graue Haupt. „Ich habe kürzlich bei den Rennen in Newmarket über fünfzig Guineas gewonnen“, setzte Hugo mit jungenhaftem Charme hinzu.
„Und doppelt so viel beim nächsten Rennen verloren, daran habe ich keinen Zweifel.“ Dennoch hatte ihn das demütige Verhalten seines Sohnes ein wenig beschwichtigt. Er griff in die Innentasche seines Gehrocks und zog schließlich einen Geldschein heraus. „Mehr wirst du nicht mehr von mir erhalten, bis deine Apanage fällig ist. Also brauchst du dir gar nicht einzubilden, dass du in ein oder zwei Tagen mit neuen Schauermärchen zurückkommen und um mehr Geld betteln kannst.“
Hugo steckte den Schein rasch in seine Tasche und wandte sich sogleich zum Gehen.
Kurz bevor er die Tür hinter sich schloss, drehte er sich noch einmal um und meinte knapp: „Danke, Vater.“
In der Halle begegnete er seiner Mutter. Lady Robinson kam raschen Schrittes auf ihn zu.
Hugo nickte ihr kurz zu. „Guten Tag, Mutter“, sagte er, ohne sie eines Blickes zu würdigen.
„Gehst du schon wieder?“
Er nickte, blieb aber nicht stehen. Lady Robinson eilte ihm nach und packte ihn am Arm. „Warum bleibst du nicht zum Dinner und reist morgen früh ab? Es ist eine lange Fahrt.“
„Ich muss in die Stadt zurück, Mutter“, erwiderte Hugo ungeduldig und löste seinen Arm aus ihrem Griff. „Ich habe Geschäfte, um die ich mich kümmern muss, verstehst du.“
Lady Robinson sah der großen, schlanken Gestalt ihres Sohnes nach, bis er das Haus verlassen hatte, dann wandte sie sich bekümmert um und machte sich auf die Suche nach ihrem Gatten.
Sie betrat die Bibliothek in dem Augenblick, da Sir Anthony seinen beleibten Körper in einen Sessel wuchtete. Seufzend sank er in das Polster und ließ den Gehstock einfach fallen. Lady Robinson hob ihn auf und lehnte ihn an die Wand, sodass ihr Gatte ihn griffbereit zur Verfügung haben würde, wenn er wieder aufstehen wollte.
„Kam Hugo, um sich nach unserem Wohlbefinden zu erkundigen?“, fragte sie und schaute ihren erschöpften Gatten an.
Sir Anthony lachte verbittert auf. „Nein, er kam aus rein eigennützigen Gründen. Er hat sein Geld schon wieder durchgebracht.“
„London ist ein teures Pflaster während der Saison“, warf seine Gemahlin ein.
„Es sind nicht die Kosten, Susannah. Seine Apanage ist üppig. Die meisten jungen Männer könnten von der Summe, die ich ihm zur Verfügung stelle, wie die Prinzen leben. Er hat das Geld nicht einmal für eine Stadtwohnung in vornehmer Gegend ausgegeben. In der Tat hat er in einer Pension Unterkunft genommen, noch dazu in einem höchst verruchten Viertel. Unser Sohn ist zum Säufer und Tunichtgut geworden, und das weißt du auch.“
Lady Robinson setzte sich in den Schaukelstuhl ihrem Gatten gegenüber und zupfte gedankenverloren an ihrem Ärmel, bevor sie erneut das Wort ergriff. „Manchmal frage ich mich, wo mein kleiner Hugo geblieben ist. Als Kind war er zwar nie übermäßig anhänglich, aber seit er von seiner Europareise zurückgekehrt ist, scheint er überhaupt keine Zeit mehr für uns zu haben.“
„Er findet die Zeit, uns zu besuchen, wenn er etwas von uns will.“ Sir Anthonys
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