03 - komplett
Lucinda hatte erst am vorherigen Abend von dem Kontrakt erfahren und Rachel davon erzählt.
Und während Rachel sich bestürzt hatte anhören müssen, was für ein wichtiger Kunde Connor Flint doch war, da dessen Gönnerschaft sehr wahrscheinlich weitere reiche Herren für Pauls Firma interessieren würde, wurde ihr entsetzt bewusst, dass Devane ihr absichtlich jeden Verbündeten stahl, den sie hatte. Und viele waren es nicht ...
„Ich muss schon sagen, Rachel“, begann Lucinda behutsam, „du scheinst den Verlust von Windrush recht gelassen zu nehmen. Aber vielleicht ist es ja wenigstens der Anlass für dich, endlich den Gedanken aufzugeben, ein Leben als alte Jungfer zu führen. Oder das einer ausgehaltenen Frau! Wirklich, wie konntest du das nur sagen?“, schalt sie Rachel sanft. „Ich habe Paul davon erzählt, und er meint, du besitzt einen hintersinnigen Humor.“
Rachel sah ihre Freundin nur verständnislos an.
„Du musst dich doch erinnern, wann du das gesagt hast. Wir waren an einem fürchterlich heißen Nachmittag im neuen Landauer deines Vaters ausgefahren. Und du meintest, dir wäre es fast lieber, Moncur würde dir einen unsittlichen Antrag schicken statt seiner Gedichte. Wir sahen Connor“, half Lucinda nach. „Ein Apfelkarren war umgefallen, und keine Kutsche konnte weiterfahren. Ralph wäre doch fast mit dem jungen Burschen auf dem Brauereiwagen aneinandergeraten ...“
Rachel, die Alan gerade dabei half, sein Schaukelpferd über den Teppich zu ziehen, sah unvermittelt auf. Der Brauer. Der junge Mann, der Devanes Brief überbracht hatte, war der Fahrer des beschädigten Brauereiwagens gewesen. Er war ihr gleich irgendwie bekannt vorgekommen. Und jetzt stand er in Devanes Diensten!
„Paul meinte, du wirst Windrush vielleicht nie brauchen, weil du bei einer Heirat doch im Heim deines Gatten wohnen würdest. Er sagt, vielleicht wäre Windrush mit der Zeit eine Last für dich geworden – wegen der Kosten für seinen Unterhalt und so.
Vielleicht, sagt er, hat der Earl dir in gewisser Hinsicht einen Gefallen getan, als er dich davon befreite.“
„Ich hoffe, er sagt nie etwas Derartiges zu mir“, bemerkte Rachel mit einem süßen Lächeln. „Ich habe nicht die Absicht zu heiraten. Wäre ich allerdings ein Mann, würde man mein Erbe zweifellos sehr viel ernster nehmen.“
„Ich wollte es doch nicht bagatellisieren, Rachel“, beeilte Lucinda sich ihr zu versichern. „Und Paul wäre entsetzt zu denken, du glaubst, wir wären dazu fähig. Es schien mir nur, du hättest dich irgendwie mit allem abgefunden ...“
„Ich gebe mir Mühe, meine Lage philosophisch zu sehen“, erklärte Rachel angespannt. „Sehr viel mehr als diese jämmerliche Weisheit kann ich im Moment nicht mein Eigen nennen.“
Lucinda versuchte, sie zu beschwichtigen. „Paul sagt, es sei deutlich gewesen, dass dein Vater keinen Groll gegen den Earl hegt. Sie wurden am folgenden Tag zusammen bei White’s gesehen, obwohl dein Vater einen schrecklichen Kater hatte.
Paul denkt, Mr. Meredith war erleichtert, dass Connor Windrush gewonnen hatte und nicht Lord Harley, dieser hinterhältige Kerl. Er hatte an dem Spiel teilgenommen und hätte fast den ganzen Einsatz gewonnen, musst du wissen.“
„Nein, das wusste ich nicht“, gab Rachel seufzend zu.
„Dein Vater nimmt es auch philosophisch.“
„Offenbar ein Familiensegen.“ Rachel stellte die Infanterie wieder auf den Tisch.
Doch die eleganten Husaren mit den roten Röcken fegte sie zu Alans Begeisterung vom Tisch.
Es soll also ein glanzvoller Abend werden, stellte Rachel bitter fest, während sie Paul Saunders erlaubte, ihr aus dem Wagen zu helfen. Gemeinsam gesellten sie sich zu der langen Reihe von Damen und Herren, die langsam die Steintreppen zum Stadthaus des Earl of Devane erstiegen.
Paul bot Rachel und seiner Frau den Arm, als sie die Schwelle erreichten. Sofort entdeckte Rachel den Butler, der in der Halle über den Ablauf der Dinge wachte.
Heiße Röte stieg ihr in die Wangen. Wie sollte sie sich nicht an den Abend erinnern, an dem sie sich vor ihm so zum Narren gemacht hatte? Sie strich ihr Seidenkleid glatt und spielte unruhig mit einer Locke ihres modisch frisierten Haars. Doch dann rief sie sich streng zur Ordnung. Wie konnte sie sich so von einem Bediensteten einschüchtern lassen? Hatte sie etwa erwartet, sie könnte sich an ihm vorbeischleichen, ohne dass er sie bemerkte? Lächerlich! Trotzdem blieb eine leise Hoffnung, er würde sie nicht
Weitere Kostenlose Bücher