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03 Nightfall - Zeiten der Finsternis

03 Nightfall - Zeiten der Finsternis

Titel: 03 Nightfall - Zeiten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Phoenix
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Ms. Underwood?«
    Diese barocken Regierungstitel hatten immer etwas unbeabsichtigt Drolliges an sich. Sie räusperte sich. »Genau mit der«, meinte sie trocken.
    Ellis klemmte sich den Aktenstapel unter den anderen Arm. Die Farben leuchteten bunt vor seinem grauen Anzug. Er warf einen Blick auf die geschlossene Bürotür und nickte dann in die Richtung.
    »Ma’am, die Leiterin der Abteilung für Spezialaufgaben, Ms. Underwood, wartet schon auf Sie. Sie ist vor fünf Minuten angekommen.« Er zögerte einen Moment lang und fügte dann mit leiser Stimme hinzu: »Sie hat mich ebenfalls gebeten, all Ihre Termine abzusagen.«
    Rutgers erstarrte. »Sie haben sich hoffentlich geweigert«, sagte sie mit einer so eisigen Stimme, dass sich an Ellis’ wohlgeformter Nase eigentlich Eiszapfen hätten bilden müssen.
    »Natürlich«, antwortete er. »Aber jetzt werde ich es tun.«
    »Gut.« Als sie an ihrem Assistenten vorbeiging, blieb sie einen Moment lang stehen, um ihm auf die Schulter zu klopfen. »Danke, Ray«, brummte sie.
    »Ma’am.« Ein schwaches Lächeln zuckte in einem seiner Mundwinkel auf. »Geben Sie ihr Saures.«
    »Worauf Sie sich verlassen können.« Rutgers riss die Tür aus Holz und Milchglas auf, in die ihr Name eingeätzt war, und schritt ins Zimmer. Kalte Wut erfüllte sie.
    Celeste Underwood, Leiterin der Abteilung für Spezialaufgaben der Schattenabteilung, saß lässig in einem der beiden braunen Ledersessel vor Rutgers’ Schreibtisch. Ihre Beine in einer dunklen Hose hatte sie übereinandergeschlagen. Sie warf einen Blick über die Schulter, als Rutgers eintrat.
    »Monica«, grüßte sie. »Wie geht’s?« Ein Lächeln zeigte sich auf ihren geschminkten Lippen.
    »Was fällt Ihnen ein, meinem Mitarbeiter Anweisungen zu geben?« Rutgers ging zu ihrem Schreibtisch und setzte sich, allerdings nicht, ehe sie instinktiv ihren Rock glattgestrichen hatte. Das Leder des Chefsessels knirschte unter ihrem Gewicht. Sie lehnte sich vor, stützte sich mit den Armen auf der blanken Schreibtischplatte ab und faltete die Hände. »Hier haben Sie nichts zu befehlen.«
    Underwood erhob sich. Ihr Lächeln war noch immer auf ihrem Antlitz fixiert. Sie ging zur Tür, schloss sie und drehte sich dann zu Rutgers um. Jetzt lächelte sie nicht mehr. »Sind Sie da ganz sicher?«
    »Was das Sagen hier betrifft? Ja.«
    Underwood schüttelte den Kopf. »Ach, Monica.« Sie musterte Rutgers mit fast mütterlicher Zuneigung, was für eine Frau im beinahe gleichen Alter ziemlich vermessen war. »Sie leben augenscheinlich noch immer in den guten alten Zeiten.«
    »Damals, als wir uns noch an die Verfassung gehalten haben?«
    Underwood lachte herzlich und warm. Sie klang wirklich belustigt. »Das haben wir noch nie. Die Verfassung ist nur ein fehlerhaftes Instrument.«
    In ihrem maßgeschneiderten Kostüm, ihrer rosafarbenen Bluse, ihrem zurückhaltenden Afro, der von silbernen Strähnen durchzogen war, und dem Goldschmuck an Ohren und Handgelenk wirkte Underwood warmherzig, zugänglich und ganz so wie die Chefin, deren Tür immer offen stand.
    Es war leicht, sie sich als die Großmama vorzustellen, die sie war – in Jeans und mit Gartenhandschuhen, das runde Gesicht unter einem Sonnenhut. Rutgers nahm sogar einen Hauch von Zimt und Äpfeln wahr, als habe Underwood gerade noch einen Apfelkuchen gebacken.
    Einfach eine normale Frau, die einen weniger normalen Job machte.
    Doch Rutgers wusste, dass dem nicht so war. Sie hatte schon vor langer Zeit gelernt, hinter Underwoods Fassade zu blicken. Im Inneren der Frau herrschten Leere, Kälte und Herzlosigkeit – wie bei einem Golem, den man aus Lehm zusammengesetzt hatte und der nichts empfand.
    Underwood schlenderte zu ihrem Sessel zurück. Ihr Gesichtsausdruck wirkte noch immer amüsiert. Sie setzte sich, schlug erneut die Beine übereinander und lehnte sich zurück. »Haben Sie vergessen, dass ich das Sagen habe, wenn es um Bad Seed geht?«
    Rutgers’ Fingerknöchel wurden weiß, und sie zwang sich, ihre Hände voneinander zu lösen. Sie legte beide Arme auf die Lehnen ihres Stuhls. »Nein. Aber das Projekt ist abgeschlossen.«
    »Nicht ganz.« Underwoods Augen funkelten kalt wie Obsidian.
    »Seit wann?«, fragte Rutgers und überlegte, welches Spiel diese Frau mit ihr trieb. »Ich hatte Anweisung …«
    »Genau«, unterbrach Underwood. »Sie hatten Anweisungen.« Sie neigte den Kopf, musterte Rutgers für einen Augenblick und zeigte dann auf ihre Ohren, während sie die gezupften

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