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03 - Schatten Krieger

03 - Schatten Krieger

Titel: 03 - Schatten Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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wandte sich angewidert von seinem Erbrochenen ab. Dann merkte er, dass er im Schnee kauerte. Einige Schritte neben ihm stand der große Fremde und beobachtete ihn.
    Plötzlich durchzuckte ihn ein Gedanke. Schnee? Mitten im Sommer?
    Furcht packte ihn, die Angst, dass er entführt, bewusstlos geschlagen und in die Berge verschleppt worden war. Sein Atem bildete Wolken vor seinem Gesicht, als er schwankend aufstand.
    »Wer seid Ihr, und warum habt Ihr mich hergebracht?«
    Sein Häscher schnaubte amüsiert. »Beide Fragen erfordern mehr Antworten, als ich Zeit und Muße habe, darauf zu verschwenden. Auf die zweite Frage gibt es vielleicht nicht einmal eine angemessene Antwort…« »Ich habe keine Lust, mir Eure Wortspielchen anzuhören …«
    »In diesem Fall könnt Ihr mich fürs Erste Qothan nennen. Allerdings wäre es wichtiger, Eurer Umgebung etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken, Hauptmann Ondene.« Der hagere Mann deutete über Ondenes Schulter. »Was meint Ihr mit ›Umgebung‹?« Corlek drehte sich um.
    Vor ihm lagen schneebedeckte Felder und einige Siedlungen am Ufer eines breiten Flusses, der sich verengte und in eine breite Bucht mündete, auf deren anderer Seite eine große Stadt lag, aus deren Schornsteinen Rauchsäulen in den eisgrauen Himmel emporstiegen.
    »Seht nur … das mächtige Sejeend!«, erklärte Qothan.
    »Seid nicht albern …!«
    Corlek unterbrach sich, als er mitten unter dem Häusermeer die unverwechselbaren Umrisse des Weißen Frieds erkannte, auf dessen Zinnen eine große, blassblaue Fahne flatterte. Dahinter erhob sich eine steile Felswand mit einer bewaldeten Spitze.
    Ihm wurde erneut übel, und gleichzeitig überfiel ihn eine namenlose Furcht.
    »Wie … Wo ist das …?«
    »Die richtige Frage lautet nicht ›wo‹, guter Hauptmann, sondern ›wann‹.«
    Damit ging der Mann an Ondene vorbei den Berghang hinab in Richtung Fluss. Panisch stolperte Ondene hinter ihm her.
    »Wartet! Was muss ich tun? Was kann ich hier tun?«
    »Unser Ausflug wird nicht lange dauern«, warf der Mann über die Schulter zurück. »Falls wir den Hafen innerhalb einer Stunde erreichen, ist alles gut. Wenn Ihr mit mir Schritt haltet, wird das außerdem die Kälte aus Euren Knochen vertreiben.«
    Ondene kam sich völlig hilflos vor angesichts der finsteren Andeutungen seines Begleiters und in dieser fremdartigen, und doch seltsam vertrauten Umgebung. Er hatte keine andere Wahl, er musste der Aufforderung dieses Fremden gehorchen und beeilte sich, ihn einzuholen.

6
    Unter dunklen und rastlosen Wogen,
Unter tiefen Wassern und in tiefsten Schlünden,
Schallt noch der Schrei untergegangener Nationen,
Und ihre traumlosen Geister rühren sich.
    ESHEN KAREDU, STURMREISE, KAPITEL 9
    Corlek Ondene folgte dem geheimnisvollen Qothan über die schneebedeckten Felder zu einem Wäldchen, dessen kahle Bäume von Eis überkrustet waren. Ihm war kalt bis ins Mark, und bis sie endlich einen Karrenweg gefunden hatten, schneite es. Die weißen Flocken fielen unaufhörlich, während sich die ersten Schatten des Abends herabsenkten. Als Qothan ohne innezuhalten über den Feldweg marschierte, protestierte Ondene mit klappernden Zähnen. Er schwor, keinen Schritt mehr zu machen, wenn sie nicht bald eine Pause einlegten. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, setzte er sich auf einen Felsbrocken am Wegesrand und schlang die Arme um seinen Oberkörper.
    Qothan trat neben ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Ondene wollte schon eine bissige Bemerkung von sich geben, als er spürte, wie eine wohlige Wärme in seiner Brust entstand und sich in seinem ganzen Körper ausbreitete. Zuerst erwartete er das Schlimmste, glaubte, es handelte sich um den Beginn eines schrecklichen Anfalls, aber als frische Kraft ihn durchströmte, fühlte er sich erleichtert und gleichzeitig verwirrt. »Was für Kräfte besitzt Ihr?«, fragte er den Fremden. »Was wollt Ihr von mir?«
    Qothan schüttelte den Kopf. »Ich kann Euch diese Fragen nicht beantworten …«
    »Wer dann?«
    Der große Mann sah ihn streng an. »Mein Anführer könnte Euch diese Antworten geben. Aber nur, wenn wir es schaffen, die Bucht bald zu erreichen.« Er drehte sich um und ging weiter. »Die Zeit ist hier nicht unser Verbündeter, Hauptmann.«
    Ondene fluchte leise, stand wieder auf und folgte ihm über den unebenen, gefrorenen Weg. Es schneite noch stärker, als sie zum Nordufer des Vaale hinabgingen, aber Ondene fühlte sich seltsam beschützt, als trüge er einen

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