03 - Winnetou III
ihren Pferden. Der Häuptling gab den Seinigen einige leise Befehle; ein prächtiges indianisch aufgezäumtes Pferd wurde ihm gebracht.
„Ko-tu-cho wird gehen mit seinen Brüdern. Das Eigentum des toten Bleichgesichts wird aufbewahrt werden im Wigwam des Häuptlings, und seine Frauen werden weinen und singen für den Toten!“
Das war ein kurzer Besuch bei den tapferen Snakes; wir nahmen eine tüchtige Kraft mit fort zur Verfolgung der Räuber.
Ihre Spur war leicht zu sehen. Sie hatten wenig über zwei Stunden Vorsprung; aber es war, als ob unsere Pferde unsere Absicht verständen: – sie fegten über die Ebene, daß die Funken gesprüht hätten, wenn der Boden ein steiniger gewesen wäre. Nur Bobs Brauner zeigte sich ermüdet, aber der Neger trieb das Tier unaufhörlich an, daß es Schritt halten mußte.
„Hoh, hüh-hüüh!“ brüllte er. „Pferd müssen laufen, müssen viel rennen, daß Bob erwischen Mörder von gut Massa Allan!“
Wir brausten dahin.
Die Mitte des Nachmittages war bereits da, und die Fliehenden mußten vor Einbruch des Abends erreicht werden. So ging es fort über drei Stunden lang. Da stieg ich denn doch vom Pferd, um die Spur zu untersuchen. Sie erschien außerordentlich scharf, obgleich der Boden mit dichtem kurzen Gras bedeckt war; noch kein einziger Halm hatte sich wieder aufgerichtet. Die Räuber konnten also höchstens eine Meile von uns entfernt sein.
Jetzt nahm ich von Zeit zu Zeit mein Fernrohr zur Hand, um in der Richtung der Fährte den Horizont abzusuchen. Da, endlich, erblickte ich drei Punkte, welche sich scheinbar langsam vor uns her bewegten. „Da vorne sind sie!“
„Halloo, drauf!“ rief Bernard und trieb sein Pferd an.
„Halt!“ rief ich ihm zu. „Damit ist uns nicht gedient. Wir müssen sie umfangen. Mein Hengst und das Pferd des Häuptlings der Schlangen halten den Ritt noch aus. Ich reite rechts, Ko-tu-cho links; in zwanzig Minuten haben wir sie überholt, ohne daß sie uns bemerken, und dann reitet ihr auf sie los.“
„Uff!“ rief der Häuptling der Shoshonen, und wie von einer Sehne geschnellt, flog er nach links hinüber.
Ich ebenso nach rechts, und in zehn Minuten hatte ich unsere Gefährten, obgleich sie ebenfalls vorwärts ritten, aus den Augen verloren. Ich mußte mich bereits parallel mit den Verfolgten befinden. Mein Hengst zeigte trotz der Anstrengungen der letzten Tage keine Ermattung; er hatte keinen Flocken Schaum vor dem Maul und keinen Anflug irgendeines Schweißes auf seiner glatten Haut und fegte dahin, so elastisch, als ob sein schön gebauter Körper aus lauter Gummi bestände.
Nach fünfzehn Minuten bog ich links ein, und nach weiteren fünf Minuten sah ich durch das Rohr die drei Mörder seitwärts hinter mir und den Häuptling der Schlangen-Indianer, wenn auch ein wenig zurück im Verhältnis zu mir, gleichfalls vor ihnen. Er hielt jetzt auf sie zu, und ich tat dasselbe.
Da wir uns nun gegenseitig entgegenritten, bemerkten sie uns sehr bald. Sie blickten hinter sich – und sahen sich hier auch verfolgt; es gab für sie nur eine Art des Entkommens, das Durchbrechen. Sie wandten sich hinüber zu dem Shoshonen.
„Jetzt halt aus, mein Rappe!“
Jenen schrillen, scharfen Schrei ausstoßend, der ein indianisch dressiertes Pferd zur Aufbietung seiner ganzen Kraft und Schnelligkeit antreibt, warf ich den Arm empor und stellte mich aufrecht in die Bügel, um dem Tier die Last und das Atmen zu erleichtern. Es war ein Ritt, wie man ihn nur macht, wenn der Savannenbrand hinter dem Reiter hertobt.
Da hielt der eine, in dem ich sofort Fred Morgan erkannte, sein Pferd an und legte die Büchse an die Wange. In demselben Augenblick, in welchem es aufblitzte, stürzte der Häuptling, wie vom Wetter getroffen, samt dem Pferd zur Erde. Ich glaubte, daß der Schuß ihn oder sein Pferd getötet habe, und stieß einen Schrei der Wut aus; ich hatte mich aber geirrt, denn schon im nächsten Moment saß er wieder auf und stürmte mit geschwungenem Tomahawk auf die drei ein. Es war eines jener Kunststücke gewesen, zu welchem die Indianer ihre Pferde jahrelang dressieren. Sein Pferd war abgerichtet, auf ein bestimmtes Wort sich blitzschnell zur Erde zu werfen; dann mußte die Kugel über beide hinwegfliegen.
Eben schlug er den einen nieder, als ich auf Fred Morgan einstürmte. Ich mußte ihn lebendig haben und achtete nicht darauf, daß er seine Büchse, deren anderer Lauf noch geladen war, auf mich richtete. Sein Pferd stand nicht ruhig; der
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