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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sich von keiner Anstrengung bemeistern, und keine Ermüdung kann ihm die Heiterkeit seiner Seele rauben. Mein Bruder Old Shatterhand kennt mich und weiß, daß ich nach dem Wasser der Erkenntnis, des Wissens gedürstet habe. Du hast es mir gereicht, und ich trank davon in vollen Zügen. Ich habe viel gelernt, so viel wie keiner von meinen Brüdern, bin aber dennoch ein roter Mann geblieben. Der Weiße gleicht dem gelehrigen Haustier, dessen Instinkt sich verändert hat, der Indianer aber dem Wild, welches nicht nur seine scharfen Sinne behalten hat, sondern auch mit der Seele hört und riecht. Das Wild weiß ganz genau, wenn der Tod sich ihm naht; es ahnt ihn nicht nur, sondern es fühlt sein Kommen und verkriecht sich im tiefsten Dickicht des Waldes, um ruhig und einsam zu verenden. Diese Ahnung, dieses Gefühl, welches niemals täuscht, empfindet Winnetou in diesem Augenblick.“
    Ich drückte ihn an mich und entgegnete:
    „Und dennoch täuscht es dich. Hast du dieses Gefühl vielleicht schon einmal gehabt?“
    „Nein.“
    „Also heut zum erstenmal.“
    „Ja.“
    „Wie kannst du es da kennen? Wie kannst du wissen, daß es die Ahnung des Todes ist!“
    „Es ist so deutlich, so deutlich! Es sagt mir, daß Winnetou sterben wird mit einer Kugel in der Brust. Denn nur eine Kugel kann mich werfen; ein Messer oder einen Tomahawk würde der Häuptling der Apachen leicht von sich wehren. Mein Bruder mag mir glauben, ich gehe heute in die ewigen Jagd – – –“
    Er hielt inne. ‚In die ewigen Jagdgründe‘ hatte er nach dem Glauben der Indianer sagen wollen. Was hielt ihn ab, dieses Wort vollends auszusprechen? Ich wußte es: Er war durch den Umgang mit mir in seinem Innern ein Christ geworden, obgleich er es vermieden hatte, es zu sagen. Er schlang den Arm um mich und veränderte das erst beabsichtigte Wort:
    „Ich geh heute dahin, wo der Sohn des guten Manitou uns vorausgegangen ist, um uns die Wohnungen im Haus seines Vaters zu bereiten, und wohin mir mein Bruder Old Shatterhand einst nachfolgen wird. Dort werden wir uns wiedersehen, und es wird keinen Unterschied mehr geben zwischen den weißen und den roten Kindern des Vaters, der beide mit derselben unendlichen Liebe umfängt. Es wird dann ewiger Friede sein; es wird kein Morden mehr geben, kein Erwürgen von Menschen, welche gut waren und den Weißen friedlich und vertrauend entgegenkamen, aber dafür ausgerottet wurden. Dann wird der gute Manitou die Waagschalen in seiner Hand halten, um die Taten der Weißen und der Roten abzuwägen und das Blut, welches unschuldig geflossen ist. Winnetou aber wird dabeistehen und für die Mörder seiner Nation, seiner Brüder, um Gnade und Erbarmen bitten.“
    Er drückte mich an sich und schwieg. Ich war tief bewegt, denn eine innere Stimme flüsterte mir zu: „Sein Instinkt hat ihn nie getäuscht; vielleicht spricht er auch dieses Mal die Wahrheit.“ Dennoch sagte ich:
    „Mein Bruder Winnetou hält sich für stärker, als er ist. Er ist der gewaltigste Krieger seines Stammes, aber doch auch nur ein Mensch. Ich habe ihn noch nie ermatten sehen, heut aber ist er müde geworden, denn die vergangenen Tage und Nächte haben allzuviel von uns verlangt. Das drückt die Seele nieder und schwächt das Selbstvertrauen; es entstehen trübe Gedanken, welche verschwinden, wenn die Müdigkeit gewichen ist. Mein Bruder mag sich ausruhen. Er mag sich zu den Männern legen, welche hier unten am Berg bleiben.“
    Er schüttelte langsam den Kopf und antwortete:
    „Das sagt mein Bruder Scharlih nicht im Ernst.“
    „O doch! Ich habe die Höhle des Berges ja gesehen und mit dem Auge genau gemessen; es genügt, wenn ich allein die Angreifer anführe.“
    „Ich soll nicht dabei sein?“ fragte er da, indem seine Augen erhöhten Glanz bekamen.
    „Du hast genug getan; du sollst ruhen.“
    „Hast du nicht auch genug getan, ja noch viel mehr als ich und alle andern? Ich bleibe nicht zurück!“
    „Auch nicht, wenn ich dich darum bitte, wenn ich es als ein Opfer der Freundschaft von dir verlange?“
    „Auch dann nicht! Soll man sagen, daß Winnetou, der Häuptling der Apachen, den Tod gefürchtet habe?“
    „Kein Mensch wird wagen, dies zu sagen!“
    „Und wenn alle schwiegen und es mir nicht als Feigheit anrechneten, einen würde es doch geben, dessen Vorwurf mir die Röte der Scham in die Wangen triebe.“
    „Wer wäre das?“
    „Ich, ich selbst! Ich würde diesem Winnetou, welcher ruhte, als sein Bruder Scharlih kämpfte,

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