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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gehört; es ist Winnetou, der uns ruft. Vorwärts, dort steht er am Waldesrand!“
    Ich nahm das Pferd des Apachen beim Zügel und die anderen folgten. Winnetou stand einige hundert Schritte weit von uns am Saum des Forstes, in welchem er verschwand, sobald er bemerkte, das seinem Ruf Folge geleistet wurde. An der Stelle angekommen, stieg ich ab und trat unter die Bäume. Dort stand der Apache, und zu seinen Füßen lag ein junger Mensch, gebunden mit seinem eigenen Gürtel. Er hielt die Augen in unendlicher Angst auf Winnetou gerichtet und stöhnte leise.
    „Memme!“
    Nur dieses eine Wort sprach der Apache, dann wandte er sich verächtlich ab. Der Gefangene war ein Weißer. Als er mich erblickte, hellte sich sein Gesicht etwas auf; er mochte, da ich zu seiner Rasse gehörte, einige Hoffnung fassen, die sich vergrößerte, als jetzt auch Sam hinzutrat.
    „Ein Weißer, ein Yankee!“ rief dieser. „Warum behandelt ihn mein roter Bruder als Feind?“
    „Böses Auge!“ antwortete Winnetou kurz.
    Hinter uns erscholl jetzt ein lauter Ruf, und als ich mich umwandte, sah ich Marshal mit einem unbeschreiblichen Gesichtsausdruck den Gefangenen betrachten.
    „Holfert! Um Gottes willen, wie kommen Sie hierher?“
    „Marshal! Master Marshal!“ antwortete der Angeredete, der also ein Bekannter Bernard sein mußte; aber es wollte mir scheinen, als ob er durch die Anwesenheit meines Freundes nicht sehr angenehm berührt werde.
    „Wer ist dieser Mann?“ fragte ich.
    „Er ist aus Knoxville, heißt Holfert und war ein Gehilfe in unserem Geschäft“, antwortete Bernard.
    Ein Gehilfe bei Marshal und hier in der Nähe des Ortes, an welchem wir Morgan zu treffen hofften? Es kam mir ein Gedanke.
    „War er noch bei Euch, als sich Euer Geschäft auflöste?“
    „Ja.“
    Ich wandte mich an den Gefangenen:
    „Master Holfert, wir haben Euch bereits seit langer Zeit gesucht. Wollt Ihr mir wohl sagen, wo sich Euer guter Freund, der sich Fred Morgan nennt, befindet?“
    Er erschrak.
    „Seid Ihr ein Detektiv, Sir?“ fragte er.
    „Was ich bin, das werdet Ihr seiner Zeit ganz genau erfahren, doch will ich Euch sagen, daß ich nicht gern in einer amtlichen Eigenschaft mit Euch verfahren möchte, denn ich bin sehr geneigt, anzunehmen, daß Ihr nur verführt worden seid. Also antwortet! Wo ist Morgan?“
    „Bindet mich los, Sir; dann werde ich alles sagen!“ Bernard machte ein Gesicht als ob er etwas ganz Unglaubliches vernehme.
    „Vom Losbinden kann keine Rede sein, doch wollen wir Eure Fesseln ein wenig lockern. Bob, schnalle ihn lockerer!“
    Der Angeredete trat vor und bückte sich nieder.
    „Bob, auch du!“ rief Holfert erstaunt.
    „Bob auch da, yes! Oh, wo sein Massa Bern', da auch immer sein Nigger Bob. Warum nicht bleiben Massa Holfert in Lu'ville, sondern gehen in Berge? Warum werden Massa Holfert binden?“
    Ich lockerte ihn den Gürtel, so daß er aufrecht sitzen konnte. Ich setzte das Verhör fort:
    „Also zum drittenmal: Wo ist Morgan?“
    „Am Head-Pik.“
    „Wie lange ward Ihr jetzt mit ihm beisammen?“
    „Über einen Monat.“
    „Wo traft Ihr ihn?“
    „Er hatte mich nach Austin bestellt.“
    „Bestellt? Ah? So kanntet Ihr ihn früher?“
    Der Gefangene schwieg. Ich zog den Revolver.
    „Seht Euch einmal dieses kleine Ding hier an, Master Holfert! Ich weiß sehr genau, woran ich mit Euch bin, aber ich wünsche doch, daß Ihr mir über den Tod Eures Prinzipals und über das Verschwinden seines Eigentums etwas Näheres erzählt. Redet Ihr nicht, ober bringt Ihr die Unwahrheit vor, so erhaltet Ihr die Kugel. Im Westen pflegt man mit einem Raubmörder noch weniger Federlesens zu machen, als da drüben in den ‚Staaten‘!“
    „Ich bin kein Mörder!“ stammelte der Mann in höchster Angst –
    „Ich habe Euch bereits gesagt, daß ich ganz genau weiß, was ich von Euch zu halten habe! Es kommt nun allerdings darauf an, ob wir Euch als einen verstockten oder reumütigen Menschen behandeln sollen. Also, Ihr kanntet Morgan schon früher?“
    „Er ist ein Verwandter von mir.“
    „Und hat Euch in Louisville besucht?“
    „Ja.“
    „Weiter! Ich habe nicht Lust, eine Menge Fragen zu tun, da Ihr auch ohne dieselben reden könnt. Denkt an den Revolver!“
    „Wenn Master Marshal weggeht, werde ich alles erzählen!“
    Ich mußte diese Gefühlsregung des so unverhofft entdeckten Verbrechers berücksichtigen.
    „Ihr sollt Euren Willen haben!“
    Ich winkte Bernard, welcher sich entfernte, aber, wie ich wohl

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