0305 - Im Rattentempel
zuckten noch einmal, dann lag das Tier endgültig still.
Aus, vorbei, vernichtet…
Wir hatten sie geschafft.
Mandra lächelte knapp, schaute uns an und sagte: »Die Dolche funktionieren noch. Sie haben nichts von ihrer Kraft verloren, auch wenn sie mittlerweile in anderen Händen waren.«
Da hatte er recht.
Suko und ich schauten zu, wie unser Freund auf die toten Rattenkörper zutrat, die Griffe der beiden Waffen packte und die Klingen aus dem Fell zog. Von den schwarzen Griffen rann noch der Rest dieser gelblichen Flüssigkeit, mit der die Rattenkörper gefüllt waren.
Mandra steckte die Waffen wieder ein, nachdem er sie provisorisch gereinigt hatte.
»Wie konnten sie so werden?« fragte ich kopfschüttelnd.
»Magie«, antwortete Mandra.
»Aber welche?«
»Indien ist ein Land voller Rätsel, auch ich kenne nur einen Bruchteil. Wirklich, John!«
Das mußte ich ihm wohl oder übel glauben.
»Dann wollen wir uns mal den Tempel ansehen«, erklärte Suko und wandte sich dem Eingang zu.
Unser chinesischer Freund befand sich noch in der Bewegung, als wir die Geräusche vernahmen.
Sie waren in dem Tempel erklungen, und jeder von uns kannte das rollende Peitschen.
»Da ist geschossen worden«, sagte Suko.
Wieder hatte sich die Lage geändert. Wir wußten nicht, wer die Schüsse abgefeuert hatte, konnten jedoch davon ausgehen, daß es sich um einen Menschen handelte. Dämonen verließen sich nicht auf Gewehre, die besaßen andere Mittel.
Menschen bei den Ratten?
Ich ballte die Hände. Plötzlich wurde es Zeit für uns. Geduckt huschten wir durch den offenen Eingang in das Innere des Tempels. Die Finsternis schluckte uns.
Weit, sehr weit vor uns schimmerte es heller. Was sich dort abspielte, konnten wir aber nicht erkennen.
Dafür hörten wir etwas anderes.
Schritte!
Rennend, hastig, stampfend. So hörten sich die Schritte nur an, wenn jemand auf der Flucht war.
Vielleicht die Person, die auch geschossen hatte?
Wenn es nur nicht so verflucht finster gewesen wäre!
Bei den hastigen Schritten blieb es nicht. Ein anderes Geräusch übertönte sie.
Ein Trappeln und leises Donnern, als würden unzählige kleine Füße über den Boden huschen.
Mir rann eine Gänsehaut über den Rücken. Ich wußte auf einmal Bescheid. Das waren Ratten.
»Oh, verdammt«, hörte ich Suko flüstern. Ihm erging es wahrscheinlich so wie mir.
Automatisch dachte ich an die Nager, gegen die wir in Lakanas Hütte gekämpft hatten. Das waren schon viele gefräßige Tierchen gewesen, hier im Tempel hörte es sich an, als würde eine ganze Armee von Ratten Kurs auf uns nehmen.
Dagegen kamen wir nicht an.
Schattenhaft erkannten wir vor uns eine Bewegung, vernahmen Schreie, hörten ein Stöhnen und im nächsten Augenblick einen dumpfen Laut und ein Klatschen.
Suko und ich zogen unsere Bleistiftleuchten. Ohne uns abgesprochen zu haben, leuchteten wir in die Richtung, aus der wir die letzten Geräusche vernommen hatten.
Die beiden Strahlen vereinigten sich zu einer hellen Insel, so daß wir erkennen konnten, was da geschehen war.
Ratten hatten sich auf einen Menschen gestürzt. Er kniete noch am Boden, kippte aber in diesem Augenblick zur Seite und wurde von den Nagern begraben.
Ob er eine Chance hatte, wußten wir nicht zu sagen. Vielleicht steckte noch ein Funken Leben in ihm. Solange diese Chance bestand, wollten wir alles daransetzen, um das Leben dieses Mannes zu erhalten.
Suko und ich wollten vorstürzen, Mandra hatte etwas dagegen.
»Ich mache es!« rief er.
Wir hielten uns zurück, denn wir kannten unseren Freund.
Schließlich hatte er schon einmal bewiesen, wie man mit diesen verfluchten Bestien fertig wurde.
Zudem hätten wir überhaupt nicht die Chance bekommen, uns um den Mann zu kümmern, denn wir wurden angegriffen.
Sie kamen wie eine Welle!
In der Düsternis mehr zu ahnen als zu sehen. Als wir die Lampen schwenkten, konnten wir sie erkennen.
Vor Schreck übersprang mein Herz fast einen Schlag. Nein, diesen verdammten Ratten konnten wir nichts entgegensetzen, die würden uns überschwemmen und vernichten.
Sekunden blieben uns noch. Mandra konnte uns nicht zur Seite stehen, da er sich um das erste Opfer der Ratten kümmerte.
Wir konnten Kugeln hineinschießen, das hätte aber nicht viel gebracht.
Mit den Fäusten erreichten wir nur einen Teilerfolg, durch Tritte ebenfalls, und die Peitsche würde auch nicht viel bringen.
Was also tun?
»John!«
Es war Mandras Schrei, der mich herumfahren ließ. Ich
Weitere Kostenlose Bücher