0314 - Höllentage für uns G-men
wüsste.«
»Kennen Sie ein Mädchen namens Corinne Gibbs?«
»Wer kennt die nicht in Hunts Point, Sergeant?«
»Wieso? Ist sie so berühmt? Wodurch denn?«
»Vor ein paar Jahren ist sie ihrem Vater davongelaufen. Es hat sehr lange gedauert, bis man sie irgendwo aufgelesen hat und zurückschickte. So etwas spricht sich herum. Na, und wenn man das Mädchen heute sieht, möchte man auch nicht meinen, dass aus ihr mal etwas Ordentliches wird. Ihre Aufmachung - verstehen Sie?«
»Nein«, sagte Hutchenrider trocken.
»Lederjacke, grelle Pullover, alles sehr aufreizend.«
»Ich glaube, jetzt ahne ich ungefähr, was Sie meinen. Ihr Sohn wird das Mädchen sicher auch kennen, wie?«
»Dem Namen nach bestimmt. Dass er sie näher kennt, will ich lieber nicht hoffen.«
»Wissen Sie, wo Max gestern gegen sieben Uhr war? Sieben Uhr abends?«
»Nein. Jedenfalls war er nicht zu Hause. Ist irgendetwas mit dem Mädchen passiert?«
»Deswegen bin ich nicht hier«, erwiderte Hutchenrider diplomatisch. »Es geht einzig um Ihren Sohn, Mrs. Lipin. Ich hätte gern ein paar Worte mit ihm gesprochen. Würden Sie so freundlich sein, ihn zu wecken?«
»Das ist nicht nötig«, sagte plötzlich eine jungenhafte Stimme von einer Tür her, die sich für alle überraschend geöffnet hatte.
***
Max Lipin kam ins Wohnzimmer. Er trug einen dunkelblauen Schlafanzug, aber er sah nicht so aus, als ob er gerade erst wach geworden wäre. Mit beiden Händen umklammerte er ein in braunes Packpapier gehülltes Päckchen. Er sah blass aus, aber in seinem Gesicht stand ein Zug trotziger Entschlossenheit.
»Entschuldige, Mom, dass ich so reinplatze«, sagte er. »Ich habe alles gehört. Ich denke, ich weiß am besten, was die Gentlemen wollen.«
»Max, was hast du angerichtet?«, rief die Mutter angsterfüllt.
»Was ist denn in dem Päckchen da?«, fragte Hutchenrider lauernd.
Der Junge drückte es ihm in die Hand.
»Ich wollte es morgen nach der Schule beim Revier abgeben«, erklärte er. »Mögen die anderen von mir denken, was sie wollen. So was mache ich nicht mit. Ich habe in den Spätnachrichten gehört, wie sie diesen Jungen zugerichtet haben. Wirklich, Mom, das wusste ich nicht! Mein Ehrenwort! Ich dachte, er sollte ein bisschen verprügelt werden. Das ist doch nicht weiter schlimm, wir prügeln uns doch öfters mal. Das ist doch nicht mehr als eine Art Sport. Aber so - nein, das habe ich nicht gewusst. Das hätte ich auch nicht mitgemacht.«
»Wie wär’s, wenn wir die Geschichte mal der Reihe nach hören könnten?«, schlug der Sergeant vor.
»Ach, da gibt’s nicht viel zu erzählen, Joss - so nennen wir ihn, er heißt Joseph Consola - also Joss wollte unbedingt, dass wir uns Pistolen besorgten. Ich habe mich nicht wohlgefühlt dabei, aber ich hatte auch nicht den Mut, auszusteigen. Ich musste in den Laden reingehen, den Joss ausgekundschaftet hatte. Burnys Waffengeschäft in der Watson Avenue, ich kannte den Laden, denn ich habe da oben mal Zeitungen ausgetragen. Ich musste reingehen und nachsehen, ob wirklich nur der Junge im Laden war.«
»Wer wusste denn, dass der alte Burny nicht da war?«
»Joss. Der wusste es. Von seinem Mädchen. Und die wird es wohl von dem Jungen haben, der den alten Burny einmal in der Woche abends vertritt. Die sind nämlich alle beide hinter Corry her.«
»Corry? Ist das Corinne Gibbs?«
»Ja, sicher doch. Joss sagte uns, er wollte den Jungen durch die Mangel drehen, weil der hinter Corry her ist, dabei wüsste doch jeder, dass Corry sein Mädchen wäre und so. Ich dachte, er wollte ihn ein bisschen verprügeln. Dass er wie ein Verrückter mit dem Messer auf den armen Kerl losgehen würde, konnte ich doch nicht ahnen.«
***
Max Lipin erzählte die ganze Geschichte bis in die letzten Einzelheiten hinein, nach denen sich der Sergeant durch immer neue Zwischenfragen erkundigte. Als er seine Erzählung beendet hatte, deutete er auf das Päckchen.
»Meine Pistole und ein Karton Munition«, sagte er. »Jeder von uns bekam eine Pistole und eine Schachtel Patronen. Den Rest hat Joss behalten.«
Hutchenrider nickte. Er warf Spine das Päckchen zu, der es geschickt auffing.
»Wir werden uns über die Sache noch unterhalten«, sagte der Sergeant. »Du scheinst ja ein ganz vernünftiger Bursche zu sein. Ich werde bei der Abteilung für Jugendstraftaten ein gutes Wort für dich einlegen. Jetzt habe ich nur noch eine Frage: Wer von den anderen Dreien wohnt am nächsten, wer kommt dann und wer wohnt von
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