0316 - Krakenfluch
als der Leibwächter von Carsten Möbius in allen Arten des Kampfsportes ständig fit hielt und an Kraft und Gewandtheit kaum einen ebenbürtigen Gegner hatte.
Sie war froh, daß er das Risiko des Kampfes auf sich nehmen wollte, während sie von der offenen Kabine des Führerhauses halb geschützt war.
»Wie soll ich steuern?« fragte sie.
»Halt auf den Bootssteg zu«, befahl Ullich. »Wir legen an und sehen nach, was überhaupt los ist!«
»Und wenn der Krake angreift?« wollte. Sabine wissen.
»Dann versuch, ihm auszuweichen. Wenn nicht, dann fahr über ihn hinweg!« empfahl der Junge, der schon auf dem Vordeck stand.
»Die Schraube am Heck wird ihm schlecht bekommen. Ich sage dir, wie du steuern mußt. Alles verstanden?«
»Aye, aye, Käpt’n!« versuchte Sabine Janner einen Scherz.
»Also, dann vergiß mal nicht, Moses!« sagte Michael Ullich, das Spiel mitmachend. »Backbord ist links und Steuerbord ist rechts!«
»Klar vorn und achtern!« rief ihm Sabine zu. Michael Ullich lächelte ihr noch einmal zu und ging dann in den Bug. Das Harpunengewehr hatte er im Hüftanschlag.
»Dann wollen wir mal sehen, ob Sabine heute vom Schiffsjungen zum Vollmatrosen aufsteigt!« sagte er zu sich selbst. Und dann sang er ein Lied, das er irgendwo mal in einer Hafenkneipe gehört hatte, summend vor sich hin.
»Und wenn auf dem Schiff was los ist – dann brüllt der Käpten: ›Moses! Du bist ein ganzer dummer Hund – und bringst das Schiff noch auf den Grund!‹«
Er ahnte nicht wie nahe er der Wirklichkeit kommen sollte…
***
»Doktor Masters. Kommen Sie zu sich! Bitte, erwachen Sie!« rief Loana. Aus der hohlen Hand sprühte sie Wasser aus einer Lache in das Gesicht des Wissenschaftlers.
Mit einem schrecklichen Aufstöhnen erwachte der Wissenschaftler: Loana sah, daß er die Augen verdrehte und wieder zurück ins Vergessen sinken wollte. Das Mädchen bemerkte, daß die vorher dunklen Schläfen des Doktors von dem schrecklichen Erlebnis ergraut waren.
»Nicht wieder ohnmächtig werden, Doktor Masters. Sie müssen wach bleiben. Wenn Dengei… wenn dieses … dieses gräßliche Wesen zurückkommt, dann müssen wir fliehen. Aber ich kann Sie nicht wegtragen. Sie sind zu schwer!«
»Ich… ich werde es versuchen!« stieß Masters hervor. »Denn er kommt zurück … ganz sicher … der Krake … er will mich!«
»Dann müssen Sie fliehen!« sagte Loana. »Kommen Sie mit in unser Dorf. Die Männer dort werden Sie beschützen!«
»Sie sollen es nicht wagen, das Biest anzugreifen!« warnte Owen Masters. »Ich will nicht, daß jemand getötet wird, nur weil ich…«
Er stockte einen kurzen Augenblick und würgte. Loana sah, daß ihm eine dicke Träne aus dem Augenwinkel lief.
»Ich war so vermessen, der Schöpfung in den Arm fallen zu wollen, Loana!« stieß er hervor. »Dieser Krake… es ist der gleiche, den du in dem großen Wasserbecken gesehen hast.«
»Haben die Versuche und Experimente Erfolg gehabt, Doktor Masters?« fragte die Insulanerin mit einer Mischung von Neugier und Abscheu.
»Das kann ich nicht sagen!« Masters war unsicher. »Aber ich weiß, daß der Teufel in dem Polypen steckt!«
»Diese wahnsinnigen Experimente mit Tieren sind verwerflich!« sagte Loana. »Aber das gleich mit dem Teufel in Verbindung zu bringen…!«
»Loana, wir haben keine Zeit, das alles genau zu erklären!« sagte Owen Masters und stemmte sich empor. »Wir müssen handeln. Die Bestie und das, was in ihm ist, will mich und wird mich jagen. Ich muß so schnell wie möglich weg von hier. Lauf weg und bring dich in Sicherheit. Ich danke dir für die Rettung – doch der Krake wird jeden töten, der mir helfen will. Er hat den Teufel in sich. Er wird von einem Dämonen regiert. Diese Bestie ist nicht zu besiegen. Oder wollt ihr gegen Höllenkräfte kämpfen?«
»Unsere Männer haben scharfe Messer und spitze Fischspeere…!« sagte Loana. Doch sie wußte genau, daß die Insulaner den mächtigen Kraken niemals angreifen würden. Sie hatte selbst an Dengei, die Große Schlange, gedacht.
Die Menschen von Koro-Koro würden nicht anders handeln. Doch im Unterschied zu Loana würden sie an die Göttlichkeit des Kraken glauben.
Loana hatte während ihrer Zeit auf der Schule auch Bücher gelesen, die mit Geisterglauben zu tun hatten. Eins dieser Werke hatte sie besonders gefesselt. Der Autor war ein gewisser Professor Zamorra und in einem Vorwort wurde mitgeteilt, daß es sich bei diesem Mann um einen Experten handelte, der
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