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0317 - Das Todeslied der Unterwelt

0317 - Das Todeslied der Unterwelt

Titel: 0317 - Das Todeslied der Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Todeslied der Unterwelt (2 of 2)
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jedenfalls nicht, schoß es Norman durch den Kopf. Freilich muß das noch nicht heißen, daß er tatsächlich seine Tante umbringen ließ. Nun, wir werden ja sehen…
    »Sie weint?« fragte Collins zögernd. »Aber - wieso denn? Was ist denn geschehen?«
    Im Grunde hatte er sich damit schon verraten. Wenn sie wirklich unschuldig gewesen wäre, war es doch ganz natürlich, daß sie noch einmal in Tränen ausbrach, wenn man ihr etwas zeigte, was sie an die Ermordung Ihres Mannes erinnern mußte. Das scheint er von vornherein für ausgeschlossen zu halten.
    »Nun«, brummte Pitterley mit einem Achselzucken. »Ich habe schon Männer weinen sehen, wenn ihnen klarwurde, daß sie lebenslang ins Gefängnis gehen müssen.«
    »Le… lebenslang?« wiederholte Collins tonlos. »Lebenslang ins Gefängnis?«
    »Ja«, bestätigte Norman. »Wir wissen jetzt genau, daß sie den Auftrag gab, ihren Mann zu ermorden, und daß sie für die Ausführung dieses bestellten Mordes eine nicht unbeträchtliche Summe zahlte.«
    »Das… das hat sie ge… gestanden?« stotterte Collins.
    Er schien langsam in eine Art Panikstimmung zu geraten. Sein Blick wurde unstet, seine Hände gerieten in fieberhafte Bewegung. Seine Lippen schienen plötzlich sehr trocken zu sein, denn er feuchtete sie jeden Augenblick mit der Zungenspitze an.
    »Oh, wir wissen jetzt auch noch mehr«, fuhr Norman fort. »Wir wissen nämlich, daß Sie sie dazu angestiftet haben, Collins.«
    Der Junge sprang auf.
    »Ich?« schrie er mit einer Stimme die kreischend klang. »Ich? Ich?«
    »Sie, ja.«
    Collins atmete heftig. Er warf sich herum und wollte zur Tür. Aber Sam Willton lehnte mit dem Rücken dagegen und lächelte ihm zu.
    Abermals warf sich Collins herum, so daß er wieder auf Norman Pitterley blickte, der gelassen hinter seinem Schreibtisch saß.
    »Das ist eine Lüge!« krächzte der Junge heiser. »Das ist gelogen! Das ist gelogen, gelogen, gelogen.«
    Wieder schrie er so laut, daß sich seine Stimme überschlug. Dabei hämmerte er mit den Fäusten auf den Schreibtisch.
    Weder Norman noch Sam taten irgend etwas, um seinen Wutausbruch in die Schranken zu verweisen. Sie beobachteten ihn nur aufmerksam.
    Als ihm klarwurde, daß niemand etwas erwiderte, hielt Collins plötzlich inne. Er starrte Norman wild an.
    »Diese Hexe«, keuchte er. »Diese verfluchte Hexe! Jetzt, wo sie aufgeschmissen ist, will sie wohl mit aller Gewalt andere mit ’reinziehen, was?«
    »Sie haben ihr also nicht den Rat gegeben, sie sollte ihren Mann umbringen lassen?« erkundigte sich Pitterley wie nebenbei.
    »Natürlich nicht! Ich bin doch nicht verrückt!«
    »Sie haben den Namen Albert Stein schon gehört?« forschte Norman.
    Collins schüttelte den Kopf, nachdem er den Bruchteil einer Sekunde gezögert hatte.
    »Nein.«
    »Kennen Sie einen gewissen Leo Moravius?«
    »Nein.«
    »Ich hörte, daß Ihre Tante vor einigen Wochen ums Leben gekommen ist?«
    Das Gehetztsein in den Augen des jungen Mannes war nicht zu übersehen. Er riß ein seidenes Tuch aus der Hosentasche und wischte sich ächzend die Stirn ab.
    »Sie - sie meinen…«
    »Ihre Tante«, wiederholte Norman ruhig. »Anna Hoare, nicht wahr? Eine ziemlich bekannte Persönlichkeit. Sie arbeitete im Vorstand eines Frauenvereins, sie ließ erbauliche Schriften drucken und verteilen, sie scheint es überhaupt sehr ernst genommen zu haben mit Moral und Tugend.«
    »Ja«, stieß Collins rauh hervor. »Ja, das tat sie.«
    »Wie ist sie umgekommen?«
    Collins schluckte ein paarmal. Norman Pitterley stand auf und beugte sich ein wenig vor. In seinem Gesicht stand noch immer die unpersönliche Freundlichkeit, die man einem Fremden gegenüber zeigt, mit dem man ein konventionelles Gespräch führt. Und ebenso gleichmäßig höflich klang seine Stimme, als er fragte:
    »War sie krank?«
    Collins war völlig durcheinander. Er tat das Dümmste, was er in seiner Situation tun konnte. Er klammerte sich verzweifelt an jeden Strohhalm, ohne zu erkennen, daß mancher Strohhalm ein Köder sein kann.
    »Ja, sie war krank«, bestätigte er heiser. »Irgendwas mit dem Herzen, glaube ich.«
    »Ach?« staunte Norman Pitterley und hob die Augenbrauen. »Wir haben zufällig die Unterlagen von der Mordkommission der Stadtpolizei über diesen Fall vorliegen. Es steht doch einwandfrei fest, daß sie ermordet wurde. Wußten Sie denn das nicht?«
    »Nein - eh - doch. Ja. Ich meine…«
    Er verhedderte sich zu einem zusammenhanglosen Gestammel.
    Norman Pitterley

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