0317 - Das Todeslied der Unterwelt
namens Slane Arondack kommt auf den Gedanken, daß sich schließlich auch eine Mordkommission mal irren könnte. Er selber will den Fall noch einmal aufgreifen, weil er immerhin in seinem Revierbereich geschehen ist. Das kann ihm niemand verwehren. Leider ist Arondack so bieder, daß er mit einer Menge Leute über sein Vorhaben spricht. Sie wissen ja, wie das mit diesen Revierpolizisten ist, wenn sie Jahre- oder gar Jahrzehntelang in ein und demselben Revier Dienst tun. Sie haben so viele Freunde, denen sie unbedingt vertrauen, daß sie mehr über ihre Arbeit erzählen, als vielleicht manchmal gut wäre.«
»Ich kenne das«, nickte Norman. »Wir hatten deshalb auch schon gelegentlich Ärger mit Revierpolizisten. Aber ich finde, Sir, daß uns ein Umstand zu denken geben sollte.«
»Nämlich?«
»Kaum hat Arondack in seiner Gegend einigen Leuten angedeutet, daß er von der Raubmordtheorie nicht so recht überzeugt ist, da wird auch schon ein Mordversuch auf ihn unternommen. Arondack wird nachts in einem Hausflur von dem Killer Lindner angefallen. Arondack kriegt ein Messer in die linke Schulter. Lindner zieht ein zweites Schnappmesser und will Arondack endgültig umbringen. Arondack hat unheimlich Glück gehabt, daß er es trotzdem noch fertigbrachte, seine Pistole abzufeuern.«
»Das sagen Sie!«
Norman stutzte.
»Das sage ich nicht bloß, Sir, das war so! Die Mordkommission hat die Spuren und das zweite Messer gesichtet. Jerry Cotton und Phil Decker haben als Unbeteiligte die Arbeit der Mordkommission in Ihrem Auftrag überprüft! Arondack hat hundertprozentig die Wahrheit gesagt!«
»Mensch, Pitterley«, seufzte der Staatsanwalt. »Das glaube ich ja auch. Aber es sieht so aus, als ob jemand Arondack arg in die Klemme bringen will.«
»Wieso denn?«
»Hören Sie zu. In dem Hause, in dem sich das abgespielt hat, wohnt unten drin eine Familie Andrew. Ordentliche, ehrliche Leute, soweit ich das in der Eile feststellen konnte. Aber vor zwei Stunden tauchte dieser Andrew mit noch einem Kerl hier auf. Und jetzt kommt die Geschichte! Andrew hat zunächst einmal erzählt, daß er an dem Abend Besuch von einem Freund gehabt hätte. Dieser Freund wäre ungefähr gegen Mitternacht gegangen.«
»Das war ungefähr die Zeit, wo Arondack im Hausflur von Lindner umgebracht werden sollte.«
»Richtig, Andrew hatte diesen Freund, der also praktisch ein Augenzeuge des Kampfes werden mußte, gleich mitgebracht. Und wissen Sie, was dieser Kerl bei mir offiziell zu Protokoll gibt?«
»Na?«
»Er hätte mit eigenen Augen gesehen, daß Arondack den Jungen ohne jeden Grund angegriffen hätte. Er soll ihn zweimal mit dem Lauf der Pistole geschlagen haben, noch bevor Lindner ein Messer oder sonst was in der Hand gehabt hätte. Erst unter den wütenden Angriffen des Detektivs hätte Lindner in letzter Notwehr zum Messer gegriffen. Und da hat Arondack ihn dann erschossen.«
Norman holte tief Luft.
»Das ist gar nicht so übel ausgedacht«, knurrte er. »Wenn es schon nicht gelang, Arondack umzubringen, dann kann man jetzt wenigstens versuchen, ihm einen Mord anzuhängen. Wie heißt denn dieser sagenhafte Freund des ehrenwerten Mr. Andrew?«
»Er nannte sich Stuck Eavens.«
***
Es war ein paar Minuten vor halb zwölf, als wir am Bowling Green ankamen, jenem birnenförmigen Grünplatz zwischen Cunard Boulding und Zollhaus im südlichsten Zipfel von Manhattan.
Den Jaguar stellten wir in der Morris Street ab, einer kleinen Seitenstraße, wo man jetzt, mitten in der Nacht, endlich mal einen Parkplatz erwischen konnte.
Zu Fuß setzten wir unseren Weg fort zur Battery Plaza.
Wenn man vom Bowling Green kommt, liegt die Einfahrt zum Brooklyn-Tunnel gleich rechts von der Plaza, die kein Platz, sondern eine Straße ist.
Ein paar Minuten standen wir schweigend herum und warteten, dann tauchten die beiden Gangster auf, die wir hier treffen sollten.
Die Tunneleinfahrt ist taghell erleuchtet, so daß man auch auf dem größten Teil der Battery Plaza nachts bequem eine Zeitung lesen kann.
Als Gill Verward und Bucky Lane nahe genug heran waren, daß sie uns erkennen konnten, blieben sie überrascht stehen.
Verwards Hand kletterte wieder einmal am Rock empor.
»Laß die Kanone sitzen«, rief ich ihm leise zu. »Der Boß hat uns geschickt.«
»Das glaubst du doch selber nicht«, knurrte er böse.
»Woher sollten wir denn sonst wissen, daß wir euch hier um halb zwölf treffen, he?« fragte ich zurück.
Sie flüsterten
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