0318 - Auf der Straße des Grauens

Titel: 0318 - Auf der Straße des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auf der Straße des Grauens

Vom Netzwerk:

uns herüber.
    »Warten wir!«, sagte ich.
    Wir fanden eine Haustürnische, von der aus wir den Kneipeneingang und den Chevrolet gut im Auge behalten konnten.
    »Ich bin gespannt, wen er in dieser Gegend treffen will«, flüsterte Phil. »Die Sackett Street taugt nicht mehr als jede Straße in der Bowery.«
    »Das ist er«, sagte ich leise, denn Rapp verließ im gleichen Augenblick die Kaschemme. Im Licht der Neonröhre über dem Eingang erkannte ich sein Gesicht so deutlich, als stünde ich nah vor ihm. Er überquerte den Bürgersteig und trat auf die Fahrbahn zu, um zu seinem Wagen zu gehen. Sein Gang war schleppend und langsam - der Gang eines müden ausgelaugten Mannes.
    Als er die Fahrbahnmitte erreicht hatte, geschah es.
    ***
    Phil und ich haben uns später nie darüber einigen können, ob die Helligkeit oder das Brüllen zuerst da waren. Heute glaube ich, es geschah gleichzeitig.
    Das Licht schlug wie etwas Körperliches in die Dunkelheit der Straße. Weißes, grelles Licht, von dem uns die Augen schmerzten.
    Gleichzeitig mit dem Licht sprang das Brüllen auf, ein jaulendes, tief ansetzendes Geräusch, das sich in Sekundenschnelle steigerte zu einem irrwitzigen Jaulen, als heulte ein Düsenjäger zwei Fuß über dem Pflaster durch die Straße.
    Ich sah die heranschießenden Lichter. Geblendet von der grellen Helligkeit traten mir die Tränen in die Augen. Der höllische Krach schlug wie der Meißel eines Presslufthammers gegen meine Trommelfelle, und doch vermochte ich zu erkennen, dass hinter dem Licht etwas Langes, Niedriges heranschoss, genau auf Harry Rapp zu, der wie versteinert auf der Straßenmitte stand, unfähig sich zu rühren.
    Rapps Gestalt warf plötzlich einen langen Schatten, der so lang gezogen und verzerrt war, wie die Bahn aus weißem Licht, die sich in die Straße hineinfraß. Dann war das Schwarze, geduckte heran. Rapps Schrei ging in dem jaulenden Gebrüll unter. Sein Körper wurde hochgeschleudert, als würde er von einem Trampolin in die Luft geschnellt. Er überschlug sich in einem grotesken Salto, und noch bevor der Körper auf das Pflaster zurückfiel, schoss der Wagen an uns vorbei, ein niedriger, lang gestreckter Sportwagen, ein Auto, nichts anderes.
    ***
    Phil und ich rissen die Kanonen gleichzeitig aus den Halftern, aber wir kamen beide nicht zum Schuss. Der grelle Lichtschein verschwand wie ein verzuckender Blitz. Das Brüllen verwandelte sich in das satte Brummen eines schweren Automotors. Die Dunkelheit schluckte das schwarze Mordauto. In wenigen Sekunden verhallte auch das Motorengeräusch.
    Phil machte eine Bewegung, als wolle er zum Falcon stürzen. Ich erwischte seinen Arm.
    »Zwecklos!«, schrie ich. »Wir können ihn nicht einholen! Alarmier die Streifenwagen! Die Kneipe hat sicher Telefon. Stopp den Mann, mit dem Rapp gesprochen hat.«
    Wir rannten beide über die Straße, Phil auf die Kneipe zu, ich zu dem reglosen Körper Harry Rapps, der zehn Schritte von der Stelle entfernt, an der der Wagen ihn erfasst hatte, am Fahrbahnrand lag.
    Auf den ersten Blick schien er unverletzt zu sein, aber als ich mich über ihn beugte, starrten mich seine Augen blicklos an. Ich fasste sein Kinn. Sein Kopf gab dem Druck meiner Hand nach. Harry Rapp hatte sich das Genick gebrochen.
    Mit wenigen Griffen durchsuchte ich seine Taschen. Ich fand keine Waffe und nichts Besonderes mit Ausnahme eines zusammengeknüllten Papierfetzens.
    Ich wickelte ihn auf, fühlte einen kleinen, aber relativ schweren Gegenstand in meiner Hand, und als ich ihn so hob, dass das Licht der Neonröhre über der Kaschemmentür auf ihn fiel, blitzte und glitzerte er.
    Es war ein großer, massiver Ring mit einem Smaragd in der Mitte, umgeben von Brillanten, Eleonor McLeans Ring.
    Ich richtete mich auf, und ich glaube, ich starrte sekundenlang auf diesen Ring, den der Fahrer eines schwarzen brüllenden Geisterautos von der Hand der Frau gerissen hatte, und den ich nun in der Tasche des Mannes fand, der von genau demselben Wagen zu Tode gefahren worden war. Ich verstand die Zusammenhänge nicht. Gab es zwei schwarze, schnelle Autos, Wagen, die mal hier, mal da auftauchten und verschwanden? War Rapp nur ein Komplize? War der Ring sein Anteil an der Beute?
    Ich schob den Ring in die Tasche und ging zur Kneipe hinüber.
    ***
    Es war eine richtige Kaschemme, eine verräucherte, schmierige Bude. Ein halbes Dutzend Männer drängten sich in einer Ecke zusammen. Sie starrten mit finsteren und unruhigen Blicken auf Phils 38er,