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032 - Seelenträger

032 - Seelenträger

Titel: 032 - Seelenträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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all seine Gedanken verfolgen konnte! Hastig drängte Matt alle Überlegungen zur Physiognomie der Fischwesen zurück. »Wie geht es jetzt weiter?«, fragte er hastig, um sich abzulenken.
    »Du brauchst nur Körperkontakt aufzunehmen«, erklärte Bol'gar, »den Rest übernimmt Quart'ol. Er kennt sich damit aus; es ist bereits seine zweite Seelenwandlung.«
    Bol'gar dirigierte Matthew mit sanftem Druck an das Kopfende der Korallenliege.
    Vorsichtig presste er jeden einzelnen Menschenfinger gegen den regungslosen Fischschädel des Klons, als ob er ein genau vorgeschriebenes Ritual befolgte. Die schuppige Haut fühlte sich abstoßend kalt an, trotzdem drückte Matt so fest zu wie er konnte, in der Hoffnung die Übertragung dadurch zu unterstützen.
    »Entspann dich einfach«, riet Bel'ar.
    »Der Rest geht von alleine.«
    Matt nickte tapfer, obwohl ihm plötzlich mulmig wurde. »Ich hoffe, das Ganze geht ohne große Blessuren für mich ab.«
    Betroffenes Schweigen war die einzige Antwort, die er erhielt. Ehe ihn dieser Umstand alarmieren konnte, raste bereits ein sengender Schmerz durch seine Arme. Es fühlte sich an, als wären die Adern mit Kerosin gefüllt, das schlagartig entflammte. Die Feuerwalze versengte seine Fingerspitzen, bevor sie sich mit aller Macht in die Schläfen des Klon einbrannte.
    »Dein Körper ist jung und kräftig, Maddrax«, hörte er Bel'ar wie hinter einem rauschenden Wasserfall. »Du wirst es bestimmt überleben.«
    Ihr ängstlicher Gesichtsausdruck widersprach den aufmunternden Worten, doch Matt hörte sowieso nicht mehr hin.
    Er hatte genug damit zu tun, seinen Körper unter Kontrolle zu bekommen. Sein Brustkorb vibrierte schneller als ein Zitteraal.
    Matt versuchte seine Hände zu lösen, um den schmerzhaften Vorgang abzubrechen, doch es ging nicht. Unter normalen Umständen wäre er längst ohnmächtig geworden, doch der verbliebene Rest von Quart'ols Verstand hielt ihn bei Bewusstsein, um die Seelenwanderung nicht zu gefährden.
    Erst als die Übertragung vollständig abgeschlossen war, brach der alles verzehrende Schmerz ab. Der abrupte Schock ließ Matts Nervensystem kollabieren.
    Zuckend sank er zur Seite.
    Bel'ars Schrei drang wie aus weiter Ferne zu ihm, aber dass sie sich entsetzt über ihn beugte, nahm er schon nicht mehr wahr.
    ***
    21. April 2005, Jagd-U-Boot Kiew
    Irgendwo im Atlantik
    Erst der vierte Tag auf See, seitdem die islamistischen Terroristen an Bord gekommen waren. Trotzdem machte sich Langeweile breit. Bei normalem Betrieb fuhr die Kiew praktisch von alleine, dafür sorgte modernste Computer- und Anlagentechnik. Eine Handvoll Offiziere genügte zur Überwachung. Selbst die Amerikaner waren von dem vollautomatisierten Prototypen begeistert.
    Darum waren sie auch bereit, für die Konstruktionspläne fünf Milliarden Dollar an die russische Regierung zu zahlen.
    Kapitänleutnant Bajgarin starrte verbissen auf das Kontrollpaneel des Rudergängers, um nicht zum tausendsten Mal über den Verrat der Vorgesetzten zu hadern. Doch so sehr er sich auch bemühte, die Daten über Lästigkeit, Winkel, Kurs und Tauchtiefe zu erfassen, sie wurden immer wieder von der Wut beiseite gefegt, die in ihm hoch kochte.
    Zwanzig Jahre lang hatte er seinem Vaterland treu gedient, obwohl seine Familie in Widjajewo in einer baufälligen Siedlung für Marineangehörige leben musste, in der es fünfzig Mal so viele Ratten wie Mieter gab. Seit der Perestrojka hatte er alle Demütigungen, alle Zurückstufungen über sich ergehen las39 sen. Selbst als seine Tochter im letzten Winter eine Fehlgeburt erlitt, weil die Fernwärmeleitung wieder mal im Frost geborsten war, hatte er von seiner Frau Disziplin verlangt. Nur wenn die Offiziersfamilien mit gutem Beispiel vorangingen, so hatte er ihr erklärt, könne die schlechte Moral der Truppe vor weiterem Absinken bewahrt werden.
    Natascha hatte ihn daraufhin verlassen.
    Ein Schlag, von dem er sich nicht wieder erholt hatte. Alles was ihn in dieser schweren Zeit noch aufrecht hielt, war seine Mitarbeit am Projekt 2005: eine Glanzleistung russisch-ukrainischer Wissenschaft, der Stolz der Krimflotte, der Beweis, dass Vaterlandstreue nicht umsonst war.
    Bis zu dem Tag, als er erfuhr, dass Moskau seine Ideale verschachert hatte.
    Angeblich um mit dem Geld neue Wirtschaftszweige zu fördern, doch jeder wusste, dass die Milliarden nur in dunkle Kanäle versickern würden. Alle hielten sie die Hand auf. Die korrupten Politiker, die Schieber, die Mafia - nur die

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