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032 - Seelenträger

032 - Seelenträger

Titel: 032 - Seelenträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Flossenquasten höhnisch an und knarzte: »Hoppla, was werft ihr Mer'ota denn vor? Dass er mir das Gastrecht in seinem Körper eingeräumt hat?«
    Erneut hallten Missfallensbekundungen von der Kuppelwölbung wider.
    Die Wachen rückten näher heran und schwangen ihre Schockstäbe. Eine sinnlosen Drohgebärde. Sie hatten kein Recht, die Waffen ohne triftigen Grund gegen ihn einzusetzen. Niemand wusste das besser als der ehemalige HÖCHSTE des HydRats.
    Durch die Bullaugen, die sich wie eine punktierte Linie um das obere Sphärendrittel zogen, gafften neugierige Hydriten zu ihnen herein. Wo waren nur die guten Manieren geblieben?
    Rab'sol trommelte nervös auf seiner Kanzel herum, die aus dem Oberteil einer weißen Riesenmuschel gefertigt war.
    Der pedantische Paragrafenreiter konnte es einfach nicht ertragen, dass im Buch Ei'dons kein Absatz über die Bestrafung von körperlosen Seelen zu finden war.
    »Natürlich seit Ihr es, der einer Verfehlung angeklagt wird, Quan'rill«, übernahm der ZWEITE das Wort. Seine Stimme war so dunkel wie ein Nebelhorn, als er fortfuhr: »Ihr leugnet also nicht, dass Ihr es seid, der den Körper des bedauernswerten Mer'ota mit Leben füllt?«
    »Warum sollte ich? Deine Gehirnwellenscans haben es eindeutig bewiesen, Kai'rag. Im Übrigen erlangt der Bedauernswerte durch meine Seelenwanderung eine befriedigende Existenz, wie sie sich seine Mutter immer für ihn erwünscht hat.« Vor allem seit er San'ota dafür diverse Annehmlichkeiten aus den Bionetiklabors verschaffte. Aber das musste niemand erfahren.
    Seine forsche Antwort löste erneut Unmut aus, doch nicht bei allen neun Ratsmitgliedern. Besonders unter seinen Wissenschaftskollegen hatte er gute Vorarbeit geleistet. Quan'rill kannte die Begehrlichkeiten seiner Zunft, und er wusste auch genau, womit er die Politiker ködern konnte.
    »Ihr wollt doch wohl nicht leugnen, dass es moralische Probleme aufwirft, wenn Ihr den Geist eines anderen Hydriten unterjocht«, unterbrach der HÖCHSTE seine Überlegungen. »Auch ein Minderbegabter wie Mer'ol hat das Recht auf seine eigene Persönlichkeit.«
    Quan'rill nickte ernst, obwohl er am liebsten laut losgelacht hätte. Seine Verbündeten im Tribunal hatten ihm längst gesteckt, dass Rab'sol einzig und allein von der Furcht geplagt wurde, dass er das nächste Opfer von Quan'rills Seelenwanderung sein könnte. Als wäre diese greise Hülle für ihn von Interesse! Trotzdem war es an der Zeit, die Ängste der Ratsmitglieder zu zerstreuen.
    Mit weit ausholenden Gesten setzte Quan'rill zu einer Rede über Ursache und Verlauf seiner Forschungen an, die in der Erklärung gipfelte, dass es ihm lediglich um eine weiterführende Existenz ginge, die ihm niemand verwehren dürfe.
    »Statt sich vor der neuen Evolutionsstufe zu fürchten, die ich erreicht habe, sollte dieser Rat lieber die Chance begreifen, die ich dem Volk der Hydriten biete«, schloss er mit pathetischem Dröhnen, das die ganze Kuppel erfüllte. Dann spielte er seinen besten Trumpf aus:
    »Schon in wenigen Generationen wird die Seelenwanderung so gewöhnlich sein wie Perlen in einer Auster. Jeder Einzelne von euch hat die Möglichkeit, meinem Beispiel folgen und damit der Nachwelt sein Wissen und Können zu erhalten.«
    Seinen Worten schloss sich ein Moment absoluten Schweigens an, in dem selbst das Schwingen eines Seetangblatts zu hören gewesen wäre.
    »Ihr wollt damit andeuten, dass es anderen Hydriten möglich wäre, gleiche Fähigkeiten zu entwickeln?«, stieß der HÖCHSTE überrascht hervor. Das begehrliche Glitzern in seinen Augen war nicht zu übersehen.
    »Diese Handlungsweise wäre nicht weniger verwerflich als einen neuen Mar'os- Kult zu gründen!«, schrie der ACHTE aufgeregt dazwischen. Er war erst siebzig Rotationen alt und dachte noch nicht viel über die Endgültigkeit des Todes nach.
    »Vergleicht mich gefälligst nicht mit diesen gewalttätigen Fleischfressern«, konterte Quan'rill kühl. »Ich will Leben schenken, nicht nehmen.«
    Zustimmendes Gemurmel wurde laut.
    Alle jene, deren Quan'rill sich sicher wähnte, ergriffen nun offen für ihn Partei.
    Einige Unentschlossene musste aber noch gewonnen werden, wenn er eine Mehrheitsentscheidung zu seinen Gunsten erzwingen wollte.
    Nun war Kal'rag an der Reihe.
    »Es gibt da eine Möglichkeit, wie wir Quan'rill einen neuen Körper geben können, ohne die Persönlichkeitsrechte eines Dritten zu verletzten«, erklärte der ZWEITE umständlich.
    Alle Blicken richteten sich

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