0320 - Der Fluch von Babylon
etwas schuldig. Er hat mich aus der Gefangenschaft zurückgeholt, denn zu meinen Lebzeiten als Sarazene betete ich nur ihn an. Und er gab mir auch dieses Schwert mit den beiden verschiedenen Klingen. Wenn ich mit der silbernen Schneide zuschlage, wirst du zum Skelett. Mit der blauen, die eine stärkere Magie beinhaltet, wirst du unsichtbar, zu einem Geist, der die Dimensionen durchwandert und sich einen Körper aussuchen kann, den er wieder zum Leben erweckt. Hast du es verstanden?«
»Ja, es war mir schon zuvor klar.« Suko kam wieder auf die beiden Menschen zu sprechen, deren Hinrichtung sie miterleben sollten. Er wollte Okastra von seinem Plan abbringen. »Wir glauben dir auch so, Okastra, du brauchst die Menschen nicht zu töten. Laß diesen Gideon und auch Judith leben! Tu einmal in deinem Leben ein gutes Werk und sei nicht…«
Der Sarazene drehte durch. Er bekam Wut. Aus dem Nebel schleuderte er die Schwertspitze, und Suko hatte plötzlich das Gefühl, als sollte er in zwei Hälften geteilt werden. Er sah die wallenden Schleier dicht vor sich und auch die Umrisse der braunen Gestalt, die überhaupt nicht existent war, denn Suko hatte hindurchgefaßt. Die Spitze der Waffe befand sich dicht vor Sukos Hals.
»Ich habe versprochen, die beiden zu töten, und dieses Versprechen werde ich einhalten. Da kannst du dich noch so wehren, ich bekomme immer, was ich will.«
»Ja, ja, schon gut«, sagte Suko. Er hoffte, daß sich der andere wieder beruhigt hatte.
Okastra hatte es in der Tat. Er drehte sich um und deutete schräg in den Hof hinein.
Da kamen die Gefangenen. Eine dunkelhaarige Frau und ein bewaffneter Mann.
Selbst Okastra schien das zu irritieren. Damit hatte er wohl nicht gerechnet. Er sah die Rüstung des Mannes und in dessen rechter Hand ein Kurzschwert mit breiter Klinge. Ein Helm saß auf dem Kopf des Kämpfers. Das Visier war hochgeklappt. Neben ihm schritt die halbnackte Frau, die Judith genannt worden war, und Suko vernahm plötzlich den gellenden Schrei des Mannes.
Er lauschte der Stimme schüttelte dabei den Kopf und spürte die Gänsehaut auf seinen Körper.
Der Mann, der da geschrien hatte, das war…
Nein, das konnte nicht sein.
Oder doch…?
***
Irgendein Witzbold hat mal den Spruch aufgebracht: Durst ist schlimmer als Heimweh.
Ich hatte beides.
Die Zunge klebte mir am Gaumen, meine Kehle war trocken vom Staub, und ich verspürte tatsächlich ein großes Heimweh nach London und vor allen Dingen nach meiner Welt.
Hier in dieser fernen Vergangenheit hockte ich gefangen in einem engen Tal, das nur einen zugeschütteten Ausgang besaß. Ich war so schrecklich allein.
Als Torkan hatte ich gegen die Leichenvögel gekämpft. Mir wäre lieber gewesen, sie wären erschienen, dann hätte ich wenigstens etwas zu tun gehabt, aber nur hier zu sitzen und zu starren, war überhaupt nicht mein Fall.
Einsamkeit kann schlimm sein und führt letztendlich zu Depressionen.
Auch ich machte keine Ausnahme. Mich plagten schwermütige Gedanken.
Wenn ich den Kopf hob und auf die dunklen, mich einschließende Felsen schaute, hatte ich das Gefühl, als würden sie mich auf gespenstisch stumme Art und Weise auslachen.
Bei jedem Knacken, das ich vernahm, hob ich den Kopf, schaute auf und wartete auf eine Bewegung. Zumeist war es nur ein Stein, der irgendeinen kleinen Hang hinabgerollt war.
Hin und wieder sah ich die Toten.
Bleiche Hände, Arme oder Beine, die unter dem tonnenschweren Gestein hervorschauten. Der große Götze Baal hatte furchtbar gewütet, und er nahm auf nichts Rücksicht.
Ich dachte wieder an die Opfer, die ihm in der folgenden Nacht dargebracht werden sollten. Es war noch nicht dunkel, lange würde die Finsternis aber nicht auf sich warten lassen, denn der Ausschnitt des Himmels hoch über mir wurde grauer und grauer.
Er war bewegungslos und erinnerte mich in manchen Augenblicken an eine Leinwand, vor der sich plötzlich etwas Dunkles abzeichnete.
Ein Tier!
Es flog hoch über meinen Kopf, und sofort dachte ich wieder an die Leichenvögel.
Ein Exemplar von ihnen sah ich dort. Wahrscheinlich war es von Baal geschickt worden, um mich zu beobachten. Ich verzog den Mund. Sollte der Vogel schauen, wie er wollte, mir war es egal. Sicherheitshalber lockerte ich die Beretta. Wenn er zu nahe kam, würde ich ihm eine Kugel ins Gefieder jagen.
Tagsüber hatten sich die Steine in dem Tal aufgeheizt. Jetzt, wo die Luft abkühlte, gaben sie diese Hitze wieder ab, so daß ich mir wie auf einem
Weitere Kostenlose Bücher