0321 - Freitag - Mordtag
zuständige Wärter am Morgen in die Zelle schaute, war sie leer. Keine Spur von Zack Yvon.«
»Und außerhalb des Zuchthauses?«
»Haben wir auch nichts entdeckt!«
Ich deutete durch die Sichtscheibe nach draußen. »Wie kann er denn über die Mauer gekommen sein?«
Aus dem Hintergrund meldete sich einer der Männer. »Vielleicht ist er geflogen.«
»Machen Sie keine Scherze, Madstone«, fuhr ihm Janssen in die Parade. »Der Fall ist traurig genug.« Er wandte sich wieder an uns.
»Wir hatten jahrelang keinen Ausbruch. Vor allen Dingen nicht nach der Renovierung, als wir die Sicherheitsanlagen auf den modernsten Stand brachten. Es ist mir einfach unbegreiflich, wie so etwas geschehen konnte. Tut mir leid, ich komme da nicht mit.«
Auch ich hatte mir die Worte des Mannes durch den Kopf gehen lassen. Nach menschlichem Ermessen war eine Flucht aus dem Zuchthaus unmöglich. Dennoch hatte Zack Yvon den Komplex verlassen können. Wer half ihm dabei? Außer Suko wäre von den mich umstehenden Männern keiner auf die Idee gekommen. Ich aber dachte sofort an Schwarze Magie. Für mich gab es keine andere Möglichkeit.
Zudem hatte mich Myxin gewarnt, und wo er auftauchte, war Magie mit im Spiel.
»Könnten wir denn die Zelle des Gefangenen einmal sehen?«
Janssen hob die Schultern. »Sie werden nichts finden. Was hätte das für einen Grund?«
»Trotzdem.«
»Wenn Sie darauf bestehen.«
»Ja.«
Bevor wir gingen, traf über Funk noch eine Meldung ein. Man hatte vieles gefunden, von einer ausgerissenen Katze bis hin zum Penner und einigen Jugendlichen, die Haschisch bei sich trugen, aber Zack Yvon war nicht gefaßt worden.
»Der ist schon in London«, befürchtete Janssen.
Ich gab keinen Kommentar. Auch Suko hielt sich zurück. Dafür gingen wir. Auf und über den Hof brauchten wir nicht, denn es gab von der Portiersloge eine Verbindungstür, die in einen seitlichen Komplex des Zuchthauses führte.
Gange und Türen. Das hohle Klingen der Schritte, die großen Galerien mit den Innenhöfen, das alles war mir bekannt, das widerte mich auf gewisse Weise an.
Türen über Türen. Die meisten verschlossen. Dahinter Menschen, Schicksale. Manchmal hörten wir auch Stimmen. Einige unter ihnen klangen verzweifelt. Sie wollten raus, wie eben Zack es ihnen vorgemacht hatte.
Der Direktor merkte mir die Betroffenheit an. Er hob die Schultern und sagte: »Vergessen Sie nie, Mr. Sinclair, daß hier nur Schwerverbrecher untergebracht sind. Mörder und…«
»Aber auch Menschen.«
»Das stimmt.«
»Ich kenne viele Tiere, die besser als Ihre Gefangenen behandelt werden, Sir.«
»Das kann ich mir vorstellen. Auch unsere Mittel sind begrenzt. Ich meine die finanziellen.«
Leider war es so.
Janssen besaß einen Universalschlüssel. Er klimperte damit am Gitter entlang und sagte: »Yvon war in einem besonderen Trakt untergebracht. Er lebte in einer Einzelzelle.«
»Gab es dafür einen Grund?« fragte Suko.
Janssen antwortete, während er die Tür aufschloß. »Und ob es den gab, meine Herren. Schließlich hatten wir es mit einem mehrfachen Mörder zu tun.«
»Der sich nicht besserte?«
Er schaute uns erstaunt an, als er die Tür öffnete. »Nein, gebessert hat er sich nicht.«
Das war auch kaum möglich in diesem kleinen Trakt, in dem sich die zehn Einzelzellen befanden. Sie lagen sich praktisch gegenüber.
In dem Geviert stand ein Tisch, an dem normalerweise Tag und Nacht ein Wärter hockte. Jetzt waren Tisch und Stuhl verwaist.
»Sind alle Zellen belegt?« wollte ich wissen.
»Nur drei.«
Vor der Tür, die dem Eingang gegenüberlag, blieben wir stehen.
Ich wußte nicht, aus welchem Material sie genau bestand, jedenfalls zeigte sie eine Haut aus Stahl. Ein Guckfenster, das von außen hochgeklappt werden konnte, war ebenfalls vorhanden.
Der Zuchthausdirektor schloß auf. »Aus dieser Zelle ist er entkommen. Unmöglich, sage ich jetzt noch.«
Sekunden später schauten wir in die enge, muffig riechende Zelle mit dem schmalen Fenster. Die Toilette war ohne Deckel, das Waschbecken, das Lager, der Tisch, der Stuhl und die mit Zeitschriften beladenen Regale an den Wänden waren uralt.
Das alles empfand ich noch als normal. Als nicht normal sah ich nach den Ereignissen den Mann an, der auf der Bettkante hockte und uns entgegengrinste.
Zack Yvon!
Suko stand rechts von mir, der Zuchthausdirektor an der anderen Seite.
Während der Chinese und ich zwar auch überrascht waren, fiel Janssen fast in Ohnmacht. Ich hörte
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