0322 - Leonardos Höllenwurm
können.
Leonardo hatte es aus der Ferne mit einem konzentrierten magischen Gedankenschlag abgeschaltet.
***
Bjern Grym vernahm das Geräusch hinter sich. Irritiert drehte er den Kopf und sah den Wurm, der sich an der Kabinentür aufrichtete. Das Biest war so groß wie ein Krokodil.
Grym erstarrte.
Wie kam das Biest in die geschlossene Kabine?
Mit einem Griff erreichte er den Notschalter. Schlagartig wurden die Maschinen ausgeschaltet. Das verhinderte, daß bei einem eventuellen Kampf in der Kanzel, mit dem der Schwede rechnete, unkontrollierte Steuerbewegungen ausgeführt werden konnten. Das Boot würde mit der Restgeschwindigkeit auf Geradeauskurs langsamer werden und schließlich nur noch dahintreiben.
Aber das war nur die eine Angelegenheit. Die andere war dieser Riesenwurm an sich, der noch zu wachsen schien. Es kam Bjern vor, als sei das Biest in der letzten halben Minute um eine Handspanne größer geworden.
Bjern stöhnte auf. Der Schweiß brach ihm aus, als das Ungeheuer sich bewegte und zwei seiner vier Scherenarme vorstreckte. Und zur Tür kam er nicht mehr hinaus, da das Biest direkt davor hing. Es gab auch keine Fenster, die er hätte nach außen sprengen können. Hier ging alles über Bildschirm.
Er saß hier fest, von dem Monsterwurm gefangen.
»Ein Alptraum«, murmelte er. »Das kann nur ein Alptraum sein.« Eine solche Kreatur gab es auf der ganzen Erde nicht. Dagegen war selbst das legendäre Ungeheuer von Loch Ness ein harmloses Würmchen - wenn man die Größe einmal außer acht ließ.
Ein wahnsinniger Gedankenblitz durchzuckte Bjern. Sollte auf irgend eine Weise dieser Giovanni in der Geschichte drinstecken? Er war angeblich an Bord der Yacht gesehen worden. Hatte Giovanni Grym dieses Biest eingeschmuggelt, das immer noch wuchs und bald die Steuerkanzel mit seiner Körpergröße zersprengen würde? War Giovanni anschließend gestorben, weil eine magische, dämonische Macht im Hintergrund keine Mitwisser haben wollte?
Das mußte es sein.
Magie war hier im Spiel, das war Bjern längst klar. Anders konnte diese Bestie nicht entstanden sein.
Sie pendelte leicht hin und her. Die großen Facettenaugen glotzten bösartig. Bjern wußte, daß das Biest ihn nicht einmal anzuspringen brauchte, um ihn zu ergreifen. Es wuchs weiter, und in wenigen Minuten würde es groß genug und die Scherenarme lang genug sein.
Ihm mußte schleunigst etwas einfallen, womit er des Ungeheuers Herr werden konnte. Einen direkten Angriff wagte Bjern nicht. Er hatte vor dem säureartigen Sekret einen höllischen Respekt. Das Vieh brauchte ihn bloß anzuspucken…
Er mußte es anders versuchen.
Die Kanzel unter Strom setzen? Das würde ihn selbst mit umbringen, weil er keine Isolierschuhe trug, und zweitens mußte er erst Verkleidungen abreißen. Das kostete Zeit, die er keinesfalls hatte.
Ihm blieben nur zwei Möglichkeiten.
Unter den Scherenklauen des wurmartigen Ungeheuers zu sterben - oder sich seiner Para-Kräfte zu entsinnen und sie einzusetzen…
***
»Es wird eine Täuschung sein«, sagte Nicole. »Die Höllenmagie schlägt vielleicht zweimal an derselben Stelle zu, nicht aber dreimal. Das ist mir doch ein wenig zu unwahrscheinlich. Das Amulett ist ausgeflippt. Warum sollte es nicht auch einmal urlaubsreif sein?«
Zamorra grinste freudlos. »Urlaubsreif… hoffentlich entwickelt es nicht wirklich allmählich eine eigenständige Persönlichkeit.«
»Dieser Blechdeckel?« Nicole schüttelte den Kopf. »Cherie, wir sollten nicht immer davon ausgehen, daß jedesmal dort, wo wir sind, etwas geschieht. Wir setzen es einfach voraus, weil’s dreihundertzwanzigmal oder öfter passiert ist, daß wir es gar nicht so recht glauben können, daß beim dreihundertzweiundzwanzigsten Mal nichts geschieht. Wir fiebern nach einem schwarzmagischen Angriff, weil wir es gar nicht mehr anders kennen, und sehen Gespenster.«
»Oder weiße Spinnen«, murmelte Zamorra.
Er deutete auf eines der T-Shirts. Nicole hatte auf Aprils Seidenfummel eine faustgroße Spinne gestickt, mit weißem Garn. Das Insekt sah lebensecht aus. »Fehlt nur noch das Netz«, sagte Zamorra.
»Dann würde es kitschig. Nein, der Fetzen ist fertig. Im Moment arbeite ich an deinem.«
»Darf ich’s sehen? Mal ganz abgesehen davon, daß mir ein einfaches Shirt doch eigentlich gut genug wäre…«
»Du sollst ja nicht neben mir verblassen«, sagte Nicole und präsentierte die Umrisse einer riesigen, ebenfalls weißen Fledermaus. »Die muß ich noch
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