0322 - Leonardos Höllenwurm
Schuppenbeinen. Und dann explodierte die Bestie.
Über dem Deck der Yacht bildete sich binnen Sekundenbruchteilen eine winzige Sonne, die ihre gesamten Energien blitzartig verstrahlte, und nichts blieb von ihr übrig.
Und in der brennenden Steuerkanzel der dahintreibenden Yacht lag ein bewußtloser Mann…
***
Vom Swimming-pool der Hedgeson-Villa aus sah auch Professor Zamorra das Aufblitzen weit draußen auf dem Gardasee, im Westen, etwa in der Richtung, die auch das Amulett gewiesen hatte. Aber Merlins Stern regte sich nicht mehr. Demzufolge konnte dort auch nichts sein.
Fehlalarm…
Und das Aufblitzen war wohl nur ein Lichtreflex der Abendsonne auf einem Schiff. Vielleicht der Spiegelmast einer Radaranlage, wie sie auch auf Binnenschiffen häufig verwendet wurde. Das war alles.
Zamorra zuckte mit den Schultern. Wann wurde Nicole endlich mit ihrer verflixten Handarbeit fertig? Wenn das noch lange dauerte, brauchten sie gar nicht mehr an ihren geplanten Waldspaziergang zu denken.
Die ersten Gäste rollten bereits an. Zamorra seufzte. Es wurde Zeit.
***
Wenige Augenblicke zuvor stand plötzlich ein hochgewachsener blonder Mann neben dem in Peschiera parkenden schwarzen Cadillac. Er riß die Tür des Wagens auf. »Haben Sie einen gefüllten Benzinkanister bei sich?«
Leonardo nickte. Er hatte den Mann erkannt und wußte, daß sein Plan in dieser Phase Erfolg hatte. Er drückte auf eine Taste. Die Kofferraumentriegelung sprach an. »Bedienen Sie sich, Signor Grym…«
Der Blonde wieselte zum Fahrzeugheck, öffnete die Klappe und holte einen Benzinkanister heraus. Noch während er die Luke zufallen ließ, sah Leonardo ihn im Rückspiegel verschwinden.
Gerade so, als habe es ihn nie gegeben, wie einen Traum, der im Moment des Erwachens schwindet.
Leonardo grinste böse. Er hatte Bjern Grym gezwungen, sich seiner Fähigkeiten wieder zu bedienen! Und er würde ihn auch zwingen, sich damit in den Dienst der Hölle zu stellen. Nicht umsonst hatte Leonardo es so gedreht, daß das Traum-Phänomen ausgerechnet neben seinem Cadillac materialisierte.
Leonardo deMontagne war zufrieden. Bjern Grym war ihm verpflichtet. Jetzt blieb nicht mehr viel zu tun. Es galt nun, zu ernten, was gesät worden war. Der Motor des schwarzen Wagens sprang an. Leonardo fuhr aus Peschiera hinaus nach Norden. Denn Bjern Grym würde zur Hedgeson-Villa kommen. Dort konnte Leonardo sich mit ihm unterhalten.
Den Kontakt zwischendurch würde ein anderer halten - sein Schatten. Der bewegte sich bereits mit rasender Geschwindigkeit davon, über den Strand und aufs Wasser hinaus, um die Yacht alsbald zu erreichen…
***
Es war Nicole beim Verlassen des Hauses, als habe sie einen rasend schnell dahinhuschenden Schatten gesehen, aber im nächsten Moment hatte sie ihn bereits aus den Augen verloren. Es mußte der Schatten eines Mannes gewesen sein - aber da war kein Mann, der diesen Schatten hätte werfen können.
Also eine Täuschung…
»Wir lassen uns zu sehr von uns selbst irritieren«, sagte sie leise und lief Dennessey über den Weg, dem sie Aprils besticktes T-Shirt in die Hand drückte, damit er es seiner Chefin brachte. Sie selbst hatte sich schon in das Fledermaus-Motiv gehüllt und es mit den Shorts kombiniert.
Morris Dennessey betrachtete das Seiden-Shirt kopfschüttelnd. »Wenn Sie mir die Frage gestatten, Mademoiselle Duval… wie sind Sie ausgerechnet auf eine weiße Spinne gekommen?«
»Ach, nur so«, sagte sie. »Warum sollen Spinnen immer häßlich und dunkel sein? Ich wollte mal den Gegensatz zeigen.«
»Es ist nur so, daß mir heute nachmittag eine solche Spinne über den Weg lief. Ich zertrat sie«, sagte Dennessey.
»Eine weiße Spinne?« staunte Nicole. Sicher, es gab Spinnenarten in sehr hellem Braun, je nach Alter, die fast schon weiß wirkten. Aber…
»Sie war etwa faustgroß, Mademoiselle Duval«, sagte der Butler. »Aber Sie können sicher sein, daß es kein weiteres Exemplar gibt. Wir sind stets bemüht, Haus und Grundstück von Ungeziefer frei zu halten. Wie sich dieses Insekt einschleichen konnte, ist mir schlechterdings etwas unerklärlich, zumal ich nie von faustgroßen weißen Spinnen hörte.«
»Hm«, machte Nicole.
Dennessey nahm es als Zeichen, sich zurückzuziehen. Nicole suchte Zamorra und fand ihn am Pool. »Dein schlichtes Hemdlein liegt in deinem Zimmerlein auf dem Bettlein«, verkündete sie. »Sag mal - hast du im Biologie-Unterricht auch immer geschlafen?«
»Wieso auch?« fragte
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