0322 - Leonardos Höllenwurm
Teufel, und er stieg in den Cadillac, lenkte ihn um den Rolls-Royce herum und fuhr davon.
Bjern Grym blieb mit dem höllischen Wurm allein im Wald zurück.
***
Der Riesenwurm, der Zamorra verfolgte, benutzte seine Tausendfüßler-Beine nicht, sondern bewegte sich wie eine Raupe, in dem er seinen Körper krümmte und vorwärtsschnellte. Mit jedem dieser Sprünge legte er gleich ein Dutzend Meter zurück.
Zamorra rannte, als gälte es, sämtliche Weltrekorde zugleich zu brechen. Sein ständiges eisernes Training und seine jahrelangen Überlebenskämpfe kamen ihm zugute. Er war so schnell wie nie zuvor, und auch daß er über das freie Gelände, über unebenen Boden, hetzen mußte, änderte daran nichts. Er hatte sich im Laufe der Jahre eine Atem- und Sprinttechnik erarbeitet, die ihn erstaunlich schnell werden ließ. Aber er wußte, daß er das nicht auf lange Sicht durchhalten konnte. So schnell er vorwärts kam, so schnell ermüdete er dabei auch.
Aber er mußte den Wagen erreichen!
Da tauchte das Fahrzeug am Straßenrand auf. Wenn es jetzt nicht ansprang…
Zamorra flankte über die Wagenkante. Aufs Türöffnen verzichtete er. Der Zündschlüssel steckte noch. Zamorra drehte, gab Gas und schaltete. Der Wagen schoß vorwärts. Augenblicke später hob er mit der Vorderpartie ab. Hinten krachte etwas mit elementarer Wucht auf die Stoßstangen. Blech kreischte und krachte. Die vorderen Greifscheren des Monsters knackten das Metall mühelos auf.
Dennoch kam der Wagen mit einem Ruck wieder frei und schleuderte schräg über die Straße. Zamorra fing ihn ab.
Und er erkannte, daß die Fahrtrichtung die falsche war. Wenn er die anderen warnen wollte, mußte er in die umgekehrte Richtung, zur Villa hin. Nicht nach Bardolino…
Oder war es nicht besser, das Ungeheuer abzulenken, irgendwohin, fort von hier? Er gab wieder Gas. Das Ungeheuer blieb zurück, verfolgte ihn aber nach wie vor. Die Straße machte einen Bogen, stieg etwas an und näherte sich dem Gardasee. Sie führte etwas weiter nördlich als Steiluferstraße dicht am See entlang.
Plötzlich sah Zamorra, daß der Superwurm abkürzte!
Er kam jetzt von der Seite, sprang dort geradlinig, wo die Straße einen Bogen machte. Zamorra dagegen konnte hier nicht mehr ausweichen. Rechts stieg der Berghang an, links ging es immer steiler zum See hinunter, und von dort kam jetzt schräg der Riesenwurm mit immer mächtiger werdenden Sprüngen herangefegt. Zamorra konnte auch nicht mehr schneller werden, oder er hätte die Kurven nicht mehr geschafft und wäre in den See hinaus getragen worden.
Sollte er’s nicht doch riskieren?
Die Entscheidung kam zu spät. Schon war die Bestie da, rammte den Maserati mit elementarer Wucht. Der Wagen kippte auf die Seite und schrammte über die Straße. Zamorra wurde hinausgeschleudert und rollte sich irgendwie ab. Aber er kam nicht mehr schnell genug wieder auf die Beine. Noch während der Wagen auf die Leitplanken zuschrammte, packten die Greifarme zu und rissen Zamorra von der Straße hoch. Von oben, aus luftiger Höhe, sah er, wie der Maserati die Absperrung durchbrach und die Böschung hinunterkippte, sich mehrmals überschlug. Die Türen flogen auf und knackten weg, die Windschutzscheibe zerbarst. Der Wagen rumpelte in den See und blieb im niedrigen Wasser schließlich liegen. Unwillkürlich wartete Zamorra auf die Explosion, aber die kam nicht. So etwas gibt’s nur in schlechten Filmen oder noch schlechteren Romanen, nicht aber in der Realität.
Statt dessen riß ihn das Ungeheuer hoch empor, um ihn in die weit aufgerissene Öffnung des Kugelkopfes zu stopfen.
***
Bjern Grym starrte den Monsterwurm an, der jetzt doppelt so groß wie der Mensch war, und der Wurm glotzte aus seinen gelben Facettenaugen zurück. Langsam wich Bjern zurück, bis er an den umgekippten Rolls-Royce stieß. Mit einem Ruck löste er sich wieder von dem Wagen und schritt rückwärts weiter die Waldschneise in Richtung Straße zurück.
Der Wurm folgte ihm.
Aber als er den Rolls erreichte, stoppte er. Die Scheren packten zu, verhakten sich im Metall - und zogen den schweren Wagen wieder auf die Räder! Der Rolls federte tief ein, schaukelte einige Male hin und her und stand dann ruhig da.
Der Wurm, der währenddessen fleißig weiter wuchs, wich zurück.
Bjern Grym starrte ihn ungläubig an. War das noch zu fassen?
Dann aber begriff er, daß das ein Teil seines Paktes mit dem Dämon sein mußte. Er ging vorsichtig auf den Rolls zu und um den Wagen
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