Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0326 - Burg der tausend Schrecken

0326 - Burg der tausend Schrecken

Titel: 0326 - Burg der tausend Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
Er erzählte, was geschehen war, und hielt Ferreira das Amulett entgegen. »Wenn Sie wollen, führe ich Ihnen den Ablauf des Geschehens gern noch einmal vor.«
    Ferreira schüttelte den Kopf.
    »Nicht nötig, Señor«, ächzte er. »Ich weiß, daß Sie recht haben - nur die Schwärze ist mir neu. Das gab es bisher nicht. Es… es entgleitet alles meiner Kontrolle.«
    »Sie wissen …?« fragte Zamorra leise. »Sie wissen von der Entführung? Warum haben Sie sie nicht verhindert?«
    »Von der Entführung weiß ich nichts«, sagte Ferreira düster. »Nur von den Spukerscheinungen. Deshalb will ich ja keinen Menschen mehr hier haben.«
    »Und Sie wollen sich auch nicht helfen lassen, wie? Wissen Sie, was ein Narr ist? Jemand wie Sie, Señor Ferreira. Wie wäre es, wenn Sie mir erzählen würden, was hier gespielt wird, und zwar von Anfang an. Es muß irgendeine Gefahr sein, die ich noch nicht völlig erfassen kann, die ich aber von den Pyrenäen aus gespürt habe. Deshalb sind wir hier.«
    »Bueno«, murmelte Ferreira. »Ich will Ihnen erzählen, was Sie wissen müssen. Kommen Sie mit.« Er richtete sich auf. »Por diablos, haben Sie Stahl in den Fäusten, Mann?«
    ***
    Ganz so unangenehm, wie es auf den ersten Moment schien, war Nicole die Einsamkeit dann doch nicht. Es wäre wesentlich fataler gewesen, wäre sie mitten auf dem Marktplatz von Murcia erschienen. Ihre derzeitige Kostümierung war dafür wohl doch etwas unpassend. Sie wickelte das Handtuch vom Kopf ab, bot das Haar der heißen Mittagssonne zum Trocknen und schlang sich den Stoff um die Hüften.
    Sie versuchte Ordnung in das Chaos zu bringen.
    Sie war von der ermordeten Tochter entführt worden. Diese hatte sie um Hilfe gebeten und ihr mitgeteilt, daß ihr noch lebender Bruder von einer fremden Macht besessen war und daß sie selbst keinen Frieden finden konnte. Anschließend hatte ein Gegner eingegriffen, sie getrennt und Nicole nicht wieder zurück ins Zimmer im Castillo gebracht, sondern quasi durch eine andere Tür aus der Schwärze geschleudert.
    Das war alles, was sie jetzt wußte, und das war nicht sonderlich viel. Wer steckte hinter dem Geschehen? Wer zog die Fäden und kontrollierte sowohl die Geister der Toten als auch die Lebenden? Wenn sie Inez’ Worten glauben durfte und Miguel besessen war, schied er als Gegner aus, sondern war auch nur Opfer.
    Zweite Frage: wieso war es Inez Ferreira möglich, bei Tageslicht zu erscheinen und zu spuken?
    Drittes Problem: woher kannte Nicole dieses diabolische Lachen, das ihre Ortsversetzung ins Freie begleitet hatte?
    Fragen, auf die es noch keine Antwort gab. Sie ahnte nur, daß sie es hier mit einer bekannten Größe zu tun hatte. Sie mußten erst nur die richtige Spur finden, dann würde sich alles andere von selbst ergeben. Vielleicht konnte Zamorra mit Merlins Stern mehr herausfinden.
    Nicole versuchte abzuschätzen, wo sie sich befand. Sehr weit konnte sie sich ihrer Meinung nach nicht vom Castillo entfernt haben. Sie sah nach dem Stand der Sonne, betrachtete sich die Geländeformationen und beschloß, sich westwärts zu halten. Irgendwann mußte sie zwangsläufig auf eine Straße treffen.
    Und wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses von der ersten aufkreuzenden Polizeistreife verhaftet werden.
    Aber das war das geringste Problem. Schlimmer würde der Durst werden, wenn der Weg sich als länger erwies, als sie glaubte. Denn es wurde immer heißer. Die Sonne meinte es etwas zu gut. Nicht umsonst hielten die Spanier um diese Zeit Siesta…
    ***
    Miguel Ferreira zeigte sich plötzlich von der gastfreundlichen Seite. Er hatte Zamorra in einen kleinen Salon eingeladen, der geschmackvoll eingerichtet war und in dem es eine gutsortierte Bar gab. Ferreira genehmigte sich einen Napoléon, während Zamorra sich Rotwein anbieten ließ und beschloß, es vorsichtshalber bei diesem einen Glas bewenden zu lassen; Alkohol konnte gefährlich werden.
    In bequemen, flachen Ledersesseln saßen sie sich gegenüber. Zamorra betrachtete die Ritterrüstungen, die rechts und links neben der Tür auf kleinen Sockeln standen. Die Größe dieser Rüstungen irritierte ihn. Im Mittelalter waren die Menschen allgemein kleinwüchsiger gewesen; in die Originalrüstungen paßte allenfalls ein vierzehnjähriger Knabe bequem hinein. Diese beiden hier aber waren auf die Größe eines neuzeitlichen Mannes abgestimmt.
    »Vater pflegte Ritterspiele abzuhalten«, erklärte Miguel. »Damit glaubte er weitere Besucher anlocken zu können.

Weitere Kostenlose Bücher