0326 - Burg der tausend Schrecken
ahnte, daß der Trick durchschaut worden war. Ferreira schien mit Zamorra also irgendwo ein Hühnchen zu rupfen. Schulterzuckend nahm Nicole die Kabel auf und beschloß, sie zunächst einmal wieder zu montieren, damit der Wagen für den Fall der Fälle startklar war. Danach würde sie nach Zamorra suchen.
Sie pfiff etwas mißvergnügt eine Melodie so falsch wie möglich vor sich hin und ging hinaus zum Wagen.
***
Zamorra folgte Miguel Ferreira vorsichtig. So ganz traute er dem Braten nun doch nicht. Sicher, Ferreira hatte ihm einiges erzählt, und es klang auch irgendwie logisch. Aber ein Gefühl warnte den Parapsychologen.
Etwas stimmte hier immer noch nicht.
Unter anderem fragte Zamorra sich, warum sich Ines Ferreiras Spukbereich auf die Kellerräume beschränkt hatte. Das war unlogisch.
Das elektrische Licht schuf eine ausreichende Helligkeit, als sie eine breite Treppe hinunter schritten. Unwillkürlich schmunzelte Zamorra trotz der ernsten Lage. Es war tatsächlich der typische Klischeefall, dachte er selbstironisch. Alles Geheimnisvolle und alles Finstere verbirgt sich stets in den Kellergewölben…
Die Wände waren glatt und weiß getüncht. Rechts und links zweigten Türen ab. Ferreira ging immer weiter geradeaus, bis er schließlich am Ende des Korridors stehenblieb. Eine schwarze Eisentür versperrte den Weg. Sie nahm die gesamte Breite des geräumigen Ganges ein.
Zamorra versuchte nachzurechnen, in welchem Teil des großen Wohngebäudes sie sich inzwischen befanden. Er schätzte, daß sie die Grundmauern erreicht hatten. Was hinter dieser Eisentür lag, mußte sich außerhalb des Wohngebäudes befinden. Daß man einen Keller in den Berg hinein, also zur anderen Seite, getrieben hatte, bezweifelte der Parapsychologe.
»Wo hat sich der Spuk nun genau abgespielt?« fragte Zamorra. Er versuchte, über das Amulett irgend etwas festzustellen. Aber es meldete sich nicht.
»Das will ich Ihnen gerade zeigen, Señor Zamorra«, sagte Ferreira. Er schob einen schweren eisernen Doppelriegel beiseite. Der Riegel war schwergängig, kreischte und kratzte aber nicht, wurde also offenbar häufig bewegt, trotz seiner Schwergängigkeit. Zamorra fragte sich, was dort unten so geheimnisvoll war, daß es verriegelt wurde.
Ferreira ließ die Tür nach innen schwingen. Auf einer Breite von zwei Metern öffnete sie sich und gab den Blick in ein riesiges, düsteres Gewölbe frei. Es ging um gut drei Etagen in die Tiefe, die Steine waren nur roh behauen. Das einzige Licht, das diese Halle erhellte, war das, was aus dem Korridor kam.
Zamorra schätzte, daß tatsächlich der ganze Burghof unterkellert war. Diese Halle nahm sehr viel Raum ein. Wozu war sie angelegt worden? Vielleicht ein großzügiger Foltersaal aus der Zeit der Inquisition? Aber damals hatte man eben klein gebaut. Die Kerker waren so klein, daß man sich höchstens gekrümmt darin aufhalten konnte, und die Folterkammern waren kaum größer als ein mittleres Wohnzimmer, dafür aber meist sehr gut bestückt mit allerlei perfiden Werkzeugen.
»Wozu dient dieser… Raum?« fragte Zamorra.
»Sehen Sie selbst«, forderte Ferreira.
»Nach Ihnen, Señor«, blieb Zamorra vorsichtig und sah zu, wie Ferreira in den Raum hinein schritt. Hinter der Tür befand sich eine breite Plattform, und erst hinter dieser begann eine große, nach unten schwingende Steintreppe, die Zamorra im Dämmerlicht mehr erahnte als er sie sehen konnte.
Er folgte Ferreira bedachtsam.
Das Amulett nahm plötzlich eine schwache, magische Aura wahr, die sich in diesem Raum befand. Der Moment des Türdurchschreitens war der Moment des Erkennens. Die Aura mußte sehr deutlich auf diesen Raum begrenzt sein. Zamorra fühlte ein schwaches Prickeln und eine leichte Erwärmung der vor seiner Brust hängenden silbrigen Scheibe.
Die Erwärmung blieb. Die Magie war also finster, denn sonst hätte das Amulett sich nach dem kurzen Warnimpuls wieder abgeschaltet.
Ferreira trat zur Seite. »Schauen Sie«, sagte er und streckte einen Arm aus.
Zu spät erkannte der Professor, daß Ferreira ihm damit nicht etwa etwas zeigen wollte. Die Hand des Spaniers umklammerte plötzlich einen aus der Wand hervorragenden Hebel, an dem er zog. Instinktiv wollte Zamorra zurückspringen, aber er reagierte zu spät, und er stand schon zu weit vorn. Die Plattform klappte in ihrer ganzen Breite nach unten weg und ließ nur einen schmalen Rest stehen, auf dem der rechtzeitig zur Seite getretene Ferreira stand.
Mit einem
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