0327 - Vampir-Witwen
ihnen nichts anderes übrig, als bis zur Theke zu gehen, die sich jenseits der Tanzfläche befand. Sie bestand aus dunklem Holz. Auf den Hockern saßen einige Gäste. Auch sie schauten die beiden Neuankömmlinge finster an.
Hinter der Theke bediente ein Mann, der einen schwarzen Anzug trug und seine Glatze durch eine bunte Wollmütze schützte. In dem hageren Gesicht fiel besonders sein Schnauzer auf. Die Enden waren jeweils nach oben gedreht und reichten fast bis zu den Wangenknochen.
»Was trinken wir?« fragte Bill.
»Kaffee.«
Der Reporter bestellte. Der Wirt sah kurz zu ihnen hin und nickte.
Zunächst kümmerte er sich um die anderen Gäste. Er sprach mit ihnen im Flüsterton und auch in einer Sprache, die weder von Bill noch von Suko verstanden wurde.
»Die scheinen sich über uns zu unterhalten«, murmelte der Reporter.
»Sieht mir auch so aus.«
Endlich kam der Kaffee. Er war schwarz, und der Wirt verlangte sofort Geld.
Bill gab es.
Er bekam noch Wechselgeld heraus. Als der Wirt es vor ihnen auf den Tisch legte, schaute er auch auf das Foto, das ihm Suko entgegenhielt.
»Kennen Sie den Mann?«
»Nein.«
»Schauen Sie genau hin. Wir wissen, daß er hier verkehrt hat. Es ist Fehrez Meurisse.«
»Ich habe ihn nicht gesehen.«
Während sich Suko mit dem Wirt unterhielt, roch Bill süßliches Parfüm. Er drehte den Kopf und sah eine verschleierte Frau. Sie befand sich bereits auf Sukos Höhe, schaute ihm über die Schulter und sah das Bild ebenfalls. Ob sie reagierte oder nicht, konnte Bill nicht erkennen, denn der Schleier bedeckte auch ihr Gesicht.
Die Frau ging weiter und wandte sich nach rechts der Tanzfläche zu. Kaum hatte sie diese betreten, als die Gäste anfingen zu klatschen und auch den Namen der Tänzerin riefen.
Sie hieß Suleika.
Und Suleika mußte tanzen. Musikanten gab es nicht. Dafür drangen die Klänge aus einer Musikbox, die im Hintergrund stand.
Es waren Töne, die Bill in den Ohren schmerzten. Er würde sich daran nie gewöhnen können, aber er mußte sich damit abfinden.
Suleika hatte schwarzes Haar. Streng war es gescheitelt und im Nacken zu einem Knoten zusammengebunden. Obwohl Bill und Suko von einem orientalischen Bauchtanz nicht viel Ahnung hatten, waren sie fest davon überzeugt, in Suleika eine Könnerin zu sehen.
Wie sie sich bewegte, das war schon klasse. Sie stimmte ihre Bewegungen haargenau mit der Musik ab. Sie trug ein langes Gewand aus dünnen Schleiern, die im unteren Teil geschlitzt waren und aufschwangen, wenn sie sich stark drehte, wobei die Männer ihre kräftigen Beine zu sehen bekamen.
Ihr Bauch zuckte im Rhythmus der Musik. Die Arme hatte sie erhoben, die Hände zu den Gelenken hin im rechten Winkel abgespreizt, so daß sich die Fingerspitzen berühren konnten.
Was Suleika machte, heizte auch die Gäste an, denn sie begannen zu klatschen.
Bill und Suko beteiligten sich nicht daran. Sie beobachteten die Anwesenden. Es fiel ihnen auf, daß sie von manch lauerndem Blick getroffen wurden. Sogar der Wirt ließ sie nicht aus den Augen. Suko war davon überzeugt, ihn mißtrauisch gemacht zu haben, als er die Frage gestellt hatte. Auch die Männer an der Theke interessierten sich mehr für die Fremden als für ihre Getränke oder Suleikas Tanz.
Sie hatte die Tanzfläche verlassen und bewegte sich auf die Tische zu.
Auch trug sie nicht mehr das lange Schleiergewand. Das lag längst am Boden. Bekleidet waren sie mit einem knappen Oberteil, aus dem der Busen teilweise hervorsprang, und einem aus langen Fäden geknoteten, rockartigen Gebilde, das bis zu ihren Fußknöcheln reichte. Dabei bewegte sie sich wild im Kreis, zuckte vor und zurück und trat dicht an die Gäste heran, wobei sie sich über sie beugte und sich von ihnen Geldscheine in das Oberteil stecken ließ.
Es wurde geklatscht und getrampelt. Auch die vorhin noch vor dem Lokal sitzenden Gäste waren hereingekommen. Sie standen an der Tür wie eine lebende Mauer.
Suleika tanzte quer durch das Lokal und näherte sich im weiten Bogen der Theke.
Auch Suko und Bill verfolgten ihre Bewegungen. Suleika tanzte den beiden Männern entgegen.
Sie hatte diese noch nicht erreicht, als Bill einen warnenden oder bestimmten Blick von ihr auffing. Nur für einen kurzen Moment, aber der Reporter hatte verstanden.
Er griff in die Tasche, holte einen Geldschein hervor und hielt ihn hoch.
In einer wirbelnden Pirouette drehte sich die Tänzerin näher und stand plötzlich vor Bill. Dort bewegte sie sich
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