Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0327 - Wer die Blutfrau lockt

0327 - Wer die Blutfrau lockt

Titel: 0327 - Wer die Blutfrau lockt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
Vom Netzwerk:
amerikanischer Lässigkeit.
    »Kennen Sie diesen Mann?« stellte Scandler eine Gegenfrage und hielt dem Keeper das Bild hin. Der Keeper warf nur einen Blick darauf. Dann nickte er leicht.
    »Klar kenne ich den! Jeder kennt den Disco-Prinz hier. Wir nennen Michael immer so - und er ist stolz auf diesen Namen!« erklärte der Keeper.
    »Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?« fragte George Scandler weiter.
    »Sind Sie’n Bulle?« Der Keeper sah ihn lauernd an. Scandler hielt ihm seinen Ausweis unter die Nase.
    »Scotland Yard!« sagte er trocken.
    »Was hat denn Michael mit der Polente zu tun?«
    »Beantworten Sie bitte nur meine Fragen!« Scandlers Stimme wurde eisig.
    »Ja, das ist drei, nein, warten Sie mal, ja es ist vier Tage her!« erinnerte sich der Keeper. »Da war Michael Prince zum letzten Mal hier. Hat ’ne dufte Puppe aufgerissen. Und die konnte tanzen, daß jedem Mann warm ums Herz werden konnte. Mit der ist er dann abgezogen!«
    »Wohin wissen Sie nicht?« fragte Scandler.
    »Hören Sie. In einem solchen Falle gibt man keine Adresse an!« knurrte der Barkeeper. »Da heißt es ›Gehen wir zu mir oder zu dir‹, wie das üblich ist. Vielleicht sind sie zu ihr gegangen, was weiß ich. Er hat bezahlt und das mit einer Fünf-Pfund-Note. Ziemlich reichlich für den Drink. Aber wer dieser Frau in die Augen gesehen hat, der kann verstehen, wenn ein Mann nicht mehr aufs Geld sieht!«
    »Können Sie eine Personenbeschreibung dieser Frau abgeben?« fragte Scandler. Der Keeper nickte. Doch aus dem, was er angab, war keine Fahndung zu machen. Das paßte auf mindestens 40 Prozent aller weiblichen Discothekenbesucher.
    »Wissen Sie zufällig den Namen?« fragte der Inspektor, als er schon seinen Notizblock einsteckte.
    »Hab so was undeutlich gehört!« erklärte der Keeper und wandte sich wieder den anderen, erstaunt lauschenden Gästen zu. »Klang so nach Maureen, Marion oder Marin…!«
    »Marenia!« stieß Brown entgeistert hervor.
    »Ihre Witze waren wirklich schon mal besser, Bronw!« tadelte Inspektor Scandler. Der Gescholtene wagte kein weiteres Wort mehr. Und Scandler vergaß den Namen Marenia sofort wieder.
    Es war auch wirklich absurd, diese Frau mit einer Serie von offensichtlichen Entführungsfällen in Verbindung zu bringen. Nur etwas stimmte nicht.
    Bei einer Entführung melden sich die Kidnapper nach einiger Zeit und wollen Lösegeld. Hier geschah nichts. Die Gesuchten waren wie vom Erdboden verschlungen…
    ***
    Als sich die Sonne senkte und die Schatten der Nacht über London herabsenkten, erwachte Marenia aus ihrem Schlummer. Sie wartete, bis auch der letzte Schimmer des Tages, der durch den schweren, schwarzen Stoff des Vorhangs drang, verschwunden war. Vollständig von diesem Stoff umgeben wurde Marenia vom unangenehmen Tageslicht abgeschirmt. Es war zwar nicht gefährlich oder gar tödlich für sie - aber es war unangenehm und wurde daher gemieden.
    Das Leben, das sie als Mensch führte, hatte Marenia Melford abgelegt wie ein altes Kleidungsstück. Instinkte hatten sie in Stanley Carters Wohnung geführt, die sie sofort übernommen hatte. Sie löste ihre Bankkonten auf, um die Einrichtung des Wohnzimmers auf ihren persönlichen Geschmack abzustimmen. Die düstere und bedrückende Schönheit des Schlafzimmers war schon vorher da gewesen und Marenia mußte nur noch die Stoffe erneuern lassen.
    Mit einem kurzen Anschreiben an die Verwaltung von Scotland Yard kündigte sie mit der Begründung einer unerwarteten Erbschaft den Job und löste ihre Wohnung auf. Hier in diesem Haus fühlte sie sich sicher und geborgen und unbehelligt und hatte genug damit zu tun, sich einigermaßen durchs Leben zu schlagen.
    Die erste Zeit war die Umstellung für Marenia vom Leben zum jetzigen Zustand entsetzlich. Da sie kaum richtig tot war und nicht begraben wurde, gab es für sie kaum einen Unterschied. Sie spürte Leben in sich und wollte weiterleben wie bisher. Aber sie konnte es nicht.
    Das Sonnenlicht peinigte sie, daß sie es so gut es ging mied. Sie brachte keinen Bissen mehr hinunter und rührte keine Getränke mehr an. Nur etwas drang in ihr mit immer größerer Gier empor. Das Verlangen nach Blut, das rot und warm pulsiert und in dem Leben ist.
    Die Erkenntnis, ein Vampir zu sein und dieses grausame Schicksal nicht ändern zu können, traf Marenia mit vernichtender Wucht. Immer wieder versuchte sie, sich von diesem entsetzlichen Erbe Lord Rutherfords zu lösen. Doch es wollte nicht gelingen - was immer sie

Weitere Kostenlose Bücher