033 - Die Herberge der 1000 Schrecken
etwas entstellte Gesicht des Schwachsinnigen erblickte, der ihn mit
großen, angsterfüllten Augen ansah und wimmernd vor ihm zurückwich.
»Du brauchst dich nicht zu fürchten«, sagte der PSA-Agent mit
ruhiger, gleichmäßiger Stimme. »Ich will dir helfen.«
Ricardo Gonzales fauchte und schlug nach ihm. Er zog sich an
seinem Bett hoch, und Larry kümmerte sich um den alten Wirt, der stöhnend nach
seinem Kinn griff und sich mit halbgeschlossenen Augen umsah.
»Was ist los, Ricardo?« wollte er wissen, und er zuckte wie unter
einem Peitschenschlag zusammen, als er das Gesicht Larry Brents über sich
gebeugt sah.
»Das möchte ich gerne von Ihnen wissen, Gonzales.« Die Stimme von
X-RAY-3 klang ruhig, aber eine Nuance schärfer als vorhin, wo er mit Ricardo
gesprochen hatte. »Wo ist der Mann, den ich verfolgt habe?«
Gonzales schluckte. »Ich weiß nichts«, wisperte er, und er blickte
sich scheu um.
»Er war hier im Zimmer, daran gibt es keinen Zweifel. Wer ist der
junge Mann auf dem Bett?«
Der Wirt wandte den Blick ab und kam wankend auf die Beine. »Das -
das geht Sie nichts an. Senor!«
»O doch, Gonzales! Sehr viel sogar!« Larry Brent blickte sich um.
Er konnte das ganze Zimmer kontrollieren. Er sah auch die angelehnte Tür des
großen Einbauschrankes, der über dem Bett von Ricardo gebaut war.
»Sind Sie von der Polizei, Senor?« Ganzales vergaß, sein
aufgeplatztes Kinn zu betasten. Er war böse auf die Kante des Tischs gefallen.
»Reden Sie, Gonzales!« Larrys Stimme klang unerbittlich. Irgend
etwas stimmte hier nicht, das merkte selbst ein Blinder.
»Der Junge auf dem Bett - es ist mein Sohn Ricardo.« Man merkte,
wie schwer es dem Alten fiel, dies zu sagen.
Aus den Augenwinkeln heraus warf Larry einen schnellen Blick zu
dem Bett hinüber, wo in der obersten linken Ecke der Schwachsinnige hockte, die
Beine angezogen und den Kopf in den Händen verborgen. Er wimmerte und
schluchzte wie ein Kind vor sich hin.
»Ricardo?« Larry konnte es nicht verstehen. »Aber ich dachte ...«
X-RAY-3 unterbrach sich und blickte an seiner Kleidung herunter. Er trug
Ricardos Hemd und Anzug.
»Nein, er ist nicht tot«, flüsterte der Alte, und seine Lippen
zitterten. »Der Unfall schädigte sein Gehirn, wir halten ihn seitdem verborgen,
niemand sollte wissen...«
»Wir unterhalten uns später noch darüber, Gonzales. Ezählen Sie
mir etwas über den Mann, der Sie niedergeschlagen hat. Rasch!«
»Ich weiß nichts, Senor.« Aus den Augen des Alten starrte die
nackte Angst. »Es ging alles so schnell.«
»Wo kann er sich verborgen halten? Wieviel Geheimgänge und
Geheimtüren gibt es überhaupt in diesem Haus?«
»Unzählige, Senor!« Er machte eine umfassende Bewegung. »Ich kenne
sie selbst nicht alle.«
Larry schüttelte den Kopf. Die Szene schien nicht wirklich zu
sein, aber wieviel war während der letzten Stunden geschehen, was nicht in die
Realität zu passen schien.
»Ihm muß ein sicherer Ort bekannt sein, wo er sich verbergen
kann«, beharrte Larry auf seinem Standpunkt. »Er kam hier herein, weil diese
Tür den Gang beschließt, aber irgendwo muß er doch weitergehen -« Er wandte
sich einfach ab, riß die Schranktür auf - und entdeckte das, was er erwartet
hatte!
Ein Durchlaß!
Er brauchte nicht zu fragen, weshalb und wieso es ihn gab. Alfredo
Gonzales sah sein Geheimnis entdeckt...
»Ein Notausgang, gewissermaßen, Senor«, erklärte er, während er
taumelnd auf Ricardo zuging und den Kopf des Schwachsinnigen streichelte.
Ricardo hörte zu schluchzen auf und lehnte sich an den alten Vater. »Ich habe
gewußt, daß es eines Tages dazu kommen würde und daß man es entdecken würde ...
Dann wollte ich aber immer noch eine Gewißheit haben, um Ricardo in Sicherheit
zu bringen. Dies ist der zweite geheime Ein- und Ausgang ...
Larry Brent starrte in den dunklen Schacht, der sich vor ihm
ausbreitete. Alles war still. Den Aufbau des Schrankes als Deckung suchend,
knipste er die Taschenlampe an und leuchtete in die tunnelähnliche Röhre
hinein.
Nichts!
Der Maskierte war über alle Berge. Er hatte Ricardo und den alten
Gonzales überrascht und durch sein geschicktes Vorgehen für Larry Brent eine
Hürde aufgebaut, die den Agenten unbezahlbare Minuten kostete.
X-RAY-3 wandte sich an den Wirt. »Es war Ihr Geheimnis, daß
Ricardo hier untergebracht war. Wer außer Ihnen und Ihrer Frau wußte noch
davon?«
»Niemand.«
Larry faßte den Alten ins Auge, der dem Blick nicht standhielt.
»Es war
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