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wussten, dass er die Stellung behaupten musste, damit sie die nötige Zeit zum Verschwinden hatten.
Da sie so langsam gingen, brauchten sie einige Zeit, um zu dem von Molly bewohnten Haus zu gelangen. Als sie schließlich dort ankamen, drängte sie ihn sofort in den
Flur und schloss die Haustür ab. Ihr Gesicht war bleich, und ihre Hände zitterten, während sie Mr. O'Keefe im Wohnzimmer anstarrte.
„Wir haben es geschafft", sagte er leise. „Sie haben Ihr Leben für mich riskiert, Miss Magee. Ich bin Ihnen sehr dankbar."
„Sie haben Ihr Leben für mich riskiert. Oder haben Sie das schon vergessen?" fragte sie ernst. Ihre Augen glänzten vor Stolz darauf, dass sie Mr. O'Keefe hatte helfen können. Das Leben bot ihr so wenig, dass sie dieses Gefühl des Stolzes brauchte.
„Nein, das hatte ich nicht vergessen", entgegnete Dev-lin. „Aber Sie mussten das nicht für mich tun. Sie hätten mich im Gefängnis lassen können. Sie mussten sich nicht mir zuliebe in Gefahr bringen."
„Ich hätte Sie nicht dem Mob überlassen können. Die Leute hätten Sie vielleicht getötet."
Devlins Blick traf ihren und hielt ihn fest. „Für Sie wäre es vielleicht besser gewesen, Miss Magee, wenn Sie nicht in die Sache verwickelt worden wären."
„Nein", flüsterte sie. „Das glaube ich nicht." Sie schaute Mr. O'Keefe an und wünschte sich, die Dinge wären anders, leichter. Sie wusste jedoch, dass sie kein Märchen erlebte. Sie war keine Prinzessin und Mr. O'Keefe kein Prinz, der ihr, auf einem Schimmel sitzend, zu Hilfe kam. Er war ein des Mordes Beschuldigter, dessen Sicherheit von ihrer Fähigkeit abhing, ihn so lange im Haus zu verstecken, bis der Sheriff ihn holte. Mittlerweile bedeutete er ihr sehr viel. Sie liebte ihn. Ungeachtet der Tatsache, dass alle ihn für schuldig hielten, wusste sie im Herzen, dass er kein kaltblütiger Mörder war.
Die zwischen ihnen bestehende Anziehungskraft war beinahe überwältigend, doch genau in dem Moment, als sie beide aufeinander zugehen wollten, kam Jimmy aus dem Schlafzimmer der Mutter.
„Molly?" fragte er und blickte von ihr zu dem Fremden, der mitten im Raum stand.
„Warum bist du hier?"
„Jimmy." Sie hatte seinen Namen in einem Ton geäußert, als sei sie überrascht, den Bruder zu sehen. Dann fasste sie sich. „Das ist ein Freund, der eine Weile bei uns bleiben wird. Devlin, das ist mein Bruder Jimmy."
„Hallo, Jimmy. Stört es dich, wenn ich einige Tage hier schlafe?" Devlin war sich des prüfenden Blicks des Jungen bewusst und lächelte. Es freute ihn, dass der Kleine seine Schwester beschützen wollte.
Jimmy zwinkerte. Zum ersten Mal hatte jemand so mit ihm geredet, als sei er der Hausherr. Seine Selbstachtung wuchs, und zögernd erwiderte er Mr. Devlins Lächeln. „Nein. Das ist in Ordnung, wenn Molly das so möchte." Die Anwesenheit des Fremden überraschte ihn, doch er verließ sich auf das Urteilsvermögen seiner Schwester. Es war nicht ihre Art, einfach irgendjemanden mit nach Hause zu bringen. „Molly, Mutter ..."
Sogleich richtete Molly die volle Aufmerksamkeit auf den Bruder. In der Gewissheit, dass Mr. O'Keefe jetzt verhältnismäßig sicher war, konzentrierte sie sich auf die Mutter. „Wie geht es ihr?"
„Das weiß ich nicht."
„Warten Sie hier. Ich will nachsehen, wie es um sie steht", sagte Molly zu Mr.
O'Keefe und verschwand, gefolgt von Jimmy, im Schlafzimmer.
Devlin schaute sich in den anderen Räumen des Hauses um. Die Einrichtung war armselig. Es gab noch zwei weitere kleine Schlafräume, in die man vom Wohnzimmer aus gelangte, und auch sie waren ärmlich möbliert. Die Familie hatte zwar nur wenige Habseligkeiten, aber sie waren gut in Stand gehalten, und das Haus wirkte tadellos sauber. Devlin war beeindruckt.
In der Zwischenzeit waren Molly und Jimmy am Bett der Mutter eingetroffen.
„Wie ist es ihr ergangen?" erkundigte Molly sich nervös, hockte sich neben das Bett und berührte die fieberheiße Stirn der Mutter.
„Sie war sehr still", antwortete er besorgt und bemühte sich mannhaft, nicht zu weinen. „Ich habe solche Angst!"
„Sei unbesorgt. Alles wird in Ordnung kommen. Ich möchte, dass du jetzt den Doktor holst, und zwar schnell."
„Den Doktor? Wie sollen wir ihn bezahlen?" fragte Jimmy, überrascht von der Bitte der Schwester. „Du weißt, was Mutter gesagt hat. Sie hat gesagt, wir seien ihm bereits zu viel schuldig."
„Das weiß ich, aber Devlin hilft uns. Er wird den Doktor bezahlen."
„Er?" In Jimmys
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