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033

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Titel: 033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: In seidenen Fesseln
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nach New Orleans reisen?"
    „Ja." Die unausgesprochene Missbilligung der Freundin ärgerte Reina. Nichts sollte sie davon abhalten, dem ihr vom Vater bestimmten Los zu entrinnen. Nichts!
    „Das kannst du nicht tun!" erwiderte Maria beharrlich und setzte sich neben sie.
    „Ohne Begleitung ist die Reise zu gefährlich!"
    „Gott wird mein Begleiter sein", entgegnete Reina pathetisch. „Vergiss nicht, ich bin jetzt Nonne. Niemand wird mich belästigen."
    „Ich bin mir dessen nicht so sicher wie du!"
    „Du kannst beruhigt sein, Maria. Mir wird nichts passieren." Mit bedauerndem Lächeln schaute Reina auf ihr formloses Nonnengewand. Sie war stets stolz auf ihre kostspielige Garderobe gewesen und hatte den größten Wert darauf gelegt, bei jedem Anlass richtig gekleidet zu sein. Doch für ihr Vorhaben war das Nonnengewand genau die richtige Verkleidung. Da es bei anderen Leuten den Eindruck von Reinheit, Keuschheit und Frömmigkeit erzeugte, war Reina überzeugt, kein Mann werde sie lüstern betrachten oder sie gar eines zweiten Blickes würdigen.
    Der Gedanke erleichterte sie ungemein, wenngleich diese Vorstellung in krassem Gegensatz zu ihrer sonstigen Einstellung stand. Sie musste, damit ihr die Flucht gelang, so unattraktiv wie möglich sein.
    „Ich hoffe, dass dir nichts passiert", erwiderte Maria.
    „Sobald mein Vater begriffen hat, dass ich Mr. Marlow nicht heiraten werde, kommt bestimmt alles wieder in Ordnung", meinte Reina zuversichtlich, da sie überzeugt war, er werde sich schließlich ihren Standpunkt zu eigen machen.
    Durch die geschlossene Tür war aus dem Korridor ein Geräusch zu vernehmen. In jähem Erschrecken riss die junge Nonne die Augen auf, weil sie unvermittelt erkannt hatte, in welch gefährlicher Lage sie und die Freundin waren. Nachdem Reina sich Hilfe suchend an sie gewandt hatte, war sie von ihr heimlich ins Kloster gebracht worden. Sie konnte es sich nicht leisten, dass irgendjemand Reinas Anwesenheit bemerkte. Und noch unangenehmer wäre es gewesen, wenn jemand sah, dass die Freundin den Habit einer anderen Nonne trug.
    „Pst!" Nervös blickte Maria zur Tür und ergriff Reinas Hand. „Wenn wir hier entdeckt werden ..." Bei der Vorstellung, überrascht zu werden, krampfte sich ihr der Magen zusammen. Die Oberin würde sehr verärgert sein, wenn sie erfuhr, was sich hier abgespielt hatte.
    Die Warnung der Freundin erinnerte Reina daran, dass sie den Sieg über die unbarmherzige Selbstherrlichkeit des Vaters noch nicht davongetragen hatte. Sie spürte sich ein wenig erblassen.
    „Wir werden ganz besonders vorsichtig sein müssen", warnte Maria.
    „Wann können wir verschwinden, ohne dass jemand mich sieht?"
    „Vielleicht in einer Stunde. Bis dahin sind alle Bewohner des Klosters zu Bett gegangen. Dann können wir uns heimlich davonmachen."
    „Gut! Dann muss ich nur noch unbehelligt zur Postkutsche gelangen. Danach ist alles ganz einfach."
    „Ich hoffe, du hast Recht, Reina."
    „Natürlich habe ich Recht. Wenn mein Vater feststellt, dass ich verschwunden bin, wird er begreifen, dass es ein großer Fehler war, mich zur Ehe zwingen zu wollen. Er wird so glücklich sein, mich wieder bei sich zu haben, dass er mit allem einverstanden sein wird", sagte Reina leichthin. Dennoch wunderte sie sich unwillkürlich, nachdem sie sich eingeredet hatte, alles werde so geschehen, wie sie das hoffte, über die in Bezug auf die Verlobung höchst eigenartige Verhaltensweise des Vaters. Es entsprach überhaupt nicht seinem Charakter, sie zu irgendetwas zu zwingen. Trotzdem hatte er ungeachtet ihrer kategorischen Weigerung, Mr. Marlow zu heiraten, nicht nachgegeben. Im Gegenteil, er hatte nur noch mehr darauf bestanden, dass sie ihm gehorchte, und sie sogar bestraft. Inständig hoffte sie, ihren Plan erfolgreich durchführen zu können, denn wenn die Flucht nicht gelang, dann würde nichts mehr so wie früher sein.
    Diese Aussicht erschreckte sie zutiefst. Entschlossen verdrängte sie den Gedanken, die Flucht könne ein Fehlschlag werden, und redete sich erneut ein, der Vater werde sich eines anderen besinnen. Er musste seinen Standpunkt ändern!
    „Wie steht es um deine finanziellen Mittel? Hast du genügend Geld bei dir?" wollte Maria wissen.
    „Ja, hinreichend. Oh, das erinnert mich ..." Reina kramte in dem mitgebrachten kleinen Ridikül und drückte ihr dann eine großzügig bemessene Entschädigung in die Hand.
    „Wofür ist das? Du wirst dein Geld brauchen."
    „Das ist für die beiden

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