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Habits", erklärte Reina mit leicht schuldbewusstem Lächeln.
„Ich will meine Seele nicht mit der Sünde belasten, einer Nonne etwas gestohlen zu haben. Leg das Geld dorthin, wo deine Mitschwester es findet."
Maria grinste. „Das werde ich tun."
„Muss ich noch etwas wissen?" Reina hatte nie Interesse an religiösen Dingen gezeigt. Nun beunruhigte es sie, dass sie so wenig über das Leben einer Nonne wusste.
„Meinst du, dich davon abhalten zu können, mit einem Mann zu schäkern?" fragte Maria scherzhaft. Sie wusste, wie sehr die Freundin die Aufmerksamkeiten aller gut aussehenden jungen Männer genoss, die sich stets um ihre Gunst bemühten.
„Ach, mach dir deswegen keine Sorgen", antwortete Reina ernst. „Im Moment sind Männer das Letzte, was ich im Sinn habe. Mir liegt nur daran, nach New Orleans zu kommen."
„Nun, in dem Fall wird wohl alles glatt gehen. Aber vergiss auf der Reise nicht, wer du angeblich bist. Du bist nicht mehr Reina Alvarez, sondern Schwester Maria Regina. Denk daran!"
„Ich werde es nicht vergessen."
Maria ging zu der kleinen Kommode, um den letzten Gegenstand zu holen, der zum Habit gehörte. „Hier", sagte sie. „Befestige den Rosenkranz rechts an deinem Gürtel."
Reina stand auf, befolgte sorgsam die Anweisung und warf dann einen letzten Blick in den Spiegel. Die Verwandlung war vollzogen. Die echte Reina Alvarez war verschwunden, und an ihrer Stelle stand jetzt Schwester Maria Regina, eine Person voller Geduld und Liebe, Freundlichkeit und Demut, die ihr Leben dem Dienst an der Menschheit geweiht hatte.
„Jetzt siehst du perfekt aus", meinte Maria zufrieden.
„Ich danke dir, Maria. Du ahnst nicht, wie viel mir deine Hilfe bedeutet", erwiderte Reina ehrlich bewegt.
„Du bist meine Freundin, Reina. Ich hoffe, dass alles so wird, wie du es dir vorstellst."
„Das wird geschehen", sagte Reina. „Es muss so sein!"
Eine Weile später sah Maria vom Fenster ihres Zimmer aus Reina auf dem Weg in die Stadt außer Sicht geraten. Rasch sprach sie ein Gebet und erflehte Gottes Beistand und Schutz für die Freundin auf deren Reise gen Osten.
Juan Sánchez stand verlegen vor seinem Furcht einflößenden Auftraggeber und räumte betreten ein: „Wir haben keine Spur von Ihrer Tochter gefunden, Señor Alvarez." Da ihm von dessen aufbrausendem Wesen erzählt worden war, hatte es ihm davor gegraust, dem Haziender o die schlechte Nachricht zu überbringen.
Luis war ein hoch gewachsener, distinguiert aussehender Mann Mitte Fünfzig. Steif stand er hinter seinem Schreibtisch und schaute den von ihm engagierten Detektiv an.
Sein vorwurfsvoller Blick war starr auf Señor Sánchez gerichtet, während er in drohendem Ton fragte: „Keine?"
„Nein, Señor Alvarez. Wir haben überall dort, wo wir Ihren Angaben zufolge suchen sollten, Nachforschungen angestellt, jedoch keine Spur von Ihrer Tochter gefunden."
Innerlich kochte Luis vor Wut. Er bezwang sie jedoch und erwiderte verbissen: „Das genügt mir nicht, Señor Sánchez! Befragen Sie alle Leute noch ein weiteres Mal.
Meine Tochter kann nicht vom Erdboden verschwunden sein!"
„Ja, Señor", willigte Juan rasch ein, da er die gereizte Stimmung seines Auftraggebers fürchtete. „Mein Partner und ich werden die Suche unverzüglich wieder aufnehmen." Eifrig darauf bedacht, aus Luis Alvarez' gefährlicher Nähe zu verschwinden, verneigte er sich und ging zur Tür.
„Señor Sánchez!" rief Luis ihm scharf zu, als dieser im Begriff war, die Tür zu öffnen.
„Sie wünschen, Señor?"
„Achten Sie darauf, dass Sie sich diskret nach meiner Tochter erkundigen", sagte Luis in nicht mehr ganz so barschem Ton. „Ich will, dass Sie sie finden, aber ihr Verschwinden soll nicht allgemein bekannt werden!"
„Sehr wohl, Señor!" erwiderte Juan respektvoll und verließ geschwind den Raum.
Die junge Dame tat ihm Leid, denn zweifellos würde sie den Zorn des Vaters zu spüren bekommen, wenn sie zu ihm zurückgebracht worden war.
Señor Sánchez hatte kaum die Tür hinter sich zugemacht, als Luis wütend mit der Faust auf den Schreibtisch schlug und wüst fluchte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Reina in ihrer Aufsässigkeit so weit gehen würde. Er liebte und vergötterte sie, konnte jedoch nicht zulassen, dass sie sich ungestraft so benahm, denn durch ihr unerhörtes Verhalten stellte sie ihn als schwach und rückgratlos hin, als Mann, der seine Tochter nicht kontrollieren konnte. Er war jedoch stolz und nicht gewohnt, zum
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