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freundlich und zuvorkommend sein konnte, ganz, wie die Situation es erforderte. Er verkörperte alles, was sie sich bei einem Mann wünschte, und erstaunt erkannte sie, dass sie sich in ihn verliebt hätte, wären sie sich zu einem anderen Zeitpunkt und bei irgendeinem anderen Anlass begegnet.
„Vielleicht hat das Schicksal uns zusammengebracht", meinte er und zog sie noch mehr an sich. Doch dann, als er durch ihre Nähe unvermittelt größere Erregung verspürte, rief er sich streng zur Ordnung und redete sich ein, es mache ihm nicht wirklich Freude, sie in den Armen zu halten. Erneut hielt er sich vor, dass er nur einen Auftrag auszuführen habe.
„Das würde ich gern denken", erwiderte sie, hingerissen von dem Gefühl, mit ihm Walzer zu tanzen. Sie bewegten sich sehr harmonisch, ganz aufeinander eingestellt, und schwebten zu der beschwingten Musik so elegant durch den Saal, als seien sie füreinander geschaffen worden. Reina war sich nur Mr. Cordells starker Hände bewusst und wollte glauben, dass es vielleicht wirklich das Schicksal gewesen sei und nicht der Vater mit seinem durchtriebenen Plan, wodurch sie dazu gebracht worden war, diesen Moment erleben zu können.
Mr. Cordell und sie hingen beim Tanzen den Gedanken nach. Clay sagte sich, er müsse sich auf den Grund konzentrieren, dessentwegen er hier war, er dürfe Miss Alvarez' hintertriebene Art nicht außer Acht lassen und auch nicht das Leiden des Freundes. Seine im Allgemeinen so starke Willenskraft war jedoch durch die zahlreichen Whiskys geschwächt worden, die er im Verlauf des Abends getrunken hatte. Plötzlich wurde seine eiserne Selbstbeherrschung durch den von Miss Alvarez ausgehenden Duft zum Erliegen gebracht, durch ihren betörenden Körper und die Erinnerung daran, wie sie sich vor dem Herd das Haar gebürstet hatte. In diesem berauschenden Moment erlag er dem süßen, himmlischen Zauber des Augenblicks.
Er schaute Miss Alvarez an und sah, dass sie die dunklen, verträumt glänzenden Augen auf ihn gerichtet hatte. Er verspürte Verlangen und begriff plötzlich, dass er es
so haben wollte. Er spielte nicht länger eine Rolle. Er begehrte Miss Alvarez. Er hatte sie bereits begehrt, als er noch glaubte, sie sei Nonne, und jetzt gelüstete es ihn noch mehr nach ihr, da er nun wusste, dass er keine Gewissensbisse haben müsse.
Beim Ausklingen des Walzers sorgte er dafür, dass er mit Miss Alvarez in die Nähe der französischen Tür kam, durch die man auf den Balkon gelangte. Ehe Reina etwas äußern konnte, hatte er sie dann in die Ungestörtheit bietende Dunkelheit der kühlen Nacht entführt.
Sein Wagemut erschreckte sie, doch sie leistete keinen Widerstand, als er sie sacht, aber nachdrücklich von der Tür fort und in die Finsternis der wundervollen Nacht zog.
Lächelnd vertraute er ihr an: „Ich wollte nicht das Risiko eingehen, mit einem der anderen Herren zusammenzutreffen. Nachdem ich Sie endlich gefunden habe, möchte ich Sie nie mehr verlieren, weder an David noch an Lucien oder sonst jemanden."
Nach dieser Äußerung empfand Reina höchstes Entzücken. Sie achtete nicht mehr darauf, ob seine Worte irgendeinen doppelten Sinn enthielten. Im Herzen wollte sie alles glauben, was er zu ihr sagte.
Er schloss sie in die starken Arme, und willig schmiegte sie sich an ihn. Ihm kam der Gedanke, dass sie sich wahrscheinlich bei jedem Mann so verhielt, doch seine Leidenschaft war so groß, dass er diese hässliche Möglichkeit weit von sich wies. Er wollte Miss Alvarez nur in den Armen halten und küssen. Denken wollte er jetzt nicht.
Clay neigte sich zu ihr und gab ihr einen Besitz ergreifenden Kuss, in dem sie schwelgte. Instinktiv erkannte sie, dass solche Zärtlichkeiten das waren, was sie sich schon seit der ersten Begegnung mit ihm gewünscht hatte.
Leidenschaft wallte in ihnen beiden auf, als ihre Lippen sich zum ersten Mal berührten. Er drückte Reina an seine Brust, küsste sie stürmischer, nötigte sie, die Lippen zu öffnen, damit er ihren süßen Mund erkunden konnte.
Sein Kuss war überwältigend, der Kuss eines Mannes, und ganz anders als alle anderen Küsse, die Reina je bekommen hatte. Mr. Marlows Zärtlichkeiten hatten sie unbeteiligt gelassen, und die wenigen anderen Männer, von denen sie geküsst worden war, hatten es nie vermocht, sie in irgendeiner Weise zu erregen. Einzig und allein Clay war durch seine gekonnten, betörenden Liebkosungen imstande, dieses starke, brennende Verlangen in ihr zu wecken. Sie
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