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Ehre, Miss Isabel", sagte er, ihren Namen sehr bedächtig aussprechend, als koste er den Klang aus.
„Mr. Randolph hat Sie mir zwar als alten Freund seiner Familie vorgestellt, aber alt sehen Sie nicht aus", äußerte sie keck. „Kennen Sie sich schon lange?" Sie wollte wissen, welche Verbindungen er in Louisiana hatte. Es war eine Sache, dass der Vater einen Kopfgeldjäger hinter ihr hergeschickt hatte, aber eine ganz andere, Mr. Cordell sich so in der hiesigen Gesellschaft bewegen zu sehen, als gehöre er dazu.
„David, Lucien und ich sind zusammen aufgewachsen", antwortete Clay, ohne weitere Erklärungen hinzuzufügen. Je weniger Miss Alvarez über ihn wusste, desto besser.
„Ich bin überrascht", erwiderte sie. „Meine Cousine Emilie hat mir gesagt, wer heute Abend anwesend sein würde. Ich erinnere mich jedoch nicht, dass sie Ihren Namen erwähnt hat." Hätte Emilie jemanden erwähnt, der Cordell hieß, wäre Reina ganz gewiss nicht zum Ball gekommen.
„Ich war einige Zeit fort und bin auch nicht mit den De-lacroix' bekannt", sagte Clay.
„Das ist jedoch etwas, das ich in Kürze zu ändern gedenke."
„Clay war im Westen", schaltete David sich ein. Er war stolz darauf, dass der Freund es gewagt hatte, von zu Hause fortzugehen und ein neues Leben zu beginnen.
„Ach, wirklich? Wo waren Sie dort?"
„Die meiste Zeit in Kalifornien."
„Wie hat es Ihnen da gefallen? War es aufregend?" fragte Reina und wünschte sich mehr als alles andere, dass er unverzüglich dorthin zurückkehren möge.
„Ja, es ist ganz hübsch dort", antwortete er trocken. „Wo sind Sie zu Hause, Miss Isabel?"
„Ich stamme aus San Antonio", antwortete sie rasch. Sie hatte sich die von Emilie und ihr ausgedachte Herkunft immer wieder ins Gedächtnis zurückgerufen, bis sie alle Einzelheiten auswendig kannte.
Noch eine Lüge, dachte Clay boshaft. „Ich wette, bei Ihrer Abreise haben Sie viele gebrochene Herzen zurückgelassen", äußerte er mit zusammengebissenen Zähnen.
„Gibt es jemand Bestimmten, der in San Antonio auf Sie wartet?"
„Nein."
Ausnahmsweise hatte Miss Alvarez die Wahrheit gesagt.
Sie hatte nicht versucht, ihn in dieser Hinsicht zu belügen. Niemand, den sie bei ihrer Flucht zurückgelassen hatte, bedeutete ihr etwas. Nur sie selbst war für sie von Bedeutung.
Die Musik setzte wieder ein, und Clay wusste, dass er schnell handeln musste, ehe Lucien oder David oder irgendein anderer junger Mann Miss Alvarez zum Tanz aufforderte. „Möchten Sie tanzen, Miss Isabel?"
Sie wahrte kühle Gelassenheit und antwortete: „Gern, Clay. Vielen Dank."
13. Kapitel
Die beschwingten Klänge eines Walzers tönten durch den Ballsaal, als Clay Miss Alvarez auf die Tanzfläche führte. Es freute ihn, dass die Sache so glatt verlief, und er beglückwünschte sich zu seinen schauspielerischen Fähigkeiten. Er hatte Miss Alvarez dazu gebracht, dass sie ehrlich davon überzeugt war, er habe sie nicht erkannt. Nun war er zuversichtlich, dass er, wenn er für den Rest des Abends seine Rolle überzeugend spielte, bald mit Miss Alvarez auf dem Weg nach Kalifornien sein werde.
Er wandte sich ihr zu, lächelte sie herzlich an und nahm sie in die Arme, bereit, mit ihr zu tanzen. Nach der ersten intimen Berührung durch seine auf ihrer Taille liegenden Hand verspürten sie beide unerwartet sinnliche Erregung. Sie zögerten, stumm vor Überraschung, blieben still stehen und starrten sich beinahe staunend an.
Das Verlangen, das Miss Alvarez weckte, war sehr stark, aber das Letzte, wonach Clay jetzt der Sinn stand, war eine intime Beziehung zu ihr. Die Rolle des hoffnungsvollen Verehrers, die er übernommen hatte, war eben nur eine Rolle, die er spielte, nichts anderes.
„Sie sind sehr schön, Miss Isabel", murmelte er verführerisch und begann, mit ihr zu tanzen.
„Vielen Dank, Clay", erwiderte sie und schaute ihn mit leicht verschleiertem Blick an.
Der angenehme Champagnergenuss erregte ihr die Sinne und hatte ihre Stimmung beträchtlich gehoben. Verträumt dachte sie an die Nacht in der Postkutschenstation und daran, wie wunderbar Mr. Cordell mit entblößtem Oberkörper im Mondlicht ausgesehen hatte. Bei der Erinnerung an diesen Anblick schlug ihr das Herz schneller, und sie bedauerte, dass es so viel gab, was zwischen Mr. Cordell und ihr stand.
Sie überlegte, wie anders sich alles hätte entwickeln können, würde er nicht für ihren Vater arbeiten. Er war ein aufregender Mann, der, wie sie wusste, sehr mutig,
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