033
reisen mit mir nach Kalifornien. Also, was wollen Sie jetzt? Muss ich Sie hier gefesselt und geknebelt zurücklassen, bis ich wieder da bin, oder begleiten Sie mich widerstandslos und spielen die Rolle meiner mich vergötternden kleinen Frau?"
„Ich werde mich nie als Ihre Frau ausgeben!"
„Wie Sie wollen. Da Sie jedoch eine so gute Schauspielerin sind, dürfte es Ihnen nicht schwer fallen, Ihre wahren Gefühle zu verhehlen und alle Mitreisenden davon zu überzeugen, dass wir vor kurzem geheiratet haben und wahnsinnig ineinander verliebt sind."
„Fahren Sie zur Hölle!"
„Sie haben sich entschieden", erwiderte Clay beinahe bedauernd und knebelte rasch Miss Alvarez. „Es ist schade, dass Sie noch so unpässlich sind, meine liebe kleine Frau. Ich werde Sie beim Kapitän entschuldigen und ihm sagen, dass Sie sich blicken lassen werden, sobald Sie sich wohler fühlen."
Er überprüfte die Fesseln, um sicher zu sein, dass Miss Alvarez in seiner Abwesenheit nicht entkommen konnte. Uberzeugt, sie könne sich nicht befreien, machte er sich dann für das Abendessen zurecht. Er ignorierte ihre wilden, verzweifelten, hasserfüllten Blicke. Als er dann einige Minuten später zur Kabinentür ging, blieb er stehen und drehte sich zu Miss Alvarez um.
„Noch haben Sie Zeit, sich eines anderen zu besinnen und zu beschließen, dass Sie mit Ihrem Gatten am Abendessen teilnehmen wollen."
Obwohl Reina geknebelt war, schrie sie sich ihre Wut und Verbitterung von der Seele, doch Mr. Cordell lachte nur wieder und griff nach der Türklinke.
„Wie ich merke, wollen Sie Ihre Entscheidung nicht revidieren. Nun, dann sehen wir uns später. Ich hoffe, dass Sie bei meiner Rückkehr etwas umgänglicher sein werden."
Nie im Leben war Reina vor Wut so außer sich gewesen, als sie die Kabinentür leise hinter Mr. Cordell zufallen sah. All die Liebe, die sie früher für ihn zu empfinden überzeugt gewesen war, hatte sich in Hass verwandelt. Oh, wie sie ihn hasste, diesen arroganten, durch und durch selbstherrlichen Kerl! Erneut wurden ihr die Augen feucht, doch wieder hielt sie die Tränen zurück. Sie war keine Heulsuse. Nein, sie konnte sich beherrschen.
Sie verspürte das brennende Verlangen, Mr. Cordell eine Lektion zu erteilen. Er wollte mit harten Bandagen kämpfen, und das konnte auch sie tun. Da er ihre schauspielerischen Leistungen bereits bemerkenswert gefunden hatte, würde er sich wundern, zu was sie noch fähig war. Sie würde vortäuschen, auf sein Spiel einzugehen, am Ende jedoch diejenige sein, die gewann. Sie würde nicht zulassen, dass er sie zu ihrem Vater und Mr. Marlow brachte.
Reina zwang sich zur Ruhe und hörte auf, an den Fesseln zu zerren. Jetzt war es notwendig zu überlegen, was sie als Nächstes tun würde. Sie wusste, leicht würde es nicht sein, Mr. Cordell zu entkommen, aber irgendwie musste sie ihm entwischen, ehe man in Kalifornien eintraf.
Es war dunkel, als Clay, ein mit Speisen beladenes Tablett tragend, in die Kabine zurückkehrte. Er machte Licht und sah, dass Miss Alvarez wach war und ihn beobachtete. Boshaft erzählte er ihr, der Kapitän lasse sie grüßen und ihr ausrichten, er hoffe, sie möge sich am nächsten Tag besser fühlen. Dann nahm er ihr den Knebel und die Handfesseln ab, half ihr beim Aufsitzen und riet ihr, etwas zu essen.
Da sie sich weigerte und sich auch nicht für die Nacht herrichten, sondern in ihrem Kleid schlafen wollte, zuckte er nur mit den Schultern und fing an, sich bis auf die Unterhosen zu entkleiden. Schließlich wies er sie an, sich wieder hinzulegen, um sicher zu sein, wo sie war, wenn er das Licht gelöscht hatte.
Widerstrebend gehorchte sie, lag steif im Bett und rechnete damit, dass er versuchen würde, sie zu belästigen. Nachdem er das Licht ausgemacht hatte, war es stockfinster. Er streckte sich neben ihr aus. Zu ihrer Erleichterung hatte er es unterlassen, sie wieder zu fesseln.
„Ich weiß, was Sie jetzt denken, Miss Alvarez. Nein, ich werde Sie heute Nacht nicht anbinden. Aber vergessen Sie nicht, dass ich einen leichten Schlaf habe. Sie werden es büßen, falls ich Sie dabei ertappe, dass Sie mir entkommen wollen. Haben Sie begriffen?"
„Ja", antwortete sie mürrisch.
„Gut! Dann schlafen Sie jetzt."
Sie sehnte sich danach, schlafen zu können, fand indes keine Ruhe und fragte sich, während die Stunden in quälender Langsamkeit verstrichen, ob die Nacht nie vorüber sein würde. Endlich schlief sie ein.
Es war längst nach Mitternacht, als
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