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0334 - Der Hexenspiegel

0334 - Der Hexenspiegel

Titel: 0334 - Der Hexenspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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er gegen das Holz.
    »Aufmachen, Saranow! Abramov!« rief er.
    Saranow öffnete die Tür mit einem Ruck.
    »Was zum Teufel poltern Sie da auf dem Gang herum, Genosse Spion?« fauchte er. »Als wenn wir hier nicht schon genug Ärger hätten!« Da sah er die totenbleiche Natascha.
    »Reinkommen«, entschied er. »Schnell. Was war los?«
    »Hier hat jemand geschrien«, sagte Natascha. »Wie im Sterben…«
    »Du hast es also auch gehört?« stutzte Saranow. »Das ist… eigenartig. Wir…«
    »Was macht denn Abramov da?« fragte Semjonow.
    Saranow fuhr herum. Abramov beugte sich über den Spiegel und war damit beschäftigt, den Drudenfuß und das Bannzeichen zu verwischen.
    Seine Augen waren seltsam leer. Mit einem Satz war der massige Saranow bei ihm, riß ihn an der Schulter hoch und trieb ihn mit einem betäubenden Fausthieb zum Bett. Abramov kippte hintenüber und blieb liegen.
    »Ist denn hier jeder verrückt geworden?« rief Semjonow scharf. »Wie können Sie den Mann niederschlagen, Genosse?«
    »Schauen Sie sich an, was er angerichtet hat«, fauchte der Parapsychologe zurück und deutete auf die restlos verwischten Zeichnungen.
    »Ich hatte es geschafft, die Spiegelgefahr einzudämmen, und da kommt dieser besessene Troll und wischt alles wieder aus.«
    »Das ist doch kein Grund, ihn so zu schlagen«, protestierte auch Natascha, die immer noch bleich war.
    »Erstens hat er mit dem Prügeln angefangen«, brummte Saranow verdrossen.
    »Zweitens ist er besessen. Er steht unter dem Bann der Kraft, die im Spiegel lauert. Deshalb hat er auch gewischt. Und jetzt… verdammt, die Kreide!«
    Abramov hatte ganze Arbeit geleistet und den Kreidestummel so zu Pulverstaub zerbröselt, daß sich nichts mehr damit anfangen ließ.
    »Ich habe Angst«, flüsterte Natascha. »Ich fühle das Böse.«
    Der Parapsychologe zuckte mit den Schultern. Er zeichnete die verwischten Linien auf dem Spiegelglas mit dem Finger nach, während er einen Bannspruch aufsagte. Während er noch versuchte, das magische Siegel auf diese Weise zu erneuern und zu festigen, hörte er ein leises Klagen, das immer lauter und lauter wurde. Auch Natascha vernahm es.
    »Nicht schon wieder«, flüsterte sie. »Ich ertrage es nicht. Hör auf, Boris!«
    Er ignorierte alles und konzentrierte sich auf die Magie, mit der er die Kraft im Spiegel bannen wollte.
    Das Klagen wurde zu einem schauerlichen Heulen. Etwas klirrte und knackte. Saranow achtete nicht darauf. Semjonow sah zur Zimmerdecke hoch.
    »Nein!« schrie er.
    Die schwere Lampe schaukelte gefährlich hin und her! Licht und Schatten wanderten geisterhaft durch das Zimmer, berührten dies und jenes. Das Heulen in den Gehirnen Saranows und des Mediums wurde zum irren Kreischen.
    Die Deckenlampe löste sich und fiel in die Tiefe.
    Natascha schrie vor Entsetzen.
    Mit einem dumpfen, häßlichen Geräusch prallte die Lampe auf und tötete Leonid Abramov.
    ***
    Zamorra hatte Merlins Stern aktiviert. Er betrat das kleine Bad und blieb vor dem Spiegel stehen, der wieder klar war. Die seltsame silberne Scheibe in seiner Hand, einst von Merlin aus der Kraft einer entarteten Sonne geformt, vibrierte leicht. Also mußte schwarzmagische Energie im Spiegel lauern.
    Insgeheim schalt Zamorra sich einen Narren. Er hätte das Amulett sofort benutzen sollen, als er den Spiegel matt sah. Aber er hatte an eine Sinnestäuschung geglaubt, hatte sich selbst beruhigt.
    Es war ein Fehler gewesen.
    Merlins Stern gehorchte ihm nicht immer. Es gab Phasen, in denen das Amulett ihm den Gehorsam verweigerte. Aber jetzt schien es zufriedenstellend zu funktionieren. Es hatte dem Gedankenbefehl gehorcht. Unglaubliche und unbegreifliche Kräfte pulsierten in der handtellergroßen Silberscheibe.
    Langsam, vorsichtig hob Zamorra sie an, brachte sie auf gleiche Höhe mit der Spiegelmitte.
    Nichts geschah. Nur das Amulett zuckte leicht in Zamorras Händen.
    Es nahm eine schwarzmagische Kraft wahr. Und es wollte losschlagen, aber der zündende Funke fehlte noch.
    Langsam brachte Zamorra das Amulett dem Spiegel näher.
    Täuschte er sich, oder war es wärmer im Bad geworden?
    Auch das Amulett erwärmte sich in seinen Händen, um so stärker, je näher es dem Spiegel kam. Letztes untrügliches Zeichen für Schwarze Magie. Als es nur noch einen Zentimeter vom Glas entfernt war, schien es weiß zu glühen. Aber die Hitze konnte Zamorra nicht verbrennen. Sie war von anderer Art.
    Er zögerte. Was würde geschehen, wenn er den Spiegel berührte?
    Noch

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