0334 - Grauen in den Katakomben
sehr wohl aufgefallen, sie hatte auch ihren Fluchtweg gesehen, aber sie war einfach zu durcheinander gewesen.
Und mit Ratten hatte Pierre schon immer gern experimentiert.
Als sie daran dachte, klopfte ihr Herz noch schneller. Für einen Moment dachte sie an den Rückzug, dann schüttelte sie den Kopf und gab sich selbst einen innerlichen Ruck.
Ihr würde Pierre schon nichts tun…
Im ersten dünnen Schlamm blieb sie stehen. Über ihr war der Einstieg zu einem kleinen Loch zusammengeschmolzen. Aber zurück wollte sie ja nicht, nur nach vorn.
Sie tauchte in den Gang. Erst jetzt fiel ihr auf, daß sie in der Hektik der vergangenen halben Stunde eine Taschenlampe vergessen hatte. So war sie gezwungen, sich im Dunkeln weiterzubewegen.
Es würde schwierig sein, die Behausung ihres Freundes zu finden, trotz ihres guten Gedächtnisses.
Zum Glück brannten hin und wieder Lampen, so daß sie sich orientieren konnte.
Und sie sah die Ratten.
Keine Riesentiere, sondern normale, fette, feuchtglänzende Nager, die schattenhaft an den Wänden der Stollen entlang huschten und in irgendwelchen Schlupflöchern verschwanden.
Claudine hatte sich nie vor diesen Tieren geekelt. Nach dem Erscheinen der Riesenratte tat sie es doch und schüttelte sich. Sie betrachtete das Auftauchen der Ratten als böses Omen.
Irgendwann blieb sie stehen. Zum Glück nahe einer an der Decke hängenden trüben Lampe, die ihr Licht breit verteilte. Scharf dachte sie darüber nach, ob ihr die Stelle bekannt war, wo sie sich aufhielt?
Sie konnte sich schlecht erinnern. Irgendwo in der Nähe hatte es hier eine Treppe gegeben, die sie hochgegangen waren.
Nischen waren auch vorhanden, nur ohne Treppen, und sie sah auch keine Türen, die zu anderen Räumen führten.
Das war schon alles sehr seltsam…
Einige Schritte ging sie vor. An die unterirdischen Geräusche hatte sie sich mittlerweile gewöhnt. Das waren das Rauschen des Wassers und die trippelnden Schritte der Ratten.
Doch das Geräusch, das nun an ihre Ohren drang, paßte nicht zu den normalen.
Es waren Schreie!
***
Die jungen Menschen konnten sich als Gefangene bezeichnen. Sie steckten in der engen Nische, die ihnen keine Ausweichmöglichkeiten bot.
Hinten die Mauer und vorn der schmale Eingang, verdeckt vom Schädel einer Riesenratte.
Hugo Rafaud ging es etwas besser. Er war endlich dazu gekommen, wieder Luft zu holen. Mit dem Rücken hatte er sich gegen die feuchte Mauer gepreßt, den Kopf hochgelegt und atmete einige Male tief und fest durch. Sein Gesicht war ebenso von der Angst gezeichnet wie die Züge der anderen Freunde.
Sie wußten genau, daß sie nur mehr eine Galgenfrist bekommen hatten, aber niemand wagte es, dies offen auszusprechen.
Und so warteten sie.
Vor dem Eingang drängten sich die beiden Riesenratten. Die Öffnung war nur so groß, daß eine Ratte einen Teil ihrer großen Schnauze hineinschieben konnte.
Dennoch versuchte es das Tier.
Mit Schrecken nahmen die Eingeschlossenen wahr, wie sich das Maul der Ratte weit öffnete. Plötzlich blitzten die Zähne, und die Ratte schlug auch beide Kiefer zusammen.
Madelaine zuckte voller Angst zurück, aber sie wurde nicht erwischt.
Noch existierte eine Distanz zwischen den Menschen und dem Riesentier.
Die Ratte versuchte es weiter.
Und sie hatte Kraft.
Voller Grauen erkannten die Eingeschlossenen, daß sich der übergroße Nager weiter vordrückte. Er schob sich praktisch von hinten weiter, um sich in die Öffnung hineinzudrücken. Die beiden Ohren schrammten an den Ecken entlang.
Fell wurde aufgerissen. Knorpel knirschten, und die Nische war angefüllt vom wilden, schrillen Fiepen des unheimlichen Nagers, der alles aus dem Weg räumen wollte, was sich ihm entgegenstellte.
Die vier waren so weit zurückgewichen, bis es nicht mehr ging.
Jetzt preßten sie ihre Rücken gegen die Rückwand und warteten ab, ob die Ratte es schaffte.
Noch hing sie fest…
Aber sie versuchte es nun auf eine andere Art und Weise, indem sie ihren Schädel ein wenig zurücknahm und anfing, ihn zu drehen, um sich so in die Nische zu schieben.
»Das schafft sie!« keuchte Giselle. »Verdammt, das schafft sie.«
Das Mädchen klammerte sich an Henri Druc fest, aber der hatte ebensoviel Angst wie sie und konnte sie nicht beschützen.
»Verdammt!« schrie Madelaine. »Hat denn keiner von euch eine Waffe mitgenommen?«
»Nein!« knirschte Henri.
»Auch kein Taschenmesser?« fragte Hugo.
»Doch, das habe ich« erwiderte Henri
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