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034 - Der Weg nach Westen

034 - Der Weg nach Westen

Titel: 034 - Der Weg nach Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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sie vor zwei Tagen die vier Jägerinnen mit der Beute zurückgelassen hatten, gerieten sie in Streit. Urluk wollte auf dem schnellsten Weg zu Gorkan und der Königin. »Wir müssen unsere Stämme warnen«, sagte er. Barah aber bestand darauf, dass sie zuerst zu den vier Frauen ritten. Sie stellte es dem Buckligen frei, sich von ihr zu trennen.
    Er blieb bei ihr, und Barah rechnete ihm das hoch an.
    Kurz vor Sonnenaufgang erreichten sie das Lager, wo sie die vier Jägerinnen zurück gelassen hatten. Schon von fern hörten sie Schreie.
    Sie hielten die Tiere an und lauschten. Es waren Schreie aus Frauenkehlen, ohne Zweifel. Barah stieg vom Sebezaan und zog ihr Schwert aus der Scheide. Auch Urluk rutschte vom Rücken seines Reittiers. Er packte seine Streitaxt. Hinter Barah her schlich er ins Unterholz.
    Schritt für Schritt pirschten sie sich an die Stelle heran, von der die Schreie kamen. Jetzt hörten sie auch Stimmen. Männerstimmen. Je weiter sie kamen, desto deutlicher hob sich eine Stimme ab eine hohe, krächzende. Und immer wieder übertönten die schrillen Schreie die Männerstimmen.
    Kurz darauf sahen sie Menschen. In einem Farnfeld duckten sie sich hinter einen Busch. Vorsichtig bog Barah die Zweige ein wenig zur Seite. Was sie sehen musste, trieb ihr das Blut aus dem Gesicht.
    Überall hielten sich fremde Männer zwischen den Bäumen und Büschen auf, zwanzig und mehr. Dürre hochgewachsene Männer in schwarzen Kleidern, die ihre Beine, Oberkörper und Arme bedeckten. Kapuzen verhüllten die Köpfe einiger. Andere jedoch trugen die Kapuzen zurückgeschlagen und der Anblick ihrer Schädel und Gesichter traf Barah wie ein Keulenschlag: Spitze, eingefallene Gesichter waren es, die aschgraue Haut wie die getrockneter Früchte, tief in riesigen Höhlen liegende Augen und sich überdeutlich abzeichnende Kiefer, Wangenknochen und Brauenwülste. Wie Totenschädel sahen sie aus, und fast so kahl waren sie. Barah schwindelte; ihr stockte der Atem. Urluks Hand schloss sich schmerzhaft um ihren Oberarm. Sie spürte, wie ihr Gefährte zitterte.
    Jeweils zwei bis drei der Männer hielten die vier Jägerinnen fest. Die Frauen wanden sich in ihren Händen, strampelten und schrien. Eine von ihnen wurde keine zwanzig Schritte von Barahs und Urluks Deckung entfernt zu Boden gestoßen. Drei der Unheimlichen warfen sich auf sie und hielten sie fest. Ein vierter beugte sich über die Schreiende. In seiner Rechten sah Barah ein Messer. Er stieß zu, traf sie am Hals und schloss seinen fahlen knochigen Mund über der Wunde. Das Geschrei der Jägerin ging in jammerndes Röcheln über und verstummte schließlich ganz.
    Sie saufen ihr Blut… dachte etwas in Barahs Kopf. Bei Quadra und Wudan es kann nicht sein, aber ich sehe es: Sie saufen ihr Blut…
    Den anderen Jägerinnen erging es nicht besser. Zwei oder drei der Unheimlichen drückten sie ins Unterholz, ein weiterer trieb seine Klinge ins Fleisch ihres Halses und stülpte den Mund über die sprudelnde Wunde. Die fahlen Totenschädel wechselten sich ab an den sterbenden Jägerinnen. Bald erfüllte ihr Schmatzen den Ort des Grauens.
    Es sind Jäger, dachte Barah, aber es sind verfluchte Jäger aus Orguudoos finsterer Tiefe… Kalter Schweiß trat auf ihre Stirn. Sie wollte ihren Blick losreißen, doch es gelang ihr nicht. Als hätte das Böse sie hypnotisiert, musste sie die Gräuelszenen zwischen den Bäumen im Unterholz anstarren.
    Und während Geschrei und Geröchel der armen Jägerinnen nach und nach erstarben, hob sich auch die andere Stimme wieder deutlicher aus dem Tumult ab jene bellende, krächzende. Hinter den Mördern der Jägerinnen, einen Speerwurf weit tiefer im Wald schritt er auf und ab, der Mann, dem sie gehörte.
    Auch dort hielten sich viele der Blutsäufer auf. Er schien ihr König zu sein, denn er fuchtelte mit beiden Armen, schrie die anderen an, scheuchte sie hierhin und dorthin. Sie trugen Schläuche und kleine Säcke hin und her rote Säcke, so groß wie zwei Abdrücke von Barahs Füßen…
    Zunächst glaubte sie, es sei ein Sandhaufen, an dem sich die Unheimlichen dort hinten im Wald zu schaffen machten. Dann aber musste sie erkennen, dass es ein Sebezaan war. Noch schien Leben in ihm zu sein, denn sein Bauchfell zitterte und Barah glaubte seine hechelnden Atemzügen zu hören.
    Die verfluchten Mörder schienen die Schläuche in das Halsfell der Riesenkatze zu stecken. Und schlagartig begriff Barah, dass die kleinen Säcke in ihren knochigen Händen nicht

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