0342 - Vampire in Petrila
sollte.
Genau wußte er es nicht, er war nicht dabei gewesen, aber die Leute sprachen sehr oft davon, und sie waren nicht begeistert, in ihrer Nähe eine Königin der Vampire unter der Erde zu wissen. Manche behaupteten, daß so etwas eine permanente Gefahr bildete.
Zum Glück gab es Menschen, die aufpaßten.
Zu ihnen gehörte auch Marek, der Pfähler.
Da sich Wintek des öfteren auf dem Friedhof herumgetrieben hatte, war er dem Pfähler zwangsläufig begegnet. Und Marek mochte diesen Typ nicht. Es beruhte auf Gegenseitigkeit, auch der Krumme wollte mit Marek nichts zu tun haben. Instinktiv fürchtete er sich vor ihm und ging ihm nach dem dritten zufälligen Treffen aus dem Weg.
Er nahm wieder Jobs an, tötete auch die Hühner, und danach hatte er ein außergewöhnliches Erlebnis gehabt.
Ihm war ein Mann begegnet.
Gesehen hatte er ihn noch nie, wohl den Namen gehört. Boris Bogdanowich.
Man hatte manchmal in den Schänken von ihm gesprochen, flüsternd und mit einem gewissen Timbre der Angst in der Stimme.
Der Krumme wußte sehr wohl, daß es sich bei Boris um einen Vampir handelte, doch ihm war er nicht als Blutsauger begegnet, sondern als Auftraggeber, denn er hatte einen Job für ihn.
Einen außergewöhnlichen, wie ihn Wintek noch nie zuvor bekommen hatte. Dafür wurde er außergewöhnlich gut bezahlt, und der Krumme stimmte zu, obwohl es nicht einfach war.
Aber Geld stinkt nicht.
Also wartete er ab, bis es dunkle Nacht war und machte sich dann auf den Weg.
Sein Ziel war die Kirche.
Boris haßte diesen Ort, und er haßte noch stärker das neue Kreuz auf dem Turm. Das sollte der Krumme zerstören, abschlagen oder abmontieren. Wie er es machte, war seine Sache.
Ein weiterer Lohn winkte ihm, denn der andere hatte ihm versprochen, ihn auch weiterhin in seinen Diensten zu behalten, wenn er seine Arbeit gut erledigte.
Also machte sich der Krumme auf den Weg.
Seine Werkzeugtasche hatte er über die Schulter gehängt. Er ging tatsächlich gebeugt. Obwohl er knapp 40 war, sah er fast aus wie 60.
Dazu trug auch seine ungepflegte Kleidung bei und das graue, verfilzte Haar.
Es war dunkel.
Rings um Petrila standen die Berge wie stumme Wächter. Geschneit hatte es noch nicht, dennoch war es kühl geworden. Der Wind kam von den Bergen und schnitt in sein Gesicht. Wintek zog die alte Jacke enger, ging noch krummer und versuchte, so leise wie möglich zu sein. Niemand sollte ihn sehen, deshalb hielt er sich im Schatten der Häuser.
Er mußte auch achtgeben, daß ihn der Pfarrer nicht erwischte, aber Wintek wußte schon, wie er es anstellen wollte, um auf das Dach der Kirche zu gelangen.
Von innen!
Ungesehen, wie er hoffte, erreichte er die Kirche und betrat sie durch einen kleinen Seiteneingang.
Sofort wurde ihm komisch.
Freiwillig hätte man ihn nie in ein Gotteshaus hineinbekommen, deshalb fühlte er sich auch nicht wohl. Die Kirche, die normalerweise einen beschützenden Charakter besaß, wirkte auf ihn genau gegenteilig.
Er sah die einsam brennenden Kerzen, die nur mehr kleine Lichtinseln schufen. Es war auch die Stille, die er nicht mochte. Sie kam ihm so bedrückend vor und erschwerte das Atmen.
Dann die Bilder an den Wänden. Manchmal kleine Kunstwerke.
Herrliche Ikonen, vergoldet, mit Motiven, die Wintek abstießen.
Immer wenn er in die schmalen Gesichter der auf den Ikonen abgebildeten Heiligen schaute, hatte er das Gefühl, von ihnen strafend angeschaut zu werden. Zudem schuf das Kerzenlicht gleichzeitig eine unruhige Atmosphäre, die auch schattenhaft über die Gesichter der Ikonenfiguren huschte und diese dann so aussehen ließ, als würden sie leben.
Er zog den Kopf ein, eilte weiter und spürte eine noch stärkere Gänsehaut, als er unter einem prächtigen, mit Blattgold überzogenen Holzkreuz herschritt, das von der Decke hing.
Seit einigen Jahren gingen die Menschen von Petrila wieder in die Kirche. Das war früher nicht der Fall gewesen, da gab es nur das Parteibüro.
Er wußte, wie er in den Turm gelangen konnte. Es gab neben der Orgel eine kleine Tür.
Auch sie war nicht abgeschlossen, so daß sich der Krumme in den dahinterliegenden Raum schieben konnte. Hier holte er zum erstenmal die Taschenlampe hervor.
Eine Treppe, die mehr Ähnlichkeit mit einer Leiter besaß, führte in die Höhe.
Natürlich als Wendel. Sie war sehr schmal, besaß hohe Stufen und konnte leicht zu einer Stolperfalle werden.
Wintek gab acht, als er die Stufen betrat. Ihr Knarren konnte er nicht vermeiden,
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