0342 - Vampire in Petrila
Riley und schüttelte seinen Totenkopfschädel.
»Ja, und ich wundere mich auch.«
»Worüber?«
»Daß dieser Boris noch nicht da ist. Allmählich komme ich mir verarscht vor.«
Es dauerte noch seine Zeit, dann aber schwebte er ein. Beide Männer sahen den Schatten im selben Augenblick. Er schien mit dem fahlen Mond auf einer Höhe zu schweben, so jedenfalls sah es aus, denn er hatte die Schwingen ausgebreitet und ließ sich noch von den Aufwinden tragen.
»Er ist da«, sagte Riley und wurde leicht unruhig.
Die Riesenfledermaus verschwand wieder im Schutz der Dunkelheit. Dafür hörten die Männer wenig später Schritte. Hinter ihnen erschien die Gestalt des Boris Bogdanowich.
Er kam langsam auf die Männer zu.
Mario wollte ihn etwas fragen, verschluckte die Worte jedoch, als er in die Augen des Mannes schaute. Diese Blicke kannte er. Er schaute einen Feind oder Gegner auch immer so an, wenn er mit im abrechnen wollte. Irgendwas mußte nicht so gelaufen sein, wie sie es sich vorgestellt hatten…
***
Petrila!
Ein kleiner Ort in Rumänien, mitten in den Karpaten gelegen. Ein verschlafenes Dorf wie viele andere auch, dennoch mit einer Vergangenheit und auch Gegenwart belastet, die wie ein Druck auf den Häusern lag und sich auch auf die Menschen auswirkte.
Die Bewohner von Petrila wußten, daß es Vampire oder Werwölfe gab. Nicht zuletzt lebte Marek, der Pfähler, in diesem Ort, und er hatte die Blutsauger gejagt, aber auch Tribut zahlen müssen, denn Vampire hatten ihm Marie, seine Frau, genommen.
Ebenso war der Bürgermeister des Ortes durch einen Vampir umgekommen, und der Schatten dieser Blutsaugerbrut schien niemals von Petrila zu weichen.
Marek gab ihnen Hoffnung, weil er sich gegen die Wesen stemmte. Und manchmal war es auch die Kirche, deren Turm wie ein langer Pfeil in den Himmel ragte und bewies, daß nicht allein das Böse in Petrila herrschte, sondern auch das Gegenteil davon.
Auf die Kirche waren die Menschen stolz. Sie bildete den Mittelpunkt des Ortes, und sie schauten mindestens einmal am Tag hoch zu dem Kreuz, das den Abschluß des Kirchturms bildete.
Es war sehr groß, ein Zeichen, ein Fanal, und auch ziemlich neu.
Marek, von Beruf nicht Vampirjäger, sondern Schmied, hatte es in mühevoller Arbeit hergestellt.
Seit einigen Wochen bildete das große, von einem Kreis umgebene Kreuz den Blickfang von Petrila. Die vier Enden ragten dabei über den Kreis hinaus.
Viele Menschen waren froh, daß es dieses Kreuz gab, und sie bewunderten Marek, der es geschaffen hatte.
Nicht alle dachten so.
Zum Beispiel der Mann, der schon lange in Petrila wohnte und zu den Leuten gehörte, die sich durch Gelegenheitsarbeiten über Wasser hielten. Mal arbeitete er in Petrila, dann wieder in den Nachbarorten. Er kam während des Jahres immer herum. Man traf ihn auf Jahrmärkten ebenso wie auf anderen Festen, wo er ausschenkte und kellnerte.
Eine Frau hatte er nie gefunden. Es lag nicht mal an seinem nicht sehr ansehnlichen Äußeren, auch daran, daß er einen miesen Charakter hatte. Er war hinterhältig, gemein und listig. Zu jeder Schandtat bereit, und wenn er Arbeit bekam, fragte er auch nicht danach, ob sie moralisch war oder nicht. Hauptsache, der Lohn stimmte.
Da ihm im übertragenen Sinne keine Arbeit zu schmutzig war, hatte er immer Beschäftigung. Sogar 50 Hühner hatte er vor einem Monat im Auftrag erstochen. Der Bauer hatte ihn gut bezahlt, sogar mit Westgeld, das ein kleines Vermögen wert war. Ob der Bauer die Versicherungssumme kassiert hatte, war ihm egal.
Einen Namen besaß er auch.
Er hieß Wintek, der Krumme.
Der Krumme deshalb, weil er stets gebeugt ging. Wer ihn danach fragte, dem erzählte er, daß er deshalb so ginge, weil seine Mutter so früh gestorben war und ihn der Gram gebeugt habe.
Das konnte glauben wer wollte, die meisten glaubten es nicht, denn sie mieden die Nähe des Krummen.
Er verstand es auch, sich immer im Hintergrund zu halten und nicht aufzufallen. So hatte er in all der Zeit, als Petrila von Vampiren heimgesucht worden war, immer in Deckung gestanden und nur beobachtet. Die meisten Menschen in Petrila fürchteten sich vor den Blutsaugern. Wintek im Prinzip auch, dennoch konnte er eine gewisse Neugierde nicht leugnen. Die Vampire interessierten ihn einfach. Aus diesem Grunde war er auch öfter in der Nacht auf dem Friedhof gewesen und hatte aus einer respektablen Entfernung das Grab beobachtet, in dem eine gewisse Lady X, ein weiblicher Vampir, liegen
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