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0343 - Der Berater des Teufels

0343 - Der Berater des Teufels

Titel: 0343 - Der Berater des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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wiederherzustellen. Das Phänomen der dünnen Luft in großer Höhe ließ sich auch durch die besten Überdruckzellen der Flugzeuge nicht hundertprozentig beseitigen.
    Plötzlich sah Bill einen Schatten.
    Er wandte den Kopf, sah zum Fenster, wo er den Schatten bemerkt zu haben glaubte. Und da traute er seinen Augen nicht.
    Es hatte nicht einmal eine kleine Erschütterung gegeben.
    Aber auf der Tragfläche lag, ziemlich nah am Flugzeugrumpf, ein Mensch. Seine Arme und Beine waren ausgebreitet, seine Augen geschlossen, der Kopf gesenkt. Der kahle Kopf, auf dem punktförmige Tätowierungen zu sehen waren. Der Mensch klammerte sich mit beiden Händen vorn an der Tragfläche fest, um nicht davongewirbelt zu werden. Der schneidende, rasende Wind zerrte an seiner Kleidung.
    »Das gibt’s nicht«, keuchte Bill überrascht. »Wo, bei allen Teufeln, kommt der denn her?«
    Es gab nur einen Menschen auf der ganzen Welt, der diese Kopftätowierung besaß.
    Wang Lee Chan, Leonardos mongolischer Leibwächter.
    ***
    Wang erwachte in schneidender Kälte. Er wollte Luft einsaugen - aber seine Lungenflügel verkrampften sich. Seine Adern glühten förmlich, vor seinen Augen wurde es schwarz.
    Dekompression…
    Eine Taucherkrankheit, wie diese Erscheinung auch genannt wird, die bei Druckverlust auftritt. Wenn ein Taucher zu schnell aus zu großer Tiefe nach oben kommt, wenn er den Druckausgleich nicht richtig durchführt…
    Wang glaubte in einen endlosen Abgrund zu stürzen.
    Er stürzte auch. Er fühlte es, daß er durch dünne Luft fiel. Er fragte sich nicht, wie er hierher kam. Seine Gedanken arbeiteten unsagbar träge, während sein Blut wie Lava brannte und kaum noch den dünn verteilten Sauerstoff zu transportieren vermochte. Wang wollte schreien, aber es gelang ihm nicht. Er begann zu ersticken.
    Und er stürzte.
    Rasend schnell, immer tiefer. Zehn Meter pro Sekunde…
    Und doch dauerte es eine Ewigkeit. Zehn Sekunden für Hundert Meter. Hundert Sekunden für tausend Meter.
    Gnadenlos war die Kälte, die durch seine relativ dünné Kleidung schnitt, die ihm die Haut vom Fleisch reißen wollte. Wie lange stürzte er schon?
    Unter ihm war ein gigantischer Schatten, jagte heran, kam förmlich auf ihn zu. Ein gigantischer stählerner Vogel mit riesigen silbernen schwingen. Wang, der wieder einigermaßen sehen konnte, sah das Flugzeug unter sich.
    Das Unglaubliche geschah, das Fantastische. Er fiel auf die Maschine herab! Er prallte auf den Rumpf, konnte durch dessen Wölbung seine Aufprallwucht mindern und rutschte an der Flugzeugseite nach unten. Alles ging rasend schnell. Da huschte die Tragfläche heran. Wang prallte auf, krallte sich instinktiv fest und schloß die Augen. Er zählte bis zehn.
    Er stürzte nicht mehr.
    Er lag auf der Tragfläche.
    Der Sturm drohte ihn wieder loszureißen und davonzuwirbeln. Eisern klammerte er sich fest, obgleich seine Hände zu Eisklumpen erstarrten. Aber jetzt wollte er nicht mehr loslassen müssen, um keinen Preis. Er hatte den ersten Teil des Sturzes durch einen unglaublichen Glückszufall überstanden. Jetzt noch einmal stürzen… ?
    Die Vorstellung war das Grauen.
    Das Flugzeug ging tiefer. Er merkte es am ansteigenden Luftdruck. Es sank schnell. Und es wurde dabei langsam. Der gnadenlose, reißende Sturm ließ nach. Wang wartete ab. Die Sekunden wurden zu Ewigkeiten. Die Minuten zu Äonen. Nahm der Flug denn kein Ende?
    Dann setzte die Maschine irgendwann auf dem Rollfeld auf. Ein heftiger Ruck, der Wang fast von der Tragfläche schleuderte. Immer noch hielt er fest. Seine Hände schienen mit dem Metall verschweißt zu sein. Das Flugzeug rollte aus.
    Wang Lee Chan atmete auf. Mühsam löste er die frostkalten, erstarrten Finger. Er rutschte und konnte sein Rutschen nicht mehr aufhalten. Er schaffte es gerade noch mit letzter Willensanstrengung, sich beim Sturz abzufedern, dann sank er bewußtlos zu Boden.
    Die Alarmsirenen hörte er nicht mehr.
    ***
    Der Flughafen von Memphis war in Aufruhr. Rettungswagen jagten über das Landefeld. Der Mann, der an der Tagfläche gehangen hatte, mußte geborgen werden und in ärztliche Behandlung! Beamte des Flughafensicherheitsdienstes tauchten auf. Zwei FBI-Beamte, die eigentlich einen ganz anderen Auftrag hatten, waren von dem Ereignis fasziniert. Sie bestaunten den Mann, der offenkundig noch lebte, und der jetzt in einen Rettungswagen verladen wurde, während die Passagierrampe an die Ausstiegsluke des Flugzeugs rollte und die ersten Fluggäste

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