0345 - Villa Frankenstein
wissen. »Wie haben Sie sich verhalten?«
»Ich wußte weder ein noch aus, habe mich wohl unmöglich benommen und geschrien. Das alarmierte die anderen. Sie kamen zu mir, sahen den Toten…«
»Und was war mit der Puppe?«
»Die habe ich nicht mehr gesehen.«
»Das stimmt, John«, meldete sich Sir James. »Auch wir haben nachgeschaut und sie nicht entdeckt.«
»Dann kann sie sich noch hier im Gebäude befinden?« erkundigte ich mich.
»Das ist möglich.«
Patrick meldete sich wieder. Er drückte den Oberkörper hoch und setzte sich aufrecht. »Die kann ja laufen, Sir. Sie wird bestimmt die Flucht ergriffen haben.«
Davon war ich nicht überzeugt, was mir auch Sir James ansah.
»Sie glauben nicht so recht daran, nicht wahr?«
»So ist es.«
»Wir müßten den Club durchsuchen«, schlug Suko vor. »Und zwar vom Keller bis zum Dach.«
Ich nickte zustimmend. Bestimmt hätte auch mein Chef genickt, doch er zog ein säuerliches Gesicht. »Ich weiß nicht, wie ich den Gentlemen das beibringen soll. Die Clubruhe ist heilig. So etwas wird sich trotz aller Diskretion herumsprechen. Was hier geschehen ist, kann man schon als mittlere Katastrophe bezeichnen, wenn Sie verstehen.«
»So ungefähr, Sir, aber hier geht es um Mord.«
Der Superintendent winkte ab. »Das weiß ich selbst. Ich bin auch nicht gegen Ihren Vorschlag, Suko und John. Nur berührt es mich etwas peinlich, wie Sie sich vorstellen können. So etwas hat es im Club noch nie gegeben…«
Ja, ich kannte die Clubs und ihre seltsamen, für mich oft unbegreiflichen Rituale. Ich hätte mich nie in einem solchen Club wohl fühlen können und wäre auch bestimmt nicht aufgenommen worden, weil ich einfach nicht berühmt genug war.
Bei den Dämonen und Schwarzen Mächten schon, aber nicht bei den Londoner Snobs.
Sir James erhob sich. »Noch in den nächsten Minuten werde ich die Suchaktion starten«, erklärte er. »Wir müssen…«
»Daaa… Daaa ist sie!«
Es war ein Schrei, der uns alarmierte. Ausgestoßen hatte ihn Patrick. Er hockte im Bett und deutete auf die offene Tür.
Da stand sie tatsächlich. Eine kleine Puppe mit einem Gewehr im Anschlag, dessen Mündung auf meinen Kopf wies…
***
Die Kugel war klein, dennoch gefährlich, und mir schossen auch innerhalb von Sekundenbruchteilen die Aussagen des Zeugen durch den Kopf. Dieser kleine Killer würde keine Gnade kennen.
Ich sah auch das Gesicht der Puppe. Es war haßverzerrt, zeigte den Ausdruck, der bei einem gefühlskalten Menschen kurz vor einem Mord zu sehen war.
Ich warf mich nach hinten.
Als ich mich in der Luft befand, hörte ich den leisen Knall und spürte, wie etwas sehr dicht an meiner Wange entlangglitt und mir fast die Haut aufgerissen hätte.
Es war die Kugel, und der Schütze hatte sie verdammt gut gezielt gehabt. Nur durch meine schnelle Reaktion war ich der Bleipille entwischt. Gegen die Bettkante stieß ich, bevor ich zu Boden fiel. In der Bewegung sah ich Sir James und Suko.
Der Superintendent war ebenfalls aufgesprungen. Suko aber befand sich in der Luft. Er konnte springen, das wußte ich, und sein Bein schien plötzlich um das Doppelte anzuwachsen, als er mit einem gewaltigen Fußtritt die kleine Puppe traf.
Sie wurde voll erwischt, in die Höhe gehoben und gegen die Wand gewuchtet. Wir alle hörten das Knirschen, als sie zu Boden fiel, aber sie war noch nicht erledigt, denn sie rollte sich herum, wobei sie wütende Schreie ausstieß.
Ich hatte die Beretta gezogen. Auf einen Puppenkrüppel zielte ich, der trotzdem in der Lage war, sein Gewehr in meine Richtung zu schwenken.
Ich schoß schneller.
Das geweihte Silbergeschoß hieb in den Körper hinein und zerstörte ihn radikal. Fetzen flogen nach allen Seiten davon, prallten zu Boden und zersplitterten dort in weitere kleine Stücke.
Der untere Körper war noch erhalten geblieben, auch die kleinen Beine, die zuckten, als wären sie angestoßen worden. Noch etwas erregte unsere Aufmerksamkeit. Aus den zerstörten Teilen der Mörderpuppe drang beißender Rauch.
Wie kleine, hellgraue Fahnen breitete er sich im Zimmer aus und trieb davon.
Keiner von uns sprach. Wir schauten uns nur an. Sir James tupfte sich Schweißperlen von der Stirn, Suko war ein wenig blaß, nur Patrick redete Worte, die wir nicht verstanden, weil er in seiner Angst alles durcheinander warf.
»Schwarze Magie!« Damit brach Suko das Schweigen.
»Und somit wären wir richtig«, erwiderte ich.
»Als hätte ich es geahnt«, sagte Sir James,
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