0352 - Es brodelt in der Unterwelt
Kiesgrube. Er dürfe nur allein kommen und würde am Fuße eines der Betonpfeiler weitere Nachrichten vorfinden. Daraus ginge hervor, wo er das Geld zu deponieren habe und die Kinder in Empfang nehmen könne.
»Ich fragte natürlich sofort nach Bob und Dan!« sagte Mr. Murray erregt. »Ich erhielt die Antwort, daß ich sie kurz sprechen könne, um mich davon zu überzeugen, daß sie noch lebten und wohlauf seien.«
Wirklich hatte er ihre Stimmen gehört und sogleich auch seine Frau an die Muschel gerufen.
»Was sagten die Kinder?« fragte ich Mrs. Murray, die mit den Tränen rang, sich aber doch zu einer sachlichen Auskunft zusammenraffte.
»Sie versuchten, gleichzeitig mit mir zu sprechen!« sagte sie. »Ich konnte kaum etwas verstehen und war auch viel zu aufgeregt, um genau auf ihre Worte zu achten. Sie verlangten nach ihrem Spielzeug, aber ich wollte wissen, wie es ihnen ging und wo sie steckten. In dem Augenblick wurde sofort abgehängt!«
»Natürlich! Die Kidnapper durften nicht riskieren, von den Kindern verraten zu werden. Allem Anschein nach befinden sie sich wohl, sonst hätten sie ja auch nicht nach dem Spielzeug gefragt. Immerhin spielt eine Frau mit, die offenbar mit den Kindern umgehen kann. Andernfalls hätten sie sich eher nach Hause gesehnt und Sie bestürmt, sie doch von den Leuten abzuiholen. Klangen ihre Stimmen eingeschüchtert?«
»Nein, dais nicht! Sie plapperten wiei sonst!«
»Darm würde ich mir an Ihrer Stelle zunächst keine Sorgen machen, Mrs. Murray!« meinte ich, um sie zu trösten.
»Ich erhielt die strikte Weisung, keine Polzei einzuschalten!« sagte Mr. Murray. »Daran werde ich mich auch halten und alle sonstigen Forderungen genau erfüllen.«
»Was verlangten die Täter noch?« fragte ich gespannt zurück.
»Ich soll das Geld zu einem Paket verschnüren und in helles Papier oder Tuch wickeln.«
»Dürfen Sie den Wagen nehmen, oder müssen Sie zu Fuß gehen?«
»Nein, ich soll motorisiert sein, mich aber auch auf einen Fußmarsch einrichten. Warum diese Umständlichkeiten? Warum erfahre ich erst bei den Silos, wo ich das Geld loswerde und Bob und Dan finden kann?«
»Die Frage ist leicht zu beantworten, Mr. Murray«, erwiderte ich. »Das größte Problem für die Kidnapper besteht darin, an das Geld zu kommen, ohne dabei von Ihnen oder lauernden Polizisten erkannt zu werden. Sie sollen deswegen allein zu den Silos kommen, damit man Sie unterwegs genau überwachen kann. Bleibt die Luft rein und folgen Ihnen keine Beamten, so finden Sie bei den Silos vermutlich einen Brief, der die eigentliche Stelle für die Übergabe von Lösegeld und Kindern angibt.«
»Das leuchtet mir ein, Mr. Cotton«, meinte Mr. Murray. »Dann aber brauche ich Ihnen auch nicht zu erklären, daß Sie mich wirklich allein zu den Silos gehen lassen müssen. Ich riskiere auf gar keinen Fall, daß den Kindern etwas passiert und verzichte gerne auf die Dollars. Später habe ich nichts dagegen, daß Sie nach den Kidnappern forschen — auch wenn es meiner Ansicht nach dann vergeblich sein dürfte.«
Das hatte ein Vater gesprochen.
Ich an seiner Stelle hätte auch so reagiert.
Phil hatte bis jetzt still zugehört, worüber ich mich schon wunderte. Ich wußte, wie sehr ihm das gemeine Verbrechen beschäftigte. In solchen Fällen entwickelt er die brauchbarsten Ideen.
»Selbstverständlich werden Sie heute nacht allein zu der Kiesgrube gehen!« sagte er mit Bestimmtheit.
In den Augen des Hotelmillionäns leuchtete es auf. Er war unseretwegen doch besorgt gewesen und begrüßte freudig Phils Entscheidung.
»Und Sie versuchen nicht, mir heimlich zu folgen?« fragte Murray mißtrauisch. »Auf dem freien Gelände würde Sie jedermann sofort sehen.«
»Nein, wir folgen Ihnen nicht! Wir verstecken uns auch nicht in Ihrem Wagen. Das wäre alles zu gefährlich und nützte nichts, da Sie sich ja noch auf einen Fußmarsch einrichten sollen.«
»Was hast du vor, Phil?« fragte ich.
»Wir werden Mr. Murray unsichtbar unter seiner Jacke begleiten — hiermit!«
Phil legte auf den Schreibtisch des Hotelmillionärs zwei unscheinbare Kästchen.
***
Ich erkannte ihre Bedeutung sofort. Phil hatte tatsächlich wieder eine gute Idee ausgebrütet, die Mr. Murray und den Kindern nicht schaden, uns aber enorm nützen konnte.
»Was ist das, Mr. Decker?« fragte das Ehepaar gemeinsam wie aus einem Mund.
Phil nahm eines der Kästchen hoch. Es hatte die Größe einer Brieftasche, war aber dicker. An den Schmalseiten
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