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0359 - Meine Henkersmahlzeit

0359 - Meine Henkersmahlzeit

Titel: 0359 - Meine Henkersmahlzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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war ziemlich dicht. Einige Wagen passierten mich, dann erwischte ich eine freie Stelle, um hinüberlaufen zu können. Mein Vater war mir gefolgt. Vor unseren Lippen dampfte der Atem. Erst jetzt kamen wir dazu, die Mäntel überzuziehen.
    »Junge, du bringst mich noch auf Trab«, erklärte mein alter Herr prustend und schaute sich um.
    Im Park befanden sich nur wenige Spaziergänger. Zumeist ältere Leute, die ihren Neujahrspaziergang hinter sich brachten.
    Inzwischen war es schon Mittag geworden. Ein Junge hätte eigentlich auffallen müssen, und tatsächlich sah ich einen dort umherlaufen, wo sich auch eine der Durchgangsstraßen befand.
    Ob er das war, wußte ich nicht. Wir konnten davon ausgehen, da er allein war, denn sonst verliefen sich um diese Zeit kaum Kinder in dem Holland Park.
    Ich streckte den Arm aus.
    Mein Vater nickte. Er hatte ihn auch entdeckt. »Okay, John, das kann er sein.«
    Wir bewegten uns schneller als die üblichen Spaziergänger, aber nicht so rasch, daß wir auffielen. Die Wege benutzten wir nicht.
    Quer über die Wiesen liefen wir, schaufelten mit unseren Füßen braune, gefrorene Blätter in die Höhe und huschten geduckt unter den kahlen Zweigen mächtiger Bäume einher. So näherten wir uns dem Jungen, der es nicht mehr weit bis zu einem Spielplatz hatte.
    Klettergeräte und eine Rutsche waren dort aufgebaut. Ich rechnete damit, daß der Junge in einen der übereinandergestellten Würfel klettern würde, weil er darauf zulief, das erwies sich als Irrtum, denn er ging daran vorbei und entschwand unseren Augen, weil ihn kahles Buschwerk deckte.
    Jetzt konnten wir schneller laufen. Mein Vater blieb etwas zurück.
    Ich erreichte als erster das Buschwerk und stellte zweierlei fest.
    Zunächst einmal war der Junge meinen Blicken entschwunden.
    Das sah ich negativ.
    Als positiv konnte ich meinen Zustand bezeichnen. Mir ging es wieder gut. Die kalte Luft hatte meinen Kater vertrieben, nur noch ein leichter Druck war in meinem Kopf zurückgeblieben.
    Der Weg war schmal. Er führte auf eine der Straßen zu, die den Park durchquerten.
    Ich sah sie erst später, als ich auch den Jungen wieder entdeckte.
    Er stand am Rand der Straße und hatte beide Hände in seine Taschen geschoben. Einen Wollmantel trug er, der ihm bis über die Knie reichte. Von seinem Kopf sah ich nur den hinteren Teil. Der Junge machte mir ganz den Eindruck, als würde er auf irgend jemand warten. Sein Haar war im Gegensatz zu dem meinen sehr dunkel, fast schwarz. Uns trennten vielleicht noch zehn Schritte von ihm, und er machte mir nicht den Eindruck, als hätte er uns überhaupt gesehen. Er stand da und wartete.
    Mein Vater befand sich wieder an meiner Seite. »Was willst du ihn denn fragen, John?«
    »Mal sehen.«
    »Erst der Name.«
    Ich nickte und setzte mich wieder in Bewegung. Dabei hörte ich die Warnungen meines Vaters. Er hatte Angst um mich, denn das Kind war ihm irgendwie nicht geheuer.
    Das traf auch auf mich zu. Ich fürchtete mich zwar nicht vor ihm, aber einen seltsamen oder unnatürlichen Eindruck machte er mir auch, als er regungslos herumstand.
    Er verhielt sich überhaupt nicht wie ein normales Kind, dafür war er viel zu ruhig.
    Ich brauchte noch drei Schritte, um ihn zu erreichen und blieb rechts neben ihm stehen. Er mußte mich längst bemerkt haben, aber er tat nichts. Stand da und schaute auf die Straße.
    Auch mein Vater kam. Sein Gesicht zeigte einen besorgten Ausdruck. Ich sprach ihn an. »Kennst du den Jungen?«
    »Nein. Wieso?«
    »Hätte ja sein können, daß es einer der Söhne deiner damaligen Partner oder Freunde war.«
    »Keine Ahnung.«
    »Okay, wir werden sehen.« Ich drehte mich wieder und ginggleichzeitig ein wenig in die Hocke, weil ich den Jungen ansprechen wollte und er mich dabei sehen sollte.
    »Guten Morgen, Kleiner«, sagte ich. »Wer bist du denn?«
    Er drehte den Kopf. Kalt schaute er mich an. So kalt, daß ich erschrak, denn ich hatte selten zuvor so gnadenlose Augen bei einem Kind gesehen. Der Blick war abgebrüht, er zeigte überhaupt kein Gefühl. Auch die Lippen waren fest zusammengepreßt.
    Mein Blick glitt über die Haut des Jungen. Sehr glatt kam sie mir vor. Ohne Falte, ohne Pore, man konnte sie als unnatürlich bezeichnen. Vielleicht als künstlich oder wächsern.
    Hatte ich hier einen Menschen vor mir?
    Für mich schien er ein kleines künstliches Monster zu sein, denn ich konnte überhaupt nicht feststellen, daß er atmete.
    Einfach erschreckend…
    Trotzdem gab ich

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