0360 - Die Rache des Kopflosen
Welle zischte von der Schulter bis in den letzten Wirbel und machte mich steif. Um keinen Zentimeter rührte ich mich und dachte über die Worte nach, während ich Helen anstarrte und sie nickte.
»Habe ich nicht recht?«
»Ja, verdammt, das haben Sie.«
»Und jetzt?« Ich schüttelte die Beklemmung ab wie eine nasse Katze die Wassertropfen. Jetzt ging es um Sekunden. »Wo liegt der Junge? Wo hat er sein Zimmer, Helen?«
»Oben!«
»Im ersten oder…«
»Nein, im ersten Stock. Es ist die vierte Tür auf der rechten Seite.«
»Danke.« Ich war schon unterwegs und hastete die Stufen hoch.
Innerlich war ich auf 200. Wenn Helen recht gehabt hatte und der kleine Doug ebenso reagierte wie sein Vater, konnte er ebenfalls für sein Leben gezeichnet bleiben, oder, was noch schlimmer war, es nicht überlebt haben. Aber daran durfte ich gar nicht denken.
Ich jagte die Treppe hoch, nahm drei Stufen auf einmal und erreichte den Gang, in dem zum Glück das Licht brannte. Rechts befanden sich die Türen. Die letzte sollte es sein.
Die zweite aber wurde aufgestoßen. Plötzlich verließ ein Mann mit einem wahren Panthersatz das Zimmer, prallte gegen die Wand und begann zu schreien.
Ich kannte den Kerl.
Es war Hicky Hancock, der Leibwächter. Und wie schon bei unserer ersten Begegnung hielt er auch jetzt seinen schweren Revolver in der rechten Hand. Allerdings hatte sich auch sein Äußeres geändert. Auf dem Kopf entdeckte ich eine schwarze Beule, die sogar die blonden Haare hochdrückte und so aussah, als würde sie jeden Augenblick platzen.
Auch Hancock mußte starke Schmerzen verspüren. Zudem hatte er die Übersicht verloren, er schlug ein paarmal mit dem Rücken gegen die Wand, sah mich dann, und in seinen Augen glomm so etwas wie Erkennen auf. Dieser Ausdruck vertrieb den schmerzerfüllten, wechselte jedoch sofort wieder und schlug um in Haß.
Er strahlte mir entgegen!
Ich wußte nicht, was in diesen Typ gefahren war, konnte mir jedoch vorstellen, daß er in seinem Wahn mir allein die Schuld an diesen schrecklichen Vorgängen gab und sich jetzt dafür rächen wollte.
Hicky hatte die Waffe.
Und er schoß.
Bevor ich ihn noch daran hindern konnte, hatte er schon abgedrückt, mich aber nicht getroffen, denn Hancock stand wie unter Drogen, so schlimm war der Schmerz. Er hatte die Kontrolle über sich verloren, seine Bewegungsabläufe wurden nicht mehr vom Gehirn gesteuert, aus diesem Grund taumelte er auch so unkontrolliert durch den Gang, wobei er von einer Wand gegen die andere fiel.
Dabei schoß er.
Das Krachen der Schüsse wollte mir fast das Trommelfell zerreißen. Ich lag längst auf dem Boden und bildete mir sogar ein, daß Pfeifen der Kugeln zu hören.
Ein Geschoß zackte dicht neben meinem Ohr in den Boden und riß dort den Teppich auf. Andere Kugeln hackten in die Decke, lösten Putz, der als Staub nach unten rieselte.
Dann schlug ich zu.
Ich erwischte den Schützen im Liegen, weil er sich zu nahe an mich herangewagt hatte.
Nicht mit einer Kugel, sondern mit bloßen Händen. Zehn Finger krallten sich um seinen Fuß, und dem plötzlichen Ruck hatte er nichts entgegenzusetzen.
Auf einmal lag er schräg in der Luft. Ich kam nicht dazu, ihn aufzufangen, er schlug mit dem Hinterkopf gegen die linke Wand, schrie einmal gellend auf und polterte zu Boden.
Still wurde es.
Nur aus dem Erdgeschoß vernahm ich Geräusche, denn Suko hatte nach mir geschrien. »Ist alles okay, John.«
»Ja, mir ist nichts passiert!«
»Und die Schüsse?«
»Waren harmlos…« Während der Antwort war ich schon auf die Knie gefallen und kümmerte mich um Hicky Hancock. Er lag auf der Seite. Seine Beule auf dem Kopf stach wie ein schwarzes Horn vor, das in dem Augenblick platzte, als ich mein Kreuz hervornehmen wollte.
Hancock schrie nicht einmal, er zuckte nur herum, lag auf dem Rücken, und ich erlebte einen der schlimmsten Augenblicke der letzten Wochen.
Der Mann starb vor meinen Augen. Sein Blick wurde glasig, brach, und ein letztes Seufzen rann aus Hickys Mund. Sicherheitshalber fühlte ich nach seinem Herzschlag.
Da tat sich nichts mehr.
Gerald Watson hatte ich retten können, diesen Mann nicht mehr.
Wahrscheinlich hatte er zuviel abbekommen.
Aus der Kopfwunde rann eine dunkle Flüssigkeit. Es mußte Blut sein, jedoch vom Teufel gezeichnet.
An meiner eigentlichen Aufgabe hatte mich dieser Tote gehindert.
Mit Schrecken dachte ich an das Kind. Es war auch gebissen worden, und wenn ich mir vorstellte, was mit
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