0360 - Die Rache des Kopflosen
jedoch Dinge eingetreten, die mich einfach so handeln lassen müssen. Helen Murphy kann gehen, aber erst, wenn ich es bestimme. In diesem Fall richten Sie sich nach mir.«
»Trotz Ihres Ausweises kann ich Sie entfernen lassen. Und das werde ich auch. Was meinen Sie, wie sich unser Diener…«
»Bleiben Sie mir doch mit Hancock vom Hals. Auch er wird mich nicht überzeugen können. Oder wollen Sie die Gewalt wirklich? Ich an Ihrer Stelle würde mir das überlegen. Der Reiter kann Sie schon arg genug in die Klemme bringen…«
»Es gibt keinen Reiter!« behauptete sie.
»Helen?«
»Sie lügt!« erwiderte das Kindermädchen. »Es gibt ihn sehr wohl. Ich habe ihn in der Nacht gehört. Nur will diese Familie es nicht wahrhaben, weil sie sich irgendwie schuldig fühlt.«
»Da sehen Sie es.«
Celia Watson kam zwei Schritte vor. Ihr Gesicht zeigte einen wütenden Ausdruck. Es wirkte dabei wie ein verkniffenes Stück Stoff.
»Sie werden Ihre Zunge hüten, Helen, haben Sie verstanden? Ihre Zunge. Noch befinden Sie sich in meinem Haus…«
»Sie wird uns die Wahrheit sagen«, unterbrach ich die Frau scharf. »Bitte, Helen.«
»Ja, Mr. Sinclair, ich sage Ihnen die Wahrheit. Dieses Haus ist verflucht. In den Mauern wohnt das Böse. Jemand hat früher eine schwere Schuld auf sich geladen, und das müssen wir alle büßen. Ich hörte mehr als einmal in der Nacht das Klappern der Hufe. Es klang so hohl, und es drang auch zu meinem Fenster hoch. Als ich nachschaute, sah ich immer den Schatten eines Reiters. Einige Male habe ich die Watsons darauf angesprochen, aber sie stritten es immer ab. Sie wollten damit einfach nichts zu tun haben. Der Reiter war für sie nicht existent. Es sollte ihn nicht geben.« Helen wies mit dem Finger auf Celia Watson. »Ein jeder in dieser Familie trägt hier die Schuld. Außer Doug, aber auch ihn hat der Fluch getroffen. Ich weiß nicht genau, worum es ging, aber die Gefahr ist da. Ich habe sie selbst erlebt, und es war einfach schrecklich. Dieser Vogel hat selbst vor einem Kind nicht gestoppt. Die Familie trägt daran die Schuld, nur sie!«
Es waren harte Worte, und sie sprudelten einfach aus dem Mädchen hervor. Helen konnte nicht mehr an sich halten. Was sich die lange Zeit über angestaut hatte, mußte raus. Hochrot war ihr Gesicht geworden, die Lippen zitterten, dann wandte sie sich ab, senkte den Kopf und begann zu weinen.
Ich schritt auf Celia Watson zu. »Sie haben gehört, was Helen sagte. Jetzt will ich von Ihnen die Wahrheit wissen, und nichts als die Wahrheit. Der Reiter ist gefährlich und gnadenlos. Hier geht es um Menschenleben, Mrs. Watson. Sie können sich nicht sperren. Es sei denn, es macht Ihnen nichts aus, sich am Tod zahlreicher Menschen schuldig zu machen.«
»Es gibt nichts, das ich Ihnen zu sagen hätte, Sinclair.« Sie blieb verbohrt.
Unsere Blicke trafen sich. Abweisend waren ihre Augen. Aus den Pupillen schien jegliches Leben gewichen zu sein.
»Sie wollen es tatsächlich darauf ankommen lassen?« fragte ich leise. »Denken Sie überhaupt nicht an Ihren Sohn, der ja schon angegriffen worden ist?«
»Doch, daran denke ich. Ferner weiß ich, daß Ihre Anschuldigungen haltlos sind. Auch das Kindermädchen hat mich nicht überzeugen können. Helen redet ebenfalls Unsinn.«
Ich hob die Schultern. »Wenn Sie das so sagen, dürfen Sie sich nicht wundern, wenn der Reiter versucht, Ihre Familie zu zerstören. Und er nimmt auch keine Rücksicht auf Ihren Sohn. Das wollte ich Ihnen sagen. Jetzt werde ich mit Ihrem Mann reden.«
»Der wird Sie nicht empfangen.«
»Hat er ein schlechtes Gewissen?«
»Nein, aber er läßt sich niemals mit Leuten ein, die unangemeldet sind. Da könnte jeder kommen.«
Diese Frau erteilte mir eine Abfuhr nach der anderen. Helen mischte sich ein. Sie kam auf uns zu. Dabei schüttelte sie den Kopf und hielt den Blick auf Celia Watson gerichtet. »Haben Sie eigentlich kein Herz in der Brust, Mrs. Watson? Sitzt dort, wo andere ein Herz haben, nur ein Stein bei Ihnen?«
»Kommen Sie mir nicht mit irgendwelchen Sprüchen oder Märchen daher. Verschwinden Sie!«
Helen achtete nicht darauf. »Mr. Sinclair«, wandte sie sich an mich. »Ich weiß, wo Mr. Watson steckt. Ich werde Sie zu ihm bringen, vielleicht zeigt er sich einsichtiger, obwohl ich daran nicht glauben will.«
»Das wirst du sein lassen, verdammte Schlampe.« Plötzlich verlor Celia Watson die Beherrschung. Sie hob sogar den Arm, und Helen Murphy verstand die Geste.
»Ja«, sagte
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