0361 - Gangstermord vor hundert Zeugen
daß er etwas von dem hören konnte, was sich in dem Hause abspielte.
Natürlich wußte er auch, daß er nicht das Privatgrundstück betreten durfte, da er keinen Durchsuchungsbefehl hatte.
Aber Phil brauchte es auch gar nicht. Ganz in der Nähe der Hauswand lief eine Hecke entlang, die noch auf dem Bordstein stand.
Phil versuchte, in ihrer Deckung sich dem Haus zu nähern. Er wagte kaum zu atmen. Auf keinen Fall durfte er jetzt durch Leichtsinnigkeit den Erfolg unseres ganzen Unternehmens gefährden.
Alle zwei Schritte blieb Phil wieder stehen und lauschte in die Dunkelheit hinein. Zwei Schritt neben ihm befand sich das beleuchtete Rechteck eines Fensters. Es war mit dichten Vorhängen versehen, die keinen Blick in das Innere des Hauses gestatteten.
Vorsichtig ging Phil weiter.
Plötzlich vernahm er hinter sich ein schwaches Geräusch. Aber bevor er herumfahren konnte, traf ihn ein harter Schlag auf den Hinterkopf.
***
Ich hielt das Warten nicht mehr aus. Phil hatte immer noch nichts von sich hören lassen. Henk Visser, der mir seine Hilfe anbot, begleitete mich ins Office.
Ich ließ mir noch einmal Miles Beathy ins Büro bringen.
Diesmal hatte ich wenig Lust, ein langes Gespräch mit dem Gangster zu führen, Ich ging direkt auf mein Ziel los.
»Hören Sie gut zu, Beathy. Unsere Ermittlungen sind so weit fortgeschritten, daß es für Ihren Boß nicht sehr gut aussieht. Diese Ermittlungen will ich von einem der Beteiligten bestätigt haben. Sie wissen, daß so etwas auf den Richter immer einen guten Eindruck macht und daß Sie mit mildernden Umständen rechnen können, wenn Sie jetzt reden. Ist das klar?«
Beathy nickte zögernd. Anscheinend hatte er sich in seiner Zelle Gedanken über seine Lage gemacht.
Ich hatte den Eindruck, daß meine Ansprache bei dem Gangster gewirkt hatte. Er schien nicht so selbstsicher wie bei der letzten Vernehmung.
»Mich interessiert zunächst folgendes«, sprach ich weiter, »hat Stecklett hier in der Stadt irgendeinen Unterschlupf, in den er sich zurückziehen kann, wenn ihm der Boden unter den Füßen zu heiß wird?«
Beathy schaute mich verlegen an. Er rang wohl noch mit sich. Schließlich siegte der Selbsterhaltungstrieb.
»Okay«, brummte er, »ich will reden. Das mit dem guten Eindruck leuchtet mir ein.«
Als ich ihm zunickte, fuhr er fort:
»Der Chef besitzt einen Bungalow in Greenwich Village. Nur Norma Mitchum weiß davon. Ich habe es auch bloß durch einen Zufall erfahren, weil ich ein Gespräch zwischen den beiden belauscht habe. Anschließend habe ich dort in der Gegend ein bißchen herumgeschnüffelt. Interessiert mich schließlich, wo der Boß seinen Unterschlupf hat. Ich kann Ihnen sogar Straße und Hausnummer sagen. East Washington Square 111. Genügt das?«
Henk Visser hatte die Anschrift notiert und reichte mir den Zettel über den Schreibtisch. Ich ließ Beathy wieder in seine Zelle zurückbringen. Dann studierte ich auf der Karte die Gegend rund um den East Washington Square. Die Nummer 111 im East Washington Square lag in der oberen Hälfte der Straße. Wir prägten uns die Lage des Bungalows genau ein und machten uns dann auf den Weg.
Um möglichst wenig Zeit zu verlieren, schaltete ich sofort in meinem Wagen Rotlicht und Sirene ein. Henk Visser klammerte sich an die Handstütze am Armaturenbrett, wenn ich in die Kurve ging, aber bald hatte er sich an den Jaguar gewöhnt.
Als wir uns Greenwich Village näherten, schaltete ich Rotlicht und Sirene wieder aus, denn wir mußten uns möglichst unauffällig den Weg zum Bungalow bahnen.
Etwa hundert Yard vor dem Haus stoppte ich meinen Wagen. Wir stiegen aus und gingen mit schnellen Schritten unserem Ziel zu. Auf einem mit Platten ausgelegten Weg trennten wir uns.
Nur ein einziges Fenster war erleuchtet. Von Phil war nichts zu sehen, und auch seinen Wagen hatte ich nicht zu Gesicht bekommen.
Waren wir auf der falschen Fährte?
Vor dem Fenster traf ich mit Henk Visser zusammen. Der Einblick ins Innere des Hauses wurde uns durch einen dichten Vorhang verwehrt. Wir schlichen uns vorsichtig an der Hauswand entlang.
Flüsternd hielten wir eine kurze Beratung ab.
»Wir klingeln«, meinte ich, und Visser stimmte zu. Wir würden Stecklett dann nicht mehr überraschen können, aber vielleicht fanden wir einen Hinweis auf die Anwesenheit meines Freundes. Wir gingen zu der Haustür. Henk Visser betätigte den altmodischen Klingelzug. Erst nach einer Weile wurde hinter der Haustür Licht sichtbar.
Ernest
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