0366 - Das Todeslied der Testpiloten
schlagen können. »Mr. Lawford ist schon seit einigen Tagen nicht mehr hiergewesen«, berichtete sie mir. »Wissen Sie, wo er sich auf hält?«
»Nein. Er kam immer sehr unregelmäßig. Mal war er ein paar Tage da, dann verschwand er für ein oder zwei Wochen. Mir hat er gesagt, er sei Vertreter und viel auf Reisen. Ich habe mich nicht weiter um sein Kommen und Gehen gekümmert. Er zahlte die Miete pünktlich. Was meine Mieter sonst treiben, interessiert mich nicht.«
Sie wußte nicht einmal, welchen Vornamen dieser seltsame Mr. Lawford hatte. Einen Wagen besaß er nicht. Seltsam war nur, daß auch Mrs. Lamb ihren Untermieter nie ohne Sonnenbrille, Hut und Mantel gesehen hatte.
»Wissen Sie, ob er in der Bar ,Stardust’ verkehrte, Mrs. Lamb?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Hatte er Besuch?«
»Nie.«
»Darf ich mir sein Zimmer ansehen?« Als sie mich fragend ansah, zog ich den FBI-Ausweis.
»Ist was geschehen?« fragte sie.
Ich nickte.
Mr. Lawford, falls das überhaupt sein richtiger Name war, wurde für mich immer undurchsichtiger. Nur ein Stück Seife deutete darauf hin, daß er einmal in diesem Zimmer gehaust hatte.
»Er muß alles beim letzten Weggehen mitgenommen haben«, meinte Mrs. Lamb.
Mit dieser mageren Beute verließ ich das Haus. Von einer Telefonbox neben dem »Lucky Strike Club« auf der Fremont Street rief ich das FBI-Hauptquartier an.
Ich nannte meinen Namen.
»Oh, Mr. Cotton«, erwiderte der Mann. »Ihr Name ist mir bekannt. Kollege Hunter sprach von Ihnen. Was kann ich für Sie tun?«
Ich berichtete ihm alles, was ich in der letzten Stunde ermittelt hatte. Dann bat ich ihn, das Haus, in dem sich Lawford eingemietet hatte, beschatten zu lassen.
»Geht in Ordnung, Mr. Cotton.«
»Forschen Sie ferner bitte in Ihren Archiven njach, ob ein Mann namens Lawford registriert ist. Schalten Sie auch das Zentralarchiv in Washington ein.«
»Hoffentlich ist Lawford sein richtiger Name.«
»Ich habe das Zahnputzglas aus Lawfords Zimmer in Papier eingewickelt und mitgenommen, nachdem mir Mrs. Lamb das erlaubt hatte. Vielleicht finden wir etwas daran.«
»Wo gehen Sie jetzt hin, Cotton?« tönte es über den Draht.
»In die ,Stardust‘-Bar. Dort hat dieser Lawford anscheinend verkehrt.«
»Gut, ich werde einen Mann hinschicken, der das Glas bei Ihnen abholt.«
»Hoffentlich findet er mich!«
»Wir sind doch schließlich beim FBI«, lachte er.
***
An dem Haus blitzte rotes Licht auf. Es formte Buchstaben, aus denen das Wort »Stardust« entstand. Neben dem Eingang befand sich ein beleuchteter Glaskasten mit Fotos der Artistinnen und Tänzerinnen, die in der Show der »Stardust-Bar« auftraten.
Ich stieg die beiden Stufen hoch und betrat die Bar. In dem halbdunklen Raum war es noch heißer als auf der Straße. Alkoholdunst mengte sich mit Rauch, der in blauen Schwaden durch den langen, rechteckigen Raum zog. An den runden Marmortischen saßen fast nur Männer, meist in weißen Hemden mit aufgekrempelten Ärmeln. Hinter der langen, verchromten Theke zog sich ein langer Spiegel hin, in dem die Rücken der Bardamen zu sehen waren.
Ich setzte mich auf einen Hocker. Eine Rothaarige schob mir auf mein Verlangen einen Scotch zu. Der Eiswürfel klirrte gegen das Glas, als ich trank. Die Band spielte leise Musik. Ich drehte der Bühne den Rücken zu. Ab und zu erlosch das Licht; daraus schloß ich, daß die angekündigten Künstlerinnen auftraten.
Ich wollte mich gerade umdrehen, als ich die Stimme hörte. Da war er!
Zu erkennen war niemand.
Das Licht war in diesem Moment wieder einmal erloschen.
Am anderen Ende der langen Theke hatte ein Mann einen doppelten Whisky verlangt. »Mit viel Soda«, fügte er jetzt hinzu. »Beeilen Sie sich, damit ich nicht verdurste.«
Ein Irrtum war ausgeschlossen. Die Stimme gehörte dem Mann, den ich auf dem Tonband in dem Bungalow der Corbetts und in der Wüste hatte sprechen hören. Der Mann mit der Nylonmaske, der sich Lawford nannte und dem der Hut gehörte, den ich in der Tüte unter meinen Hocker gestellt hatte.
Leise Musik leitete die nächste Nummer auf der Bühne ein. Das Licht ging an.
Ich peilte durch das Halbduhkel.
Da bekam ich die letzte Sicherheit.
Ich sah Lawford. Er trug Sonnenbrille, Hut und Mantel. In dieser Hitze.
Lawford, dachte ich, jetzt wirst du die offenstehenden Rechnungen bezahlen!
***
»Ich möchte Mr. Cotton sprechen«, kam die leise Stimme von Dr. Stan Martin aus der Telefonmuschel.
»Jerry ist nicht da, Doc«, antwortete
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